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Potsdam-Mittelmark: Aus der Todeszelle ins Hundeparadies

Eindrücke aus einem Heim für Schlittenhunde in Hohenbruch

Eindrücke aus einem Heim für Schlittenhunde in Hohenbruch Von Kathrin Klinkusch „Neo“ und „Pourman“ fühlen sich sichtlich wohl. Die beiden Huskys begrüßen jeden Besucher mit wedelndem Schwanz und freudigem Gebell. Ihre Unterkunft ähnelt von außen weniger einer Zwingeranlage als einem Landhaus im Mittelmeerraum: die Säulen sind in Terrakotta gestrichen, es gibt eine schmiedeeiserne Eingangspforte unter einem Rundbogen. „Wenn es nach den spanischen Behörden ginge, wären sie bereits tot“, sagt Ralf Hewelcke, Vorsitzender des Vereins „Nordische in Not“. Denn die beiden Energiebündel kommen direkt aus einer so genannten Tötungsstation für Hunde von der Ferieninsel Gran Canaria. „Dort werden die Tiere nach 21 Tagen eingeschläfert, wenn sie keiner haben will.“ Der Verein unterhält im brandenburgischen Hohenbruch (Oberhavel) im Norden Berlins auf über 45 000 Quadratmetern nach eigenen Angaben Europas größte Auffangstation für Schlittenhunde. Ein bis zwei Mal im Monat fährt der gelernte Schornsteinfeger mit seinem Kleintransporter zum Berliner Flughafen in Schönefeld und nimmt neue Vierbeiner aus Lanzarote, Gran Canaria, aber auch Griechenland und der Türkei in Empfang. Auch dort werden herrenlose Hunde in der Regel getötet, wenn sie nicht vermittelt werden. „Wir arbeiten eng mit Tierschützern vor Ort zusammen, die für uns den Transport vorbereiten“, erzählt Hewelcke. Die Schlittenhunde werden von so genannten Flugpaten nach Deutschland gebracht. „Meist sind das Bekannte, die im Süden ein Ferienhaus haben oder Touristen, die sich bereit erklären, einen Hund zu überführen“, berichtet er. Knapp 30 Tieren konnte im vergangenen Jahr so das Leben gerettet werden. Neben den „Flüchtlingen“ aus dem Ausland kommen herrenlose Schlittenhunde aus ganz Deutschland zu Ralf Hewelcke und seiner Frau Angela nach Hohenbruch. Zurzeit warten rund 60 Tiere der Rassen Sibirian Husky, Alaskan Malamute und Samojede auf einen neuen Besitzer. Die beiden Schlittenhund-Experten werden häufig von Tierheimen und Haltern um Hilfe gebeten, wenn ein nordischer Hund eine Unterkunft braucht. „Die Hunde sind wegen ihres schönen Aussehens begehrt. Ein Tierheim wird zwar nie Probleme mit der Vermittlung haben, dafür aber oftmals mit der artgerechten Haltung“, spricht Helwecke aus Erfahrung. „Schlittenhunde haben einen großen Bewegungs- und Freiheitsdrang und laufen darum schneller weg“. Zwei Meter hohe Zäune seien kein Hindernis für einen Husky. Darüber hinaus können die Rudeltiere nicht lange allein bleiben. „Wer den ganzen Tag arbeitet, sollte sich keinen Schlittenhund anschaffen“, betont Hewelcke. Ansonsten demoliert das an sich friedliche Tier schon mal die Wohnungseinrichtung. Ihm zufolge sei Zeitmangel der Hauptgrund, warum die Besitzer die Tiere zurückgeben oder einfach wieder „laufen lassen“. Wenn ein Interessent nach einem Schlittenhund fragt, wird er von Hewelckes sehr genau über die Vor- und Nachteile dieser Rassen aufgeklärt. Denn wer einen Husky zum Gefährten wählt, sollte ihm das ermöglichen, was er am liebsten mag: im Rudel Schlitten fahren, viel Bewegung und Gesellschaft. „Die Hunde wurden in mehr als 3000 Jahren in Sibirien gezüchtet, um unter härtesten Bedingungen zu arbeiten“, erzählt Hewelcke. 205 Euro kostet ein Schlittenhund in Hohenbruch. Der neue Besitzer muss vertraglich absichern, dass er weibliche Tiere nicht zur Zucht einsetzt. „Damit wollen wir das Schicksal von neuen herrenlosen nordischen Hunden senken“, betont der Tierschützer. 75 Hunde seien 2003 vermittelt worden, davon einige in die Schweiz, nach Norwegen und Österreich. Auch die zweijährige „Lady“ mit ihrem weißen Fell und den blauen Augen ist bereits vergeben. Die Huskydame kam im vergangenen Jahr aus einem Tierheim im thüringischen Altenburg nach Hohenbruch. Ihr künftiges Herrchen ist Schlittenhundsportler und lebt in Österreich. Xavio wird hingegen Dauergast in Brandenburg bleiben. Der Langhaar- Husky ist an Epilepsie erkrankt. Doch um einen ruhigen Lebensabend muss sich in Hohenbruch kein Schlittenhund sorgen - dafür gibt es eine „Seniorenstation“. Weiteres im Internet unter: www.nordische-in-not.de

Kathrin Klinkusch

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