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KulTOUR: Der Tod trägt Petticoat

Ein Krimi-Dinner im Teltower Stubenrauchsaal

Teltow - Wie das „Teltower Nacht- und Morgen-Blatt“ in Kürze melden wird, kam es letzten Freitag während einer Premieren-Gala des Filmes „Drei Mädel für Herrn Himmelreich“ zu einem blutigen Mord. Nachdem sich allerlei Illustre aus Kunst, Politik und Gesellschaft im Stubenrauchsaal zu einem festlichen Dinner um den Produzenten Theobald Grauner und die beiden Filmdiven Dorothea Helmchen und Moni Schneider eingefunden hatten, entdeckte man im Keller dieses rauch-freien Restaurants die blutüberströmte Leiche von Franzi, einer Flötistin des Ensembles. Ihr Kopf war auf unbekannte Weise von einem Weinfass zerquetscht, daneben lag eine Feuer-Dahlie. Vom Täter fehlte vorerst jede Spur.

„Tatze“ Grauner und die Damen hatten bei diesem Krimi-Dinner alle Hände voll zu tun, die teils internationale Prominenz, darunter ein Hollywood-Regisseur, Zora Oleander und Alonso Brutalo Riccicci als Freund von der Mafia, zu beruhigen, was mittels eines Rote-Bete-gestützten Menüs und ein paar lustigen Liedern auch gelang. Der Geschicklichkeit des zufällig anwesenden Detektivs Bernie Hammer war es schließlich zu danken, dass dieses Verbrechen noch vor Eintreffen der Polizei aufgeklärt wurde. So viel sei verraten: Franzi war gar nicht gemeint – und der Gärtner war nicht der Töter!

Dieses Verbrechen also hatte sich nach jenem Zeitungsbericht am Freitagabend vor den Augen der Guten Gesellschaft Teltows ereignet, ausgerechnet im Rathaus, wo ein rühriges Amt fleißig bemüht ist, den Teltower Stadtbürger regelmäßig und ordentlich mit Kultur zu versorgen. Zum Glück aber war eine Truppe vor Ort, die in Sachen Verbrechensaufklärung viel Erfahrung mitbringt. Schließlich hat sie nicht nur eine „Mörderische Spreefahrt“ überstanden, sie konnte sogar im „Reblaus-Komplott“ erfolgreich ermitteln, im kaum bekannten Anschlag auf Willy Brandt von 1969. Auch hier, ganz zufällig, vor Eintreffen der Polizei!

Natürlich kann ein so verwandlungsfähiges Quartett nicht unter seinem wahren Namen auftreten, für Teltow wählte man das kryptische „artdeshauses“, gab als Deckadresse einfach nur Berlin an. Mitspieltheater also, die Darsteller mehr im Parkett als auf der Bühne! Das zahlende Publikum hatte im ausverkauften Saal also nicht nur die Aufgabe, sich mit Böfflamott in Rotwein-Ingwer-Soße und zuletzt mit Teltower-Rübchen-Parfait auf Fruchtsouce zu atzen, vielmehr gab das bewährte Bühnenteam ihrerseits fremde Identitäten heraus, bis es im Saal vor West- und Ostspionen, Mafiosi, feinen Damen und anderer Art nur so wimmelte. Echtzeit 1959.

Hier ging es ums Mitspielen und Mitraten, wovon in den Tiefen des Saals mit größtem Vergnügen Gebrauch gemacht wurde. Bernie Hammer brauchte nur zu fragen, und so kam nach gut hundertfünfzig Minuten nicht nur manches Gericht auf den Tisch, sondern auch manch Gerücht an den Tag. Was das alles mit dem Titel „Der Tod trägt Petticoat“ zu tun hatte, konnte allerdings nicht mal er herausfinden. Bei allem Spaß an der Freud und trotz gekonnter Improvisation sollte das alerte Ensemble dennoch keine Leerstellen beim Krimi-Dinner zulassen. Manch dramaturgischer Vorgang ist zu klein angelegt, mancher Gang zu unmotiviert. Trotzdem eine passable Art, die Bühnenkunst beim geselligen Mahl nicht zu degradieren. Das ist viel, heutzutage, sehr viel.Gerold Paul

Gerold Paul

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