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Kultur: Sinnenverwirrende Eskapaden

Musikfestspiele: Blockflötenklänge von Maurice Steger

Musikfestspiele: Blockflötenklänge von Maurice Steger Wenn Veranstalter ihre Künstler in den höchsten Tönen loben, ist das zwar verständlich, sollte aber misstrauisch machen. Im Falle des schweizerischen Blockflötisten Maurice Steger wirken die biografischen Lobeshymnen, abgedruckt im Programmheft zu seinem Musikfestspielauftritt, eher untertrieben. In den Neuen Kammern bleibt kein Platz leer, als der 33-jährige Instrumentalist zusammen mit Cembalopartner Sergio Ciomei der virtuosen Musik aus dem italienischen Barock seine Reverenz erweist. Und zwar mit hinreißender Natürlichkeit und schier sinnenverwirrender Gestaltungsintensität. Mit staunenden Augen nimmt Maurice Steger die Ausstrahlung des Raumes wahr, lässt das friderizianische Interieur auf sich wirken. Mit diesen Impressionen versehen, erhalten die Sonaten von Dario Castello bis Antonio Vivaldi eine ganz besondere Aura. Herrlich beschwingt, technisch traumhaft sicher, mit schier endlosem Atem und unbändigem Ausdruckswillen macht er aus jedem Stück ein faszinierendes Klanghighlight und der italienischen Blockflötenbezeichnung „Flauto dolce“ alle Ehre. Wahrlich zart, sanft, weich und lieblich tönen die verschiedenen Instrumente (Alt- und Tenorblockflöte), die er der staunenden Menge vorführt. Auf der Sopranvariante dagegen lässt er durchdringende Klänge entstehen, die einen fast erschauern lassen. Es scheint, als verwandele er sich zunehmend in einen verspielten, kecken und herumtollenden jungen Faun, der sich in der Musik verzehrt. Pures Vergnügen ist''s, seinen spritzigen bis ausdrucksekstatischen Blaseskapaden etwa in der Sonata II von Giovanni Battista Fontana (gest. um 1631) zu lauschen. Meisterlich bläst er in Adagii lange Legatolinien ohne Schwanken, betört er mit Vivace-Biss. Dabei sind er und Cembalist Sergio Ciomei ein hervorragend aufeinander eingespieltes Paar, dem die unbändige Freude am Musizieren anzusehen und anzuhören ist. Lustvoll werfen sie sich beispielsweise in Giuseppe Sammartinis G-Dur-Sonata IV gegenseitig die Notenbälle zu, setzen Pointen, leben hemmungslos die Affekte aus. Bei aller Virtuosität ist das Spiel der beiden von Spiritualität, rhythmischer Präzision und Seele durchdrungen. Der Cembalist erweist sich dabei als hingebungsvoller Partner, der eine rezitativähnliche Begleitung genauso vorzüglich beherrscht wie rauschende Arpeggien und schimmernde Klangkaskaden. Überraschend, wie er im Sammartini-Stück sprudelnde Akkordfolgen in der Art von Jazz-Riffs artikuliert. Mit drei Sonaten für Cembalo solo von Domenico Scarlatti stellt auch er sein überragendes Können groß aus. Bei der ersten Zugabe wechseln die Künstler die Plätze und die Instrumente. Mühsam wurschtelt sich der nunmehrige Flötist Sergio Ciomei durchs Notendickicht, sucht das Ende der Trillerkette zu fassen. Vergeblich. Erst Cembalist Steger macht der kabarettreifen Nummer ein (fast zu frühes) Ende. Peter Buske

Peter Busk

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