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Kultur: Von Kunsthistorikern überlesen

Civitas-Vortrag: Neue Erkenntnisse über Bernsteinzimmer

Civitas-Vortrag: Neue Erkenntnisse über Bernsteinzimmer Die eigentliche Karriere des Bernsteinzimmers begann mit seinem Verschwinden, 1944, als im August beim sowjetischen Sturm auf Königsberg das Stadtschloss in Flammen aufging. Ob auch das dort untergebrachte Bernsteinzimmer Opfer des Feuers wurde, ist bis heute umstritten. „Wahrscheinlich ist es verbrannt und die Sowjetunion konnte nicht zugeben, dass der Kunstschatz durch ihre Armee zerstört wurde“, meint Burkhardt Göres, Schlösserdirektor der Stiftung Preußischer Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg in seinem Vortrag „Das Bernsteinzimmer in Zarskoje Selo“ im Palais am Stadthaus. Man habe verkohlte Mosaike aus dem Bernsteinzimmer gefunden. In der Veranstaltung im Rahmen der Civitas-Reihe der Fachhochschule Potsdam geht es ihm allerdings nicht um die jüngste Geschichte des „Achten Weltwunders“, auf das Generationen von Schatzsuchern scharf waren. Der Schlösserdirektor schwenkt den Blick auf die Entstehungsgeschichte der kostbaren Wände. Wie bei den letzten Civitas-Vorträgen sitzt das Publikum dicht an dicht. Es bekommt an diesem Abend einen kunsthistorischen, mit Bildern und Skizzen ergänzten Bericht zu hören, der Bekanntes mit Neuem vermischt, das Göres bei seinen Archivrecherchen herausgefunden hat. Viele Informationen seien traditionell falsch weitergegeben worden, andere habe man überlesen, schlichtweg nicht wahrgenommen. Nur ein Experte allerdings konnte in seiner Rede die neuen Erkenntnisse herausfiltern. Nur an wenigen Stellen verglich der Schlösserdirektor altüberliefertes und heutiges Wissen. Auf der Leinwand im Hintergrund erscheinen Gemälde der Initiatoren des Projektes: Königin Sophie Charlotte in rotem Samt gehüllt, Friedrich II. vor dem Berliner Schloss. Den Anlass, warum das Bernsteinzimmer in Auftrag gegeben wurden, hat Göres nicht aufdecken können. Er streift die Zeitgeschichte: Bernstein war das Gold des Brandenburgisch-Preußischen Staates, Staatsgeschenke wurden aus dem wertvollen Stein hergestellt, Spiegel, Schachspiele, Pokale. Das Bernsteinzimmer hingegen war zunächst nicht als Geschenk geplant, es sollte als Galerie das Schloss Charlottenburg schmücken. Doch das dafür vorgesehene Zimmer blieb ewige Baustelle, was den König dazu veranlasste, den schmuckvollen Raum in einen neuen Gebäudearm des Schlosses zu verlegen. Göres fand heraus, dass nicht, wie bisher angenommen, Andreas Schlüter, sondern sein Konkurrent Johann Friedrich Eosander das Projekt leitete, dass die Bernsteinwände nicht im Zeughaus, sondern in der Rüstkammer im Marstall geschaffen wurden. Zur Täfelung des Tabakskollegiums Friedrich Wilhelm I. überführte man sie schließlich 1713 in das Schloss. Schon drei Jahre später wurden sie demontiert – und als Präsent an den Zar Peter vergeben. Göres spannt einen Bogen von der Wanderung des Zimmers durch die Paläste von St. Petersburg bis zu seiner Entführung durch die Deutsche Wehrmacht nach Königsberg. Und lässt auch das nach historischen Bildern rekonstruierte Bernsteinzimmer, das im Mai zum 300-jährigen Stadtjubiläum St. Petersburgs im Katharinenpalast eröffnet wurde, nicht aus. Das Publikum sieht schimmernde Wände auf der Leinwand, Mosaike, kunstvolle Ornamente. „Nicht nur um 1700, auch heute ist das Bernsteinzimmer eine Einmaligkeit“, sagt der Fachmann. M. Hartig

M. Hartig

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