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Potsdam-Mittelmark: Am Bremspedal

Kurz vor dem Sanierungsstart für die Teltower Altstadt kommen Zweifel: „Können wir uns das leisten?“, fragen CDU und SPD

Kurz vor dem Sanierungsstart für die Teltower Altstadt kommen Zweifel: „Können wir uns das leisten?“, fragen CDU und SPD Teltow - Den Teltower Volksvertretern steht die größte Zerreißprobe seit ihrer Wahl im vergangenen Herbst bevor. In diesen Tagen steht die Entscheidung an, ob sie für die Sanierung ihrer Altstadt eine Kreditaufnahme über fünf Millionen Euro befürworten sollen. Sie müssen zudem klären, ob sie sich verpflichten wollen, in die Haushaltpläne der kommenden Jahre mehrere Millionen Euro für die Kuppelmayrsche Siedlung festzuschreiben. Just in diesem Moment heben die Christdemokraten vehement den Zeigefinger: „Eigentlich kann sich die Stadt das nicht leisten!“ Die Handlungsfähigkeit der Stadt stehe auf dem Spiel. Auch bei der SPD wiegt Fraktionschef Berndt Längrich schwer den Kopf. „Der hohe Kredit schränkt die Spielräume ein und würde die Stadt auf Jahre belasten.“ Er sei hin- und hergerissen. Keiner wolle zum Totengräber der Altstadt werden. Auf der anderen Seite braucht die Stadt ihr Geld für neue Straße, Schulplätze, sanierte Kitas, Turnhallen und Schulen. Die schwer wiegenden Bedenken kommen reichlich spät. Seit einem Jahrzehnt wird die Sanierung des historischen Stadtkerns angemahnt. Immerhin zeigen einige private Häuser inzwischen ihren einstigen Glanz. Das Herzstück des Ensembles, die Kuppelmayrsche Siedlung mit dem „Schwarzen Adler“, wurde Eigentum der Stadt. Die Idee, unter ihrem Dach die Stadtverwaltung sowie Seniorenklub und Bibliothek zu beherbergen, wuchs 2001 zur Grundlage eines Architektenwettbewerbs. Angesehene Büros skizzierten Entwürfe. Den besten lieferte das Wiener Atelier „rataplan“, dessen Arbeit fortan Gegenstand der Planungen und Diskussionen war. Die Denkmalpfleger runzelten zwar die Stirn, denn die vorgesehenen Neubauten wurden nicht als beste Klammer mit dem Bestand gesehen. Doch der Entwurf ist gereift: Im Vorjahr nickte ihn das damalige Stadtparlament als eines ihrer letzten Akte ab, seit April dieses Jahres liegt die Baugenehmigung vor. Zweifel habe es indes immer gegeben. Die Siedlung als Verwaltungssitz sei eine Notlösung gewesen, gesteht heute – zur Verblüffung einiger Teltower – der SPD-Fraktionschef Längrich. „Wir waren schon immer für eine flexiblere Nutzung“, bringt sein CDU-Pendant Erhard Wigand in Erinnerung. Wenige Wochen bevor in der maroden Altstadt nun der erste Spatenstich erfolgen soll, tippen CDU und SPD an der Bremse. „Wir wollen nicht unbedarft ins Wasser springen“, so Längrich. „Wir wollen nicht auf Teufel komm raus alte Beschlüsse umsetzen“, sekundiert Wigand. Denn der Umfang des geplanten Verwaltungssitzes sei fraglich. „Wo darüber nachgedacht wird, dass die Region auch auf Verwaltungsebene enger zusammenrückt und ein Mittelzentrum werden will, muss man keinen neuen Behördenstandort bauen“, meint Wigand. Auch die Aussicht auf Fördermittel könnte nicht den „Bau von etwas rechtfertigen, das keiner braucht“. Sich über andere Modelle der Finanzierung und Nutzung Gedanken zu machen, ist nun für Wigand in erster Linie Aufgabe der Rathaus-Riege. Auf ihrer Fraktionssitzung am Dienstag beriet die SPD, „wie man die Altstadt anders nutzen kann“. Freilich ohne Ergebnis. „Wenn nur eine schöne Nutzung vom Himmel fallen würde“, seufzt Längrich in seiner Verzweiflung. Andere sehen da klarer. „Es gibt kein Zurück“, pflegt Hans-Peter Goetz für die FDP die „Vorreiterrolle“, die die Liberalen schon immer für die Altstadt eingenommen hätten. Wenn, wie von Goetz mehrfach angeregt, Bauabschnitte gebildet würden, blieben der Sanierungsprozess und auch die Kosten überschau- und kontrollierbar. Zwar sehe auch die FDP die finanziellen Herausforderungen, aber auch städtisches Sparpotential – „vor allem im Personalbereich“. Bevor am nächsten Mittwoch in einer Sondersitzung des Finanzausschusses Bürgermeister Thomas Schmidt (SPD) „die Karten legen werde“, hat Goetz das Stadtoberhaupt gebeten, den Sanierungsbeirat als beratendes und auf die Sanierung der Altstadt drängendes Gremium zu konsultieren. Ohne Erfolg. Der Kreis habe keine politische Entscheidungsbefugnis, habe Schmidt seine Absage begründet. Beim Sanierungsträger „complan“, der als Treuhänder der Stadt die Sanierungspläne von Beginn an begleitet und steuert, sieht man die aufkommenden Zweifel und die von Goetz zitierte „unheilige Allianz der Sanierungsblockierer“ leidenschaftslos. „Teltow kann nur das tun, wofür es Geld hat“, versteht „complan“-Chef Hathumar Drost das Innehalten. Alternativen zur bisherigen Zielrichtung haben die Kommunalberater allerdings nicht in der Schublade. „Diese zu entwickeln wäre eine Aufgabe, die wir gern begleiten“, bietet sich das Büro nach wie vor an. Dass dies weiter Zeit kostet und der Entwicklung der Altstadt nicht gut tut, muss Drost kaum betonen. Die Altstadt, so schaudert es dem FDP-Stadtchef Hans-Peter Goetz, sterbe weiter ihren schleichenden Tod.

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