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KulTOUR: Anmut an der Staffelei

Ausstellung zu Malerinnen in der Mark eröffnet

Schwielowsee - Organisatorisch und vor allem kulturpolitisch passt der jüngste Streich im Kossätenhaus genau ins Bild der Zeit: Weil „Kulturland Brandenburg“ zum 200. Geburtstag der armen Königin Luise ja beinahe ein neues „Jahr der Frau“ ausgerufen hatte, fühlte man sich auch in Ferch dem Ruf der Zeit verpflichtet. Am Sonnabend wurde bei wiederum größtmöglichem Besuch die Ausstellung „Malerinnen in der Mark. Freilichtmalerei um 1900“ im Museum der Havelländischen Malerkolonie eröffnet.

Die Liste der bedankten Namen war lang, nur dieser eine fehlte: Franziska Uhl hatte ihre schlohweiße Holzskulptur „Engel“ extra als Referenz der „Seegalerie“ zum Hause der Kossäten und als Brückenschlag zum Frauenthema gefertigt. An dieser Adresse zeigte sie neben zwei anderen Zeit-Genossinnen, was aus den emanzipatorischen Anfängen hundert Jahre später wurde. Das war in Gleichzeitigkeit auch so gewollt, insofern hängen beide Ausstellungen im Wortsinn untrennbar günstig zusammen. Doch ach, was lohnte die Welt schon einem Engel, nichts!

Zweierlei war also diesmal im Malerdorf Ferch zu befreien, die Frau als solche unterm Rieddach am Potsdamer Platz, und „die Linie“ in der Galerie von Karin Kaffke-Rusche nahe am See. Natürlich ist die Entdeckung und „Aufarbeitung“ von fünfzehn Malerinnen „um 1900“ nicht nur eine erstklassige Bereicherung fürs Havelländisch-Kolonistische. Jenseits der kulturpolitischer Tagestendenz ist es auch eine Anständigkeit. Viel ist ja bei diesen flotten Damen zu lernen: Etwa wie und mit welchen Mitteln sie sich in die Männerwelt einführten und behaupteten. So erzählte Kustorin Jelena Jamaikina, die auffallend vielen Landschaftsbilder seien zustande gekommen, weil sich nur wenige die teuren Kurse zur Aktmalerei leisten konnten.

Im Falle von Elfriede Thum (1886-1952) war es schwer, die entsprechenden Werke sicher zu orten, bis man darauf kam, dass sie unter ihrem Pseudonym Erich Thum malte. Sie akzeptierte keine männliche oder weibliche Kunst, nur gute oder schlechte. Ihre Biografie ist mit dem Dramatiker Hermann Sudermann und dem Schloss Blankensee verbunden, bei Hannah Schreiberde-Grahl sind es Potsdam und Wilhelmshorst. Was gibt das noch für Geschichten! Der gut gestaltete Katalog ist dafür jedenfalls ein vortrefflicher Weggeber. Und es stimmt ja auch: Wer seine „-ismen“ sucht, wird sie auch in dieser liebevoll betreuten Ausstellung finden. Und viele „neue“ Namen wie Mia Augustin, Julie Wolfthorn, Helene von Winterfeld oder Margarete Haeberlin. Sie alle konnten ihre „Havelländischen Motive“ ganz wunderbar wiedergeben, auch ohne emanzisches Agio! Das Museum sollte freilich achten, nicht zu akademisch zu werden. Soweit die Toten.

Der Übergang zu den Lebenden in der Seegalerie, zur „Befreiung der Linie“, fällt leicht. Hier ist vor allem vorzügliche Grafik zu sehen, wie sie neben Christine Hielscher auch Franziska Uhl liefert. Sophie Natuschke, wie die anderen Mitglied der Künstlergruppe „GedoK“, zeigt filigrane Werke aus Faden und Draht, zum Beispiel „Kopulierende Mücken“. Alles Arbeiten, die sich erfolgreich in der Kunst des Weglassens üben und schon deshalb ein „leicht asiatisches Flair“ vermitteln. Die „Petersburger Hängung“ macht den Eindruck sympathisch, das Weglassen von Namen und Titeln beschwert ihn wieder.

Trotzdem erzeugt diese federleichte Schau der Moderne den ganz unmittelbaren Lebensimpuls, wie Sigwart Sprotte jüngst Hagemeisters „Große Welle“ gleichsam entmaterialisierte, so erweist sich hier „die Befreiung der Linie“ als optisch-ästhetischer Segen. Gerold Paul

„Malerinnen in der Mark“ mittwochs bis sonntags zwischen 11 und 17 Uhr geöffnet, „Befreiung der Linie“ samstags und sonntags von 13 bis 18 Uhr.

Gerold Paul

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