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Von Tobias Reichelt: Ausnahmezustand nach Blitzeis

Autos rutschen, Fußgänger stürzen, Havelbus stellt Betrieb ein, Rettungskräfte und Polizei im Einsatz

Potsdam-Mittelmark - Schnee und Eis hatten die Region am Donnerstag noch fest im Griff. Nach einsetzendem Blitzeis herrschte gestern Morgen der Ausnahmezustand im Landkreis: In Werder (Havel) rutschten Autofahrer mit angezogener Handbremse rückwärts den Hohen Weg hinab. Die Polizei registrierte in der Region fast doppelt so viele Unfälle wie an normalen Tagen – meist blieb es bei Blechschäden.

Um Unfälle zu vermeiden, stellte die Havelbus-Verkehrsgesellschaft den Betrieb für drei Stunden ein. Das hatte es zuletzt 2007 gegeben, damals war Orkan Kyrill über das Land gedonnert. „Es lief wirklich nichts mehr“, sagte gestern Havelbus-Sprecherin Ulrike Rehberg den PNN. Zwar komme es jedes Jahr vor, dass der Betrieb wegen Blitzeis eingestellt werden muss, aber dann nur kurzzeitig.

Gestern Morgen war das anders: Regen bei Minustemperaturen hatte viele Straßen für Stunden in Eisbahnen verwandelt. Um 8 Uhr rief Havelbus den Notstopp aus. 70 Busfahrer lenkten ihre Fahrzeuge an den Straßenrand. „Die Weiterfahrt hätte Fahrer und Fahrgäste gefährdet“, erklärte Rehberg. Einschränkungen im Schülerverkehr habe es dadurch kaum gegeben, viele Kinder waren noch vor 8 Uhr zur Schule gebracht worden. Andere Fahrgäste klingelten in der Zentrale Sturm. „Viele Kunden zeigten dann aber Verständnis“, sagte Rehberg. Ab 11 Uhr nahm das Unternehmen den Betrieb wieder auf. Bis alle Busse wieder im Takt fuhren, dauerte es noch weitere Stunden.

Durch den schnellen Notstopp hatte Havelbus keine Unfälle zu vermelden,andere Busunternehmen erging es anders: In Kleinmachnow rutschte ein privater Schulbus in der Straße Feldfichten gegen ein parkendes Auto. Verletzt wurde niemand. Die 23 Schüler kamen aber zu spät zum Unterricht. In Saarmund schlitterte ein Traktor mit zwei Anhängern gegen einen Bus in der Straße Am Markt. Der Bus war leer, es gab keine Verletzten. Anders auf der Autobahn 2 zwischen Brandenburg und Netzen: Beim Versuch, einen Lkw zu überholen, verlor eine 31-jährige Opel-Fahrerin die Kontrolle über ihren Wagen. Sie kam von der Straße ab, rutschte bis hinter den Wildzaun. Sie und ein sechs Monate altes Baby im Wagen wurden in ein Krankenhaus gebracht.

„Es macht bei diesen Witterungsverhältnissen keinen Sinn, irgendetwas herauszufordern“, mahnte deshalb gestern Polizeisprecher Torsten Ringel. Im Schutzbereich Brandenburg verzeichnete er am Morgen 36 Verkehrsunfälle – zwölf allein auf den Autobahnen. „Meist blieb es bei Blechschäden“, so Ringel. Viele Autofahrer von Werder bis Michendorf und Beelitz hätten sich auf die Witterungsverhältnisse eingestellt. „Zeit- und Termindruck mussten eine untergeordnete Rolle spielen.“ Auf völlig vereisten Straßen ging oft gar nichts mehr, oder nur im Schrittempo.

Am späten Vormittag entspannte sich die Lage, berichtete Polizeisprecher Mario Heinemann aus dem Schutzbereich Potsdam. „Um 11 Uhr war das Blitzeis weg“ – in der Region Teltow blieb es bei Blechschäden. Um die Unfälle aufzunehmen, verstärkte die Polizei ihre Einsatzkräfte. „Es waren mehr als doppelt so viele Funkwagen unterwegs.“ Weit kamen sie auf den glatten Straßen aber nicht. „Die Polizisten konnten oft nur zu Fuß in die Nebenstraßen laufen, dort ging gar nichts mehr“, so Heinemann.

Ähnliche Probleme gab es bei der DRK-Rettungswache Teltow: „Wir sind nur Schritttempo gefahren und selbst das war noch zu schnell“, sagte Gerhard Knocke. Mit einsetzendem Regen, mussten die Sanitäter am Donnerstag ausrücken. Vor allem ältere Menschen wurden mit Arm- und Beinbrüchen behandelt. Sie waren an Hauseingängen oder auf Gehwegen gestürzt. „Viele meinten es gut, sie wollten Salz oder Sand streuen und fielen dabei auf die Nase“, so Knocke. Bei Blitzeis sollte man im Haus bleiben, rät er. Immerhin: Jetzt taut es.

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