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Potsdam-Mittelmark: Dem „Sozialen Netzwerk“ in der Jahnstraße droht das Aus

Stadt hadert mit einer Gewerbeerlaubnis, da sich Eigenfinanzierung des Hauses nahezu auf den Verkauf von Alkohol beschränke

Stadt hadert mit einer Gewerbeerlaubnis, da sich Eigenfinanzierung des Hauses nahezu auf den Verkauf von Alkohol beschränke Von Kirsten Graulich Teltow. Das Netzwerk der sozialen Vereine in der Teltower Jahnstraße steht vor dem Aus. Die zwei SAM-Stellen für die Sozialarbeiter werden ab Mai nicht weiter gefördert. Drei Jahre finanzierte der Landkreis die Personalkosten und die Kommune stellte ab Dezember 2002 das ehemalige Sparkassengebäude als für die Vereine mietfrei zur Verfügung, um für die Region das Angebot für sozial Schwache zu erhalten. Die Betriebskosten sollten die Vereine selbst tragen. Im jüngsten Sozialausschuss wurde klar, dass die Vereine – „Helfende Hände“, „Strohhalm“, „ergo-Konzept“, – die noch ausstehenden Energiekosten von 1800 Euro kaum aufbringen können. Schuld daran trage aber vor allem die Stadt, erklärte Netzwerk-Sozialarbeiter Ullrich Dannowski im Ausschuss: „Denn die Stadt hat uns versprochen, dass wir Einnahmen erwirtschaften können". Doch der Antrag zur gewerblichen Umwidmung des Gebäudes sei noch nicht genehmigt worden, so Dannowski. Da aber vorrangig der Verkauf von Alkohol die Vereinskasse füllen soll, sieht die Stadt den sozialen Auftrag der Vereine gefährdet. „Im Vordergrund steht Sozialarbeit, da verbietet sich das Thema Alkohol von selbst", stellte Bürgermeister Thomas Schmidt (SPD) in der Sitzung klar. Er schätze vor allem die Arbeit der Nähstube, der Kleiderkammer, der Suppenküche und Lebensmittelausgabe. Keinesfalls sei der Stadt jedoch bekannt gewesen, dass Alkohol ausgeschenkt werden soll. „Dann wären bei mir alle Alarmglocken angegangen", so Schmidt. Ganz anders sah das Ausschussvorsitzender Eberhard Derlig (FDP). Da im Vereinshaus auch Familienfeiern stattfinden, meinte er: „Wir können doch nicht darüber befinden, welchen gesellschaftlichen Gruppen Alkohol zusteht“. Doch Michael Thiel (SPD) erinnerte daran: „Nur unter der Bedingung, dass dort keine Gaststätte betrieben wird, haben wir zugestimmt, dass die Vereine in das Haus einziehen können". Wie sehr das Thema Alkohol bereits die Arbeit im Vereinshaus beeinträchtigt, schilderte die Gleichstellungsbeauftragte Regine Rothaupt. Bei ihr hätten sich Frauen über den beträchtlichen Alkoholkonsum beklagt. „Da sich die Frauen an mich gewandt haben, werden sie nun von anderen Vereinsmitgliedern ausgegrenzt“, berichtete Rothaupt. Nicht nur vom Vereinsleben würden die Frauen ausgeschlossen, sondern auch soziale Leistungen werden ihnen seitdem vorenthalten. Bis nach Potsdam müssten sie jetzt zur Ausgabestelle für Lebensmittel fahren. Während ihrer Schilderungen wurde die Gleichstellungsbeauftragte einige Male vom Hohngelächter anwesender Vereinsmitglieder unterbrochen. Doch statt die Vorwürfe zu widerlegen, ging Sozialarbeiter Dannowski erst gar nicht darauf ein, sondern drohte: „Wenn wir keine Einnahmen erzielen können, machen wir dicht!". Immerhin hätte das Vereins- Netzwerk bisher vieles aus eigener Tasche finanziert und die Kühlung des Lebensmittellagers koste ja auch Geld, ebenso wie Nähstube und Kleiderkammer. Diese Arbeit werde von den Männern und Frauen aus den Vereinen ehrenamtlich geleistet. „Ich verstehe gar nicht, was Sie eigentlich wollen?", erregte sich Dannowski, denn was sei schon dabei, wenn nach der Öffnungszeit um15 Uhr der Ausschank von den beiden Sozialarbeitern betrieben werde. Am Schluss der Debatte wurde deutlich, dass die vom Ausschuss geforderten Konzepte wohl auch nicht ausreichen werden. Denn Bürgermeister Schmidt deutete an, dass es eine ganze Reihe Dinge zu klären gebe mit den Vereinen. Das aber würde über den Rahmen einer öffentlichen Diskussion hinausgehen und berühre zudem die Privatsphäre von Betroffenen, denen er Vertrauensschutz zugesichert habe. Schmidt informierte, dass zu diesem Gespräch auch Vertreter des Jugendamtes, sowie Sozialarbeiter der Gesamtschule und der Jugendeinrichtung Schifferheim hinzugezogen werden.

Kirsten Graulich

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