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KulTOUR: Drei Chronisten unter einem Dach

Markus Vette stellte sein neuestes Buch vor: Zum Leben der Töplitzer Künstler Georg Tappert und Erich Wulfert

Werder · Töplitz - Als am Freitag Hochschullehrer Markus Vette im Hotel Mohr sein fünftes Buch zur Chronik von Alt-Töplitz vorstellte, schienen sich Vergangenheit und Zukunft in der Gegenwart die Hand zu reichen. Nachdem er im Ehrenamt zuvor bereits über Wege, Plätze und Aussichten seiner Wahlheimat berichtet hatte, belegt die Neuerscheinung „Töplitzer Künstler“, dass auch diese Insel ein Refugium für nicht wenige Maler war, darunter der Expressionist Georg Tappert und Erich Wulfert, sozusagen ein zeichnender Vorgänger seines Portefeuilles.

Mehr als vierzig Interessenten besuchten diese ganz besondere Buch-Präsentation, und das wahrhaftig nicht, weil der Ortsbeirat einen „Begrüßungstrunk“ servieren ließ und das frisch verheiratete Hotelier-Ehepaar nach dem zweistündigen Abend sogar Kessel-Goulasch für alle spendierte.

Markus Vette, für seine akribischen Recherchen bekannt, forschte zwischen dem schleswig-holsteinischen Gottorf und Nürnberg, in Potsdam und Werder nach den Spuren von Tappert und Wulfert, beide fast gleichen Alters, beide mit dem alten Töplitz innig, doch ganz unterschiedlich, verbunden. Aber er befragte auch Einwohner, welche die Künstler als Nachbarn und Zeitgenossen noch persönlich kannten. Für Georg Tappert war der Ort zwischen 1933 bis 1937 ein Refugium vor den Nazis, wurde er doch als „Dirnenmaler“ den „Entarteten“ zugerechnet. Alt-Sezessionist Max Liebermann hatte einst sein Talent bestätigt. Er war in die „Neue Sezession“ (1910) involviert, Mitbegründer der „Novembergruppe“ 1918 und bis zu seiner endgültigen Vertreibung aus dem Lehramt 1937 Professor an der Staatlichen Kunsthochschule Berlin. In Töplitz das Grothesche Haus („Doktorhaus“) bewohnend, widmete er sich weiterhin der Ausbildung junger Leute, indes sich der geduldete Immigrant ganz auf die Landschaftsdarstellung verlegte, wovon Vettes Buch schöne Zeugnisse gibt. Nach Kriegsende wandte sich Tappert (1880 - 1957) an der Hochschule der Bildenden Künste in West-Berlin wieder der Ausbildung zu.

Im Gegensatz zum freien Beruf eines Künstlers war Erich Wulfert (1881 bis 1958) beim Reichsarchiv angestellt. Er malte, zeichnete, schnitzte, illustrierte, sammelte archäologische Funde und dokumentierte seit den 20ern alles, was bewahrenswert – Kirchturmglocken, Hausgerät von dunnemals – oder neu war, wie etwa der Autobahnbau, mit feiner und sicherer Hand. Über sein Leben war wenig herauszufinden, magere Aktenlage. Das Potsdam-Museum bewahrt in etwa 15 Mappen sein Archiv, ältere Leser der BNN werden sich vielleicht noch einiger Illustrationen oder der Nachrufe 1958 erinnern, die im Buch neben zahlreichen Bildern abgedruckt sind. So ist im „Familienbetrieb Vette“ ein reich illustriertes, informatives und schönes Büchlein entstanden, wert, es weiterzugeben. Vor allem aber möchte der Autor, dass man über die beiden Künstler und somit über Alt-Töplitz wieder spricht: Über den „Malerprofessor“ wie über den „zeichnenden Orts-Chronisten“.

Ein dritter dieser Chronisten-Zunft war am Freitag auch noch dabei. „Einzelkämpfer“ Jürgen Schönbrunn nämlich hat es sich zur Aufgabe gemacht, das höchst umtriebige Kulturleben dieses Ortes 2005 per Film festzuhalten, im Sportverein, bei der Feuerwehr, im Kinderdorf, am Jachthafen, in Galerie und Kirche, dazu das idyllische Umland in schönen Farben und kindsfrischen Kommentaren. Ortsbürgermeister Frank Ringel war so entzückt, dass er beschloss, nimmer in die Karibik zu fahren, weil''s in Alt-Töplitz so schön ist. Ende Mai wird die ganze Fassung der Film-Chronik gezeigt. So fanden am Freitagabend gleich drei Chronisten unter einem Dach zusammen: ein zeichnender, ein schreibender, ein filmender.

Markus Vette, „Töplitzer Künstler. Zum Leben und Werk von Georg Tappert und Erich Wulfert“, Eugenia-Verlag, 160 Seiten, zahlreiche Abbildungen

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