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Potsdam-Mittelmark: 2005: Neue Wege, neue Ziele

Jahresrückblick für Werder · Havelland: Erfolge, Pleiten und Storys, die in Erinnerung bleiben

Während man sich an der brandenburgischen Peripherie schon mal die Karten legt, scheint in Werder · Havelland noch alles im Lot. Oder ist es Torschlusspanik, bevor der Sack zugeschnürt wird? Jedenfalls wird reihenweise neue Spaß- und Freizeit-Infrastruktur eingeweiht. Und es gibt neue Wege dorthin. Petzow wird mit dem Ferienresort zum Urlaubsort, Michendorf mit der Ortsumgehung verkehrsbe(un)ruhigt. In Caputh wird das Einsteinhaus gerettet, in Wildenbruch wird jetzt geheiratet. Neue Radwege und Bootsanleger bereiten dem Tourismus den Weg, auf den die Region so sehr setzt. Nur die Laga, die geht fremd

Schukes größter Auftrag

6. Januar: Mit dem symbolischen ersten Pfeifenguss beginnt in den Havelauen Werder der Bau der neuen Magdeburger Domorgel. Es ist der bislang größte Auftrag der Firma Alexander Schuke Potsdam GmbH. 2008 ist die Orgelweihe geplant. Das Instrument wird 93 Register und rund 5000 Pfeifen haben. Erst ein Jahr zuvor war die traditionsreiche Potsdamer Firma nach Werder gezogen und hatte eine neuen Firmensitz errichtet, in Potsdam reichte der Platz nicht mehr.

Keine Laga in Werder

18. Januar: Oranienburg bekommt den Zuschlag für die Landesgartenschau 2009. Der Mitbewerber Werder (Havel) ist verärgert, wie die Entscheidung im Kabinett begründet wird: Die Laga würde „keinen wesentlichen Struktureffekt“ für Werder bringen. Bürgermeister Werner Große findet es aberwitzig, dass die Entwicklung der Bismarckhöhe bis zum Plantagenplatz keinen Schub für Werders Innenstadt bedeuten soll. Die Stadtverordneten entscheiden, den Bereich nun als Sanierungsgebiet vorwärts zu bringen.

Grimme-Preis geht nach Caputh

12. März: Der renommierteste deutsche Fernsehpreis geht zweimal nach Caputh: Der Caputher Thomas Freundner bekommt den Preis für Drehbuch und Regie des Tatort-Krimis „Herzversagen“. Mit ihm werden Jörg Schüttauf, ebenfalls aus Caputh, und Andrea Sawatzki für den Fernsehfilm geehrt. Sie lösen als Kommissare Charlotte Sänger und Fritz Dellwo die Kriminalfälle für den Hessischen Rundfunk. „Herzversagen“ hatte bei der Ausstrahlung Rekordeinschaltquoten.

Kürbislaune

B1 in Geltow wird rauer

23. März: Im Verkehrsausschuss Schwielowsee wird über ein Gutachten informiert: Der Asphaltbelag der B1 in Geltow ist zu glatt. Endlich gibt es eine Erklärung für das Unfallgeschehen an der 90-Grad-Kurve am Ortsausgang. 1998 wurde die Straße saniert, Kiesel zur Aufhellung wurden durch den Verkehr abpoliert. Im Spätsommer wird die B1 zur Dauerbaustelle mit vielen Staus: der Fahrbahnbelag wird erneuert, auch gleich die Betonpiste vor der Baumgartenbrücke.

Neue Bootsanleger

12. April: Parken für Boote wird in Werder einfacher: Am Hartplatz wird ein Bootsrastplatz eingeweiht, am Bahnhof ein neuer Dampferanleger. Der wird gleich von der Stern-und-Kreisschifffahrt Berlin auf der Route Wannsee – Werder genutzt. Im Oktober kündigt der Glindower Touristikunternehmer Wolfgang Hotzel an, die beiden Anleger ab der Saison 2006 für einen Bootsshuttle Werder – Petzow nutzen zu wollen.

Petzow wird Urlaubsort

15. April: Mit dem Resort Schwielowsee in Petzow geht der größte Neubau einer Hotel- und Ferienanlage in der Region in Betrieb. Am Wasser gibt es ein Vier-Sterne-Plus-Hotel und 20 luxuriöse Ferienhäuser. „Mit diesem Projekt setzen wir Maßstäbe für die touristische Entwicklung“, sagt Brandenburgs Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns. Der illegale Bau von Pfahlhäusern hatte kurz vor der Eröffnung für Schlagzeilen gesorgt. Sie werden aus der Uferschutzzone verschoben.

Calais, Ferch, Petersburg

22. April: Mittelmarks Teilstück des Radwanderwegs R1 Calais – St. Petersburg wird in Ferch mit einer Probefahrt von Ministerpräsident Platzeck eingeweiht. Der Radweg gilt als Schlagader, mit der sich das Radwegenetz im Landkreis verknüpfen lässt. Von Wittenberg kommend führt er über Raben, Belzig, Brück nach Heilstätten, Ferch, Petzow nach Potsdam. Im Dezember folgt mit dem Radweg Michendorf – Caputh der Lückenschluss zwischen Naturpark Nuthe-Nieplitz und Potsdamer Havel.

Einsteinhaus gerettet

22. Mai: Nach einem Jahr ist die Sanierung des Einsteinhauses in Caputh abgeschlossen. Bund und Cornelsen-Kulturstiftung lassen sich die Wiederherstellung des hinfälligen Sommerhauses eine halbe Millionen Euro kosten. Das Einsteinforum Potsdam nutzt das Gebäude als Tagungsstätte. Zu den ersten Besuchern gehören am 25. Juni knapp 30 Nobelpreisträger samt Ehepartnern, die im Einsteinjahr die private Seite des genialen Physikers kennen lernen wollen. Es gibt auch wieder öffentliche Führungen.

„ pfeif auf die Welt“

29. Mai: Kirchenmusikerin Ilse von Zadow ist die erste, die zum Festgottesdienst auf der restaurierten Caputher Kirchenorgel spielen darf. Mit ihrem Ehemann, Reimar von Zadow, und dem Kirchenältesten Burkhart Franck gehörte sie zum Kern eines Orgel-Initiativkreises, der sich zur Orgel-Restaurierung gebildet hatte. Ein Drittel der benötigten 180 000 Euro kam durch Kleinspender zusammen. Schirmherr Manfred Stolpe zitiert ironisch Albert Einstein: „Komm nach Caputh, pfeif auf die Welt.“ Beim 1. Caputher Orgelsommer wird es wahr gemacht.

Einzug in den „Apfelbaum“

4./5. Juni: Mit Stückener Blasmusik und Freibier wird die Eröffnung des Michendorfer Gemeindezentrums „Zum Apfelbaum“ gefeiert. Der Weg dahin war lang. Schon 1996 wurde der erste Bauantrag für die Rekonstruktion des kommunalen Hauses an der Potsdamer Straße gestellt. Zum Abschluss baute die Gemeinde den Saal mit 238 Sitzplätzen und moderner Bühnentechnik aus. Das Schmuckstück, dass auch anderen Ortsteilen offen steht, kostete 1,57 Millionen Euro.

Modernster Bogenschießplatz

1. Juli: Die neue Bogenschießanlage des Glindower Schützenvereins wird eingeweiht. Auf dem 50 Meter breiten und 100 Meter langen Platz kann jetzt nach internationalen Standards geschossen werden. Das Projekt wurde mit dem Goldenen Plan Ost gefördert. Mit dem neuen Platz ist Glindow der modernste Bogensport-Standort in Brandenburg. Für die Gestaltung seiner Anlagen auf einer ehemaligen wilden Müllkippe erhält der Schützenverein im November den Umweltpreis des Landessportbundes.

Große Koalition geschmiedet

16. Juni: Während Merkel und Schröder im Bundestag den Wahlkampf einläuten, wird im Landkreis bereits die Große Koalition von CDU und SPD besiegelt. Ergänzt wird der Zusammenschluss durch die FDP sowie die Fraktion der Freien Bauern und Bürger (FBB). CDU, FDP und FBB hatten bisher bereits in einer losen Zählgemeinschaft kooperiert. Vom vierten Partner, den Bündnisgrünen, hat man sich nun getrennt. Dafür kam die SPD mit in das Boot – zur Freude von Landrat Koch (SPD), der seit den Kreistagswahlen ohne Mehrheit im Rücken agieren musste.

Marcelinho zaubert in Werder

2. Juli: Werder ist im Fußballfieber. Hertha BSC kommt mit Marcelinho und zahlreichen bekannten Fußballprofis auf den mit 2500 Zuschauern ausverkauften Arno-Franz-Sportplatz. Bei soviel Begeisterung wird das Ergebnis im Freundschaftsspiel gegen den unterklassigen Werderaner FC zur Nebensache. Die Blütenstädter verlieren mit 0:9, ihr Torhüter Christopher Behnke verhindert mit tollen Paraden ein zweistelliges Ergebnis. Alle sind sich einig: Das Spiel gilt fortan als Höhepunkt in der Vereinsgeschichte des Werderaner Fußballclubs Viktoria.

Ferienlaune

Turmbau in 96 Stunden

19. Juli: Dem Freundeskreis Bismarckhöhe gelingt ein großer Coup: Mit den Akteuren des „zibb“-Teams vom rbb-Fernsehen schaffen sie in 96 Stunden, was Arbeit und Kapazität von zwei Jahren entspricht. Nach langem Dornröschenschlaf gibt der Aussichtsturm der Bismarckhöhe seinen malerischen Blick über Werder wieder frei. Die störende provisorische Holzkonstruktion ist abgebaut, Zinnen sind wiederhergestellt, Fußböden verlegt, Wände vom Schwamm und Fenster von Farbschichten befreit

Kripo-Chefin mit 34 Jahren

11. August: Die 34-jährige Polizeirätin Susanne Fischer wird neue Kripo-Chefin für den Schutzbereich Brandenburg (Havel). 170 Beamte gehören zum neuen Verantwortungsbereich der bisherigen Beelitzer Wachleiterin. „Eine gewaltige Herausforderung, die sie aber bestimmt meistern wird“, betont Schutzbereichsleiter Burghard Neumann bei ihrer offiziellen Verabschiedung in der Spargelstadt. Neue Chefin der Beelitzer Polizeiwache wird die 36-jährige Solweig Bohn.

Ortseingang beschädigt

28. August: Erst zwei Monate alt, ist das Ziegelportal am Ortseingang von Glindow schon wieder sanierungsbedürftig. Ein betrunkener Berliner Autofahrer prescht durch das Halbrund mit Ortswappen und Intarsien, dass auf dem Kreisverkehr Richtung Klaistow aufgestellt wurde. Der Berliner blieb unverletzt, das Ziegelportal nicht. Anfang Dezember ist es durch die Einsatzfreude des Glindower Gewerbevereins wieder repariert.

Rathaus wird Bürgerhaus

30. August: Das Rathaus Caputh bekommt nach dem Umzug der Verwaltung nach Ferch neue Bewohner. Im März weiht der Jugendklub sein Domizil im Dachgeschoss ein. Im August kommen Heimatverein und Caputher Musiken dazu. Der Männerchor Einigkeit, Schwielowseetourismus und Ortsbürgermeister Teichmann haben schon vorher Quartier genommen. Zudem läuft eine Ausstellung des Initiativkreises Albert-Einstein-Haus. Jetzt sei das Haus wirklich zum Bürgerhaus geworden, sagt Bürgermeisterin Kerstin Hoppe.

Abschied von „Erfurt“

23. September: Der Schultyp Erfurt ist bei der Einweihung des sanierten Oberstufenzentrums Werder kaum noch erkennbar: Für 7,3 Millionen Euro wurde das Gebäude völlig umgebaut. Den Schülern scheint der Platz auf den Rängen des neuen Glasanbaus besonders zu gefallen. Die Schulbaustelle besteht indes weiter: Bereits im April sollen die Umbauten der Internatsgebäude und der Umbau in Groß Kreutz beginnen.

Bockwindmühle auf Reisen

28. September: Die verfallene Beelitzer Bockwindmühle an der Trebbiner Straße wird abgebaut und in Einzelteilen auf Reisen geschickt. Im niedersächsischen Wittenburg rekonstruieren Experten das Holzgestell, um es im Sommer 2006 am alten Standort wieder aufzubauen. Für die Wiederbelebung hat sich der agile Förderverein Beelitzer Bockwindmühle stark gemacht. Knapp 300 000 Euro sind dafür notwendig, ein Großteil kommt aus Fördertöpfen der EU und des Landes.

Kunersdorfer Straße frei

14. Oktober: Nach vollständiger Sanierung wird die Kunersdorfer Straße in Neuseddin wieder freigegeben. Der Zubringer zur Autobahnauffahrt Ferch hat neben einer neuen Fahrbahn einen neuen Rad- und Gehweg sowie drei Fußgängerinseln erhalten. Rekonstruiert wurde auch die 70 Jahre alte Eisenbahnunterführung am Bahnhof. Tempo 30 wird aufgehoben – der Ortsbeirat kritisiert, dass die Straße zur Rennstrecke geworden ist.

Plus-Supermarkt abgebrannt

10. November : Bis auf die Grundmauern brennt in der Nacht zum 10. November der Michendorfer Plus-Supermarkt an der B 2 ab. 65 Feuerwehrleute kämpfen stundenlang gegen die Flammen. Die Polizei ermittelt seitdem zum Verdacht der Brandstiftung. Am 19. Dezember eröffnet Plus an der Bahnstraße eine provisorische Verkaufshalle. Geplant ist ein massiver Neubau am alten Standort.

Ja-Wort in der Alten Schule

22. November: In der alten Dorfschule von Wildenbruch findet die erste Eheschließung statt. Das ehrwürdige Gemäuer wurde in jahrelanger Arbeit als Bürgerhaus ausgebaut. Schmuckstück ist das neue Hochzeitszimmer. Zudem gibt es einen kleinen Saal, ein Ausstellungsraum und ein Büro für den Ortsbürgermeister. Am 4. Dezember wird das neue Bürgerhaus offiziell eröffnet.

Parkhaus am Bahnhof

28. November: „Zwölf Jahre nachdem wir unsere erste Ampel bekommen haben, verfügt Werder nun auch über sein erstes Parkhaus“, freut sich Bürgermeister Werner Große über die Eröffnung des neuen Stahl-Lamellen-Baus am Bahnhof. Das rostrot und pastellgelb gehaltene Gebäude entstand in einjähriger Bauzeit in der Adolf-Damaschke-Straße. 2,2 Millionen Euro hat die Errichtung gekostet, Parken ist kostenlos. Drei Wochen später wird auch die sanierte Damaschke-Straße übergeben.

Tumulte beim Mittelgraben

30. November: Fresdorf und Stücken werden nicht an das zentrale Abwassernetz angeschlossen. So beschließt es die Verbandsversammlung vom „Mittelgraben“ im zweiten Anlauf. Bei einer ersten Abstimmung war es im Oktober zu Tumulten gekommen. Entgegen allen Erwartungen hatten Vertreter aus Nuthetal für den Kanalanschluss der beiden Michendorfer Ortsteile gestimmt. Zwar votierten die Michendorfer Vertreter gegen den Anschluss, doch das reichte erst in der zweiten, von den Gemeindeparlamenten geforderten Abstimmungsrunde.

Beelitzer Wasserturm gerettet

4. Dezember: Der Beelitzer Wasserturm ist vor dem Verfall gerettet. In sechsjähriger Bauzeit wurden Außenwände saniert, das Turminnere entkernt, ein neues Treppenhaus installiert und auf der Kuppel eine Sternwarte installiert. Der „Verein zur Rettung des Beelitzer Wasserturms“ löst sich auf und übergibt das Bauwerk an die Stadt. Die weitere Nutzung ist unklar. Bürgermeister Thomas Wardin möchte in den historischen Mauern gern die Leitung des Naturparks Nuthe-Nieplitz-Niederung ansiedeln.

Hohe Haftstrafen für Brandanschlag

5. Dezember: Nach dem Brandanschlag auf das City-Café in Werder wird der Rädelsführer Werner G. (41) wegen versuchten Mordes zu sechs Jahren Haft verurteilt. Das Potsdamer Landgericht bleibt damit nur knapp unter den Anträgen der Staatsanwaltschaft. Zwei Komplizen, Daniel K. und Stephan L., müssen für fünf und vier Jahre ins Gefängnis. Das Trio hatte Brandsätze durch die Scheibe des Lokals geschleudert, nachdem es wegen Pöbeleien rausgeflogen war. Die Haare eines Gastes fingen Feuer.

Lange gewartet

9. Dezember: Lange hat es gedauert, bis das Feuerwehrdepot in Ferch fertig ist: Zehn Jahre mussten die Fercher warten, bis die Arbeiten beginnen konnten. Danach führten die Pleite einer Rohbaufirma und die schwierige Lage des Bauplatzes zwischen einem Hang und einer Eiszeitrinne zu Verzögerungen. Nach 14 Monaten Bauzeit ist es so weit: Bürgermeisterin Kerstin Hoppe übergibt den Neubau an Ortswehrführer Marius Marquardt. Über 800 000 Euro hat der Bau gekostet.

Feierlaune

„Niemand wird abgewiesen“

16. Dezember: Werder wird „Wirtschaftsfreundliche Kommune des Landes Brandenburg“. Mit der erstmalig vergebenen Auszeichnung werden Kommunen für wirtschaftsfreundliches Verwaltungshandeln geehrt. 56 Kommunen beteiligten sich, Werder kommt nach Elsterwerda und vor Spremberg auf Platz 2. Der Beigeordnete Hartmut Schröder verrät das einfach klingende Geheimnis der Stadtverwaltung: „Niemand wird abgewiesen.“

Fahrt frei in Michendorf

21. Dezember: Eines der umstrittensten Verkehrsprojekte der Region ist fertig: Nach zwei Jahren Bauzeit wird die Ortsumgehung Michendorf für den Verkehr freigegeben. „Mir ist bewusst, dass dieses Projekt umstritten war, wie kaum ein anderes“, sagt Brandenburgs Verkehrsminister Frank Szymanski. Auf Plakaten protestieren Anwohner erneut gegen Lärm und Naturzerstörung durch die neue, 8,4 Millionen Euro teure Strecke. Die Befürworter sind ebenso präsent. ldg/hkx

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