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Potsdam-Mittelmark: Ab vier Uhr morgens auf der Havel

Bootsverkehr und Kormorane machen Fischer Berner das Leben schwer

Bootsverkehr und Kormorane machen Fischer Berner das Leben schwer Von Kirsten Graulich Werder · Kemnitz – „Heute beißen sie nicht", prophezeit eine ältere Dame und der Herr neben ihr stimmt zu: „War zu kühl in der Nacht und geregnet hat es auch noch." Da wollen sie ihren Fisch lieber gleich an der Theke von Fischer Wolfgang Berner kaufen. Auf Anglerglück hoffen dagegen noch die sieben Petrijünger, die am Sonntagmorgen am Rande des Karpfenteiches hocken und von Zeit zu Zeit Schnüre mit neuen Ködern auswerfen. Die meisten sind Stammkunden des Kemnitzer Fischereibetriebes, in dessen Teich auch geangelt werden darf. Konzentriert schauen sie auf die Wasserfläche, neben ihren Klappstühlen lagern Zubehör-Kästen, Eimer und Dosen mit lebenden Ködern. Wäre ja nicht schlecht, mittags eine Forelle oder einen Karpfen auf den Grill legen zu können. Sollte ihnen das Anglerglück nicht hold sein, müssen sie auf den Gaumenschmaus nicht verzichten, denn der Fischer hat vorgesorgt und bietet neben Räucherfisch auch frischen Zander, Störe, Welse und Weißfische an. Seit vier Uhr morgens ist Wolfgang Berner mit Sohn Nick bereits auf den Beinen. Mit ihrem Fischerkahn fahren sie täglich kurz nach Sonnenaufgang hinaus auf die Havelseen zu ihren Netzen und Reusen, oft bis Brandenburg. „Früh ist es auf dem Wasser am schönsten", schwärmt Berner, „weil alles ringsum ruhig ist". Spätestens ab zehn könne er dann wegen der vielen Boote nicht mehr arbeiten, erzählt er, denn seit die Grenzen offen sind, habe der Bootsverkehr enorm zugenommen. Manche Bootsfahrer würden auch die Fischereigebiete passieren und dabei mit Schiffsschraube oder Kiel die Netze zerreißen. Auch Fischdiebe würden manchmal Reusen zerstören und das Reparieren dauere oft Stunden. Allerdings wären solche Delikte zurückgegangen, seit es dafür höhere Geldstrafen gibt. „Denn unter 1000 Euro kommt keiner mehr davon, wenn er erwischt wird." Weitaus größere Schäden richten Kormorane an, deren Bestände in den letzten fünf Jahren sprunghaft angestiegen sind. In den 90er Jahren zählte der Fischer noch an manchen Stellen bis zu 15 Tiere, vor vier Jahren waren es 500. In diesem Jahr sah er erstmals einen Schwarm mit 1000 Tieren. Die gänsegroßen Vögel fressen ausschließlich Fische und sind wegen ihres Appetites bei den Fischern unbeliebt. Denn 500 Gramm braucht ein Vogel täglich, weshalb die Fischbestände in der Havel bereits deutlich abgenommen haben. Unverständlich ist Berner und seinen Berufskollegen deshalb, dass das Agrarministerium die Zahl der Kormorane nicht konsequenter reduziert. Fisch ist noch heute die Lebensgrundlage von neun Fischern, die einst in der Werderaner Fischereigenossenschaft arbeiteten und nach der Wende als selbständige Binnenfischer das traditionelle Handwerk fortführten. Auch Wolfgang Berner arbeitete seit 1974 in der Genossenschaft, deren Vorsitzender er ab 1987 für drei Jahre war. 60 Mitarbeiter hatte er damals und erinnert sich, dass auch die Fischer zu DDR-Zeiten Pläne erfüllen mussten. „Wie viele Fische wir fangen, sollten wir bereits ein Jahr vorher angeben." Da wurden exakte Zahlen pro Monat und Quartal verlangt, ebenso das Planwerk einzuhalten. „Dabei hängt Fischfang hauptsächlich vom Wetter ab", merkt Berner kopfschüttelnd an. Auch heute sind die Fangergebnisse in jeder Woche anders. Zander ist nach Aal der Hauptfisch, den Vater und Sohn in ihren Netzen fangen. Ihr größter Fang war bisher ein 48 Kilo schwerer Wels, dessen Länge 1,92 Meter betrug. Die Kunden kaufen direkt bei dem Familienbetrieb, der sich unmittelbar neben der Autobahnabfahrt Phöben (A 10, Westlicher Berliner Ring) auf dem Grundstück der einstigen Genossenschaft befindet. Seit Oktober letzten Jahres ist das Grundstück mit dem Teich Berners Eigentum – und die lang gehegte Idee eines Fischerfestes rückte damit in greifbare Nähe. Das Fest soll nun am 6. August ab 10 Uhr mit einem Frühschoppen beginnen und Berner hofft , dass aus diesem 1. Kemnitzer Fischerfest vielleicht eine Tradition wird und auch, dass der Schutzpatron der Angler wettermäßig mitspielt. Deshalb vorab: Petri Heil!

Kirsten Graulich

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