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Kultur: Wa(h)re Träume

Das Jugendtheater „Havarie light“ stellte im T-Werk sein neues Stück vor

Das Jugendtheater „Havarie light“ stellte im T-Werk sein neues Stück vor Sie hat das Herz auf dem rechten Fleck, obwohl sie nicht so aussieht wie die anderen. Schließlich ist Barbie (Susie Laser) eine mit Löchern in den Strümpfen, eine Arbeits- und Obdachlose, eine, die ihr Bündel wie ihren Mann (täppisch und willenlos: Arne Zielonka) immer mit sich herumschleppt. Aber eine, die sich nicht die Butter vom Brot nehmen lässt, das merkt man gleich. Zufällig ist das heruntergekommene, aber sympathische Paar zu einem Filmfestival geraten, und da bricht es aus dieser jungen, wahrscheinlich unfreiwillig in diese Situation geratenen Frau heraus: Auch sie möchte von der Welt als Star erkannt werden, auch sie will über den roten Teppich schreiten, auch in ihr schlummern wunderbare Talente, die nur entdeckt werden müssen, da ist sie hundert pro sicher. Schließlich sei sie, und dabei lässt sie gehörig Brust raus, auf die sie sich selber klopft, die „weibliche Antwort auf Leonardo di Caprio“. Laut ist sie, sie tönt so sehr ihre Sicherheit in den Raum und an das verständnislose Gesicht des etwas tumben Willie, das man erkennt. Dabei überdeckt sie nur ihre eigene Unsicherheit, sie pfeift im Walde und hat Angst wie wir alle. Aber im Unterschied zu uns allen ist sie eben das: beherzt, draufgängerisch. Koste es, was es wolle, will Barbie zu ihrem Glück gelangen. Da steht ihr Willie, der kein Bein auf den Boden kriegt und immer hinter ihr herläuft wie ein Bummerhündchen, natürlich im Weg. Abgesehen von ihrer Beherztheit ist sie nämlich auch von einer großen Portion Unzufriedenheit beherrscht.Barbie alias Susie Laser dominiert das Stück „über den Traum vom großen Durchbruch“ total, das im T-Werk Premiere hatte, und wird nur ab und zu von einer anderen jungen Schauspielerin verdrängt. Denn es gibt tatsächlich noch weitere, die auch groß rauskommen wollen. Z.B. die Schauspielschülerin, die laute, spitze Schreie ausstößt, um von der Casterin entdeckt zu werden. Oder die witzlose Eli, die ausgerechnet zur Comedy-Schule möchte. Und schließlich Marie („Mary“ alias Jenny Borak), die unbedingt Model werden will. In schnellem Rhythmus tauchen sie auf, die jungen Frauen, die ihrem individuellen Traum vom großen Durchbruch nachhängen. Der kann auch schon mal bescheidener sein: die Zeitungsverkäuferin (Nathalie Schultes) will ihr Marketing-Konzept durchsetzen, um „Mitarbeiterin des Monats“ zu werden, und die Verkäuferin möchte sich endlich ihrer Cellulitis entledigen. Allen verspricht Barbie zu helfen, für jeden habe sie das Geheimrezept, den Fetisch, der den erwünschten Triumph bringen soll. Immer natürlich hat sie den Hintergedanken, vom eventuellen Erfolg zu profitieren, und auf dem Weg dahin wühlt sie in Müllsäcken, um einen Hauch des großen Glücks zu erhaschen und lässt sich ihre Mutmacherei bezahlen. Willie stört in seiner Ehrlichkeit und biederen Aufrichtigkeit, und folgerichtig trennt sich das Paar. Allerdings nur, um sich auf seiner jeweiligen Parkbank nach dem Anderen zu sehnen. Und das ist dann auch die etwas hilflose Moral von der Geschicht: Am Ende kommt es nicht auf die Träume und deren Hindernisse an, nicht darauf, was man erreichen möchte im Leben, nicht auf einen ehrgeizigen Plan: Sondern, und man kann es Barbie und Willie natürlich auch nicht verdenken: einzig auf die Liebe. So endet happy, was problematisieren wollte, so überzieht mit Zuckerguss, was an Problemeruption vorher wohltuend aus harmloser (Jugend-) Theaterlandschaft aus der Erde lugte. Dennoch ein gelungenes Stück mit viel jugendlichem Elan und Spaß. Lore Bardens

Lore Bardens

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