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Kultur: Von Osten und von links

Der Potsdamer Autor Matthias Krauß versucht sich, in einem Buch Angela Merkel anzunähern

Der Potsdamer Autor Matthias Krauß versucht sich, in einem Buch Angela Merkel anzunähern Einer der zweifelhaftesten Reflexe in der Buchbranche ist, bei Prominenten, die entweder vor kurzem verstorben sind (Papst), oder kurz vor einem Amt stehen (aktueller Papst) möglichst rasch Biografien zu veröffentlichen. Um dem Leser Angela Merkel zu erklären, verzeichnen die Kataloge allein in diesem Jahr ein halbes Dutzend Titel. Das jetzt in der mit muffigen Jeanshosen an der Decke verkleideten Studentenkneipe vorgestellte Buch „Angela Merkel. Das Mädchen für alles“ des im Potsdamer Landtag freiberuflich tätigen Journalisten Matthias Krauß noch nicht einmal mitgerechnet, sein Anderbeck Verlag arbeitet bis jetzt noch etwas neben den Bestsellern der Großen dahin. Aber vielleicht ändert sich das ja mit Veranstaltungen wie dieser, für die der Landtagspräsident Gunter Fritsch gewonnen werden konnte und „die beste Landschleicher-Reporterin des rbb“ (O-Ton Krauß), Beate Tyron, die die dürren Fragen der Moderation stellte. Das öffentliche Interesse an Autor und Buch war beachtlich. Neben Anita Tack und Hans-Jürgen Scharfenberg, PDS. Linkspartei, zeigte der Generalstaatsanwalt des Landes, Erardo Rautenberg sein Interesse, zudem der ewige Oberbürgermeisterkandidat „Lupo“ Rohne und Norbert Leisegang von Keimzeit. Autor Krauß nennt sein Werk einen „Annäherungsversuch“ an seinen Gegenstand, die Kanzlerkandidatin. Er nähert sich aus dem Osten und von scharf links, was den in die Rolle des Laudatoren gedrängten Landtagspräsidenten, von Hause aus ein „Roter“, wie er sich selbst nannte, aber eben kein „Tiefroter“, etwas in Bedrängnis brachte. Er wusste sich jedoch in seinen politisch überaus vorsichtigen, der Würde und Neutralität seines Amtes angemessenen Worten, geschickt in eine Aufzählung von Merkels politischen Meriten zu flüchten, was staatsmännisch klang und zugleich in Zeiten des Wahlkampfs reichlich amüsant war. Die SPD sieht sich gezwungen, die Kanzlerin in Schutz zu nehmen und auf die „großen Themen“ zu verweisen, die Merkel während ihrer Zeit als Ministerin von Helmut Kohl belegt hatte. Fritsch hatte Krauß noch von seinem ersten Buch „Der Wunderstaat“ in Erinnerung, in dem er dem Grau der DDR noch Positives abgewonnen hatte, denn Grau sei eine Abwandlung von Weiß, der Summe aller Farben. Dem neuen bescheinigte Fritsch ein „ungeheure Menge an Assoziationen“ und einen „Fundus von Erinnerungen“. „Außerordentlich unterhaltsam zu lesen“ sei das Buch. Die wenigen Textpassagen aus Krauß“ Betrachtung, die verlesen wurden, lassen bereits erahnen, dass es hier mehr um die seelische und biographische Situation des bekennenden Ostmenschen Krauß geht, als um eine fundierte Auseinandersetzung mit der Politikerin Angela Merkel. Für die hätte man auf die schartigen Märchenvergleiche („hässliches Entlein“, „Rotkäppchen“, „stolzer Schwan“) oder die unendlich geschwätzigen Abschweifungen, die sich in dem Buch finden, besser verzichtet und anstatt „Spiegel“- und „Stern“-Kollegen zu wiederholen, vielleicht doch das direkte Gespräch mit Frau Merkel gesucht. Das, so bekennt der Autor freimütig auf die Nachfrage aus dem Publikum, hätte er sich gespart. Man bekäme doch nur 15 Minuten mit vorher abgesegneten Fragen im Beisein von „Aufpassern“ zugestanden. Wenn Krauß Merkels „Ziehväter“ Wolfgang Schnur, Lothar de Maiziere und Helmut Kohl aufzählt und aus ihrem politischen Ende mit penetrantem Augenzwinkern vermutet, Angela Merkel wäre nun auch noch eine Gefahr für George Bush, oder wenn er aus der Kombination „Pfarrerstochter mit staatsmarxistischer Ausbildung“ mit Verweis auf den Jesuitenschüler Fidel Castro auf eine „regelrechte Bombe in der Persönlichkeit“ schließt, dann wird deutlich, wie groß hier die Unfähigkeit und Unwilligkeit ist, Politik als einen offenen Diskurs von Meinungen und Kompetenzen anzusehen. Was Krauß nicht wahrhaben will, ist, dass dabei ein Verharren in der linken östlichen Ecke niemandem weiterhilft, außer ihm und seinen Verlustängsten als „armer Poet am Havelstrand“ . Angela Merkel hat, im Gegensatz zu ihm, diesen Zusammenhang jedenfalls verstanden.

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