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Maren Strack in ihrer Performance „The Breathshow“.

© Uwe Arens

Uraufführung von „The Breathshow“: Maren Strack übt das Atmen

Die Brandenburger Künstlerin untersucht in ihrem neuen Stück in der Fabrik Potsdam, wie Körper und Luft zusammenspielen. Nüchtern, skurril und packend bis zum letzten Atemzug.

Ganz am Ende dieses kurzen, erstaunlichen Abends in der fabrik Potsdam erst erschließt sich sein Titel. „The Breathshow“ hat die Performerin Maren Strack ihn genannt: Atem-Show. Nach Gebläse-Akrobatik und Videokunst kommen kurz vor Schluss zwei Wasserbehälter zum Einsatz. Zwei große Plastikflaschen, an den beiden Enden eines knorrigen Astes befestigt. Strack balanciert diesen Ast, wie schon Menschen vor Hunderten Jahren, über den Schultern. Über einen Schlauch bläst sie dabei Luft in das Wasser. Das gluckert, raunt und rasselt. Sterbende atmen so. Dann knipst Strack das Licht aus.

Die Atem-Show, um die es hier geht, heißt Leben. Dass damit irgendwann Schluss ist, ist bei Maren Strack kein Grund zum Verzagen. Die Performances der Künstlerin, die seit einigen Jahren in Birkenwerder zu Hause ist, leben von Humor, Nüchternheit - und der großen Lust an der Tüftelei. Latex, Schlamm, Gummireifen oder zuletzt Küchenutensilien aus Metall: Strack legt in jeder ihrer Arbeiten ein Material auf den künstlerischen Seziertisch, und sich selbst gleich mit. Was kann dieses Material, wie klingt es? Stracks Kunst ist immer auch ein Versuchslabor, vom Visuellen her gedacht.

Fremdes Tier oder Roboter?

Der Gegenstand diesmal also: der Atem. Strack, die außer Performerin und Tüftlerin auch Bildende Künstlerin ist, hat diesmal dafür ein bestechendes Material gefunden: das Bandoneon. Ein Musikinstrument, das aussieht wie ein kleines Akkordeon. Um zu klingen, braucht es: Luft. Und Bewegung. Hier kommt der Körper von Maren Strack ins Spiel.

Über Klettverschlüsse lassen sich die Instrumente an Füßen, Beinen oder Rücken anbringen. Je nach Heftigkeit der Bewegung entstehen dabei Töne. Grummeln, jammern, ächzen. Jahrtausende alte Berge könnten so raunen. Auch visuell führt „The Breathshow“ weit weg vom Hier und Jetzt: Maren Strack kann man gewissermaßen beim Verschwinden zusehen. Je mehr Bandoneons ins Spiel kommen, desto weniger ist sie als Mensch erkennbar, desto mehr übernimmt das Material. Die Balge am Körper lassen sie wie ein fremdes Tier aussehen. Oder ein Roboterwesen?

Frühere Performances von Strack spielten mit Krach und Überreizung, konnten vorhersehbar in ihrer Versuchsanordnung wirken. Das ist hier anders. „The Breathshow“ ist zart und wuchtig zugleich: Es geht um die Musik, die in den Dingen wohnt, um die Fragilität der Hülle, die alles Lebende zusammenhält. Den Atem, der es trägt. Nüchtern, skurril und packend, bis zum letzten Atemzug.

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