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Kultur: Viele illustre Gäste

Märchenhafte Bilanz im Potsdamer Filmmuseum

Glauben Sie an Märchen? Die Mitarbeiter des Filmmuseums schon: Eine Ausstellung für Kinder hat jedenfalls die Bilanz dieser Einrichtung aus gefährlichen roten Zonen zu Jahresanfang in beinahe goldene Gefilde zum Jahresende hinübergerettet. Um sagenhafte 33 Prozent im Vergleich zum Vorjahrstieg, und damit auf rund 80 000 Besucher, stieg die Zahl der Museumsgäste.

„Ich war heute zum 2. Mal hir. Ich finde das Ferkleiden schön. Die Filme fand ich gut“ , schrieb Samantha in kindlicher Krakelschrift ins Gästebuch der Ausstellung „Märchenland Babelsberg“, die zum Internationalen Kindertag im Sommer eröffnet wurde und wegen der ungebrochen begeisterten Resonanz von großen und kleinen Besuchern nun sogar bis zur Jahreswende 2007 verlängert wird.

Die schönsten Verfilmungen der Märchen von Jakob und Wilhelm Grimm, Wilhelm Hauff und Hans-Christian Andersen begeistern auch Besucher, die nicht deutsch sprechen, denn in der Ausstellung erleben sie die Märchendramaturgie geradezu körperlich: Sie wandern vom Zuhause der Märchenfiguren in Hütten und Palästen, durch den dunklen Märchenwald mit seinen abenteuerlichen Plätzen und Verstecken und erreichen schließlich den golden schimmernden Thronsaal, in dem das „Singende, klingende Bäumchen“ das gute Ende einläutet.

Spiele, Wissensmodule und Überraschungen an allen Stationen führen dazu, dass manche Kinder am liebsten gar nicht wieder gehen möchten und es zuweilen sogar Tränen gibt, sobald abends angekündigt wird, dass die Ausstellung bald schließt. Deshalb verloste das Kinderprogramm des rbb-Fernsehens im Herbst eine Übernachtung in der Märchenland-Ausstellung und einige glückliche, unausgeschlafene Kinder verließen das Museum erst am Morgen nach einem guten Frühstück wieder.

Rechtzeitig zur Weihnachtszeit erschien ein Weihnachtskalender, der den Marstall, in dem das älteste Filmmuseum Deutschlands seit 1981 residiert, als märchenhaften Ort zeigt. Die Vorzüge seiner Lage in Potsdams historischer Mitte werden sich in den nächsten Jahren erst wieder entfalten, denn bis 2010 soll das Potsdamer Stadtschloss als Landtagsgebäude wieder errichtet werden. Die architektonische Komposition, die Sanssouci-Baumeister Knobelsdorff in der Mitte des 18. Jahrhunderts schuf, wird zu erleben sein, sobald das schöne Potsdam – wie geplant - nach und nach sein historisches Zentrum wiederbekommt.

Entgegen dem bundesweiten Trend konnte auch das Museumskino, in dem täglich mehrere Vorstellungen laufen, zehn Prozent mehr Filmliebhaber für sich verbuchen. Viele illustrere Gäste, so die Regisseure Andreas Dresen, Volker Schlöndorff und Wim Wenders, stellten ihre neuesten Filme im Kino vor.

Dass auch ein Filmtheater, das sich der siebenten Kunst und ihrer Geschichte verschrieben hat, gelegentlich mit dem für die Betreiber eher angenehmen Problem der Überfüllung zu kämpfen hat, zeigte sich u.a., als Lord Ralf Dahrendorf im Herbst einen Vortrag im Rahmen der Filmreihe „Ernstfall Demokratie“ hielt, denn viele Interessenten mussten trotz großzügig zugestandener Stehplätze abgewiesen werden.

Der Dokumentarfilm des Jahres war ohne Zweifel auch im Filmmuseum in Potsdam „Rhythm is it“. Nachdem der Regisseur ihn im Umfeld der Berlinale auch in Potsdam vorgestellt hatte, wurde der Film immer wieder von Lehrern und Jugendgruppen bestellt. Der Protagonist dieses Films, der international tätige Choreograph Roystone Maldoom, der auch mit Potsdamer Schülern von der Rosa-Luxemburg-Schule ein Tanzprojekt entwickelte, kam im November zu einem Publikumsgespräch ins Museumskino und erwies sich selbst als begeisterter Filmliebhaber.

Im nächsten Jahr gibt es ein Jubiläum: Das Museum wird 25 Jahre alt. Die Geschäftsführer des Babelsberger Studios werden bei dem Fest dabei sein, denn die Dauerausstellung und die Sammlungen dokumentieren die Geschichte des langlebigsten Europäischen Studios. Auch 2005 bereichern neue Sammlungsstücke zur Ufa und DEFA-Geschichte die reichen Bestände, u.a. eine Schenkung von der Schauspielerin Gisela Uhlen, die in beiden Babelsberger Filmfirmen und in der Bundesrepublik Karriere machte.

Gleich zu Jahresanfang, am 27. Januar, feiert der Nestor der DEFA, Kurt Maetzig, der zu den Gründern und wichtigsten Regisseuren der ostdeutschen Filmfirma gehörte, im Filmmuseum seinen 95. Geburtstag. Dem Schauspieler Jürgen Vogel wird die erste Filmreihe 2006 gewidmet sein und der Mime kommt auch selbst in die Filmstadt, um seine neuesten Arbeiten vorzustellen.

Fazit der Jahresbilanz: Rückblick und Aussichten heiter, bis leicht bewölkt, denn das Land Brandenburg, zu dem das Filmmuseum gehört, übt sich im Schuldenabbau – und der schließt Härten gegen das Schöne und Gute nicht aus. PNN

www.filmmuseum-potsdam.de

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