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Aus dem GERICHTSSAAL: Dreiste Sozialbetrüger

Nach Tod der Mutter über 16 000 Euro kassiert

Werder - Monika M.* (51) und ihr Ehemann Erich* (60) sind finanziell nicht auf Rosen gebettet. Die Frau erlernte keinen Beruf, ist jetzt Hartz IV-Empfängerin. Der Gatte, ehemals Traktorist, bezieht eine schmale Rente. Sie leisten sich eine Doppelhaushälfte in Werder (Havel), die ihr Einkommen wohl übersteigt.

Solange die blinde, pflegebedürftige Mutter von Erich M. in dem gemeinsamen Haushalt lebte, kam man einigermaßen über die Runden. Doch sie starb im März 2002. Nun hätte der als Vermögensbetreuer der alten Dame eingesetzte Erich M. die Behörde davon in Kenntnis setzen müssen. Stattdessen kassierten er und seine Frau, die mit der stellvertretenden Vermögensvorsorge ihrer Schwiegermutter betraut war, über drei Jahre lang Blinden- und Pflegegeld, insgesamt 16 582 Euro.

Jetzt saß das Paar wegen gemeinschaftlichen Betruges auf der Anklagebank. „Was ist in Ihren Kopf vorgegangen?“, wunderte sich Amtsrichterin Waltraud Heep. „Dass eine Tote keinen Anspruch mehr auf Sozialleistungen hat, dürfte jedem klar sein.“ Erich M. berief sich auf seine Abneigung gegen jeglichen Papierkram. Schriftliche Sachen habe stets seine Frau gemacht, erzählte er. Monika M. redete wie ein Wasserfall, ohne freilich auf die Frage der Vorsitzenden zu antworten. „Sie haben jahrelang den Staat betrogen und gehofft, es würde funktionieren“, so Richterin Heep.

„Die Oma ist von uns mehr als gut betreut worden“, konterte Monika M. „Wir waren immer für sie da.“ Die Vorsitzende hob die Augenbrauen. „Betreuen bedeutete in diesem Fall, sich um die finanziellen Angelegenheiten ihrer Schwiegermutter zu kümmern“, entgegnete sie. „Das wussten sie doch ganz genau.“ „Was soll ich sagen?“, murmelte die Angeklagte. „Wir brauchten Geld. Ich kann es nicht mehr rückgängig machen.“ Sie wisse wohl, dass sie und ihr Mann den zu Unrecht erhaltenen Betrag zurückzahlen müssen. Sie sei auch schon bei der Schuldnerberatung gewesen. Momentan habe sie allerdings keinen Cent übrig, versicherte Monika M..

Die Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft beantragte, das Duo mit einer Geldstrafe von je 90 Tagessätzen a 20 Euro zu sanktionieren. Richterin Heep urteilte mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten, ausgesetzt zu dreijähriger Bewährung, wesentlich schärfer.

„Das Gericht ist der Meinung, ihnen und anderen potenziellen Tätern muss klar gemacht werden, dass man die Gesellschaft nicht ungestraft über mehrere Jahre betrügen kann. Es ist ihnen freilich auch leicht gemacht worden. Niemand hat einen Nachweis darüber gefordert, dass die alte Dame noch am Leben ist.“ Erich M. und Monika M. nahmen das Urteil an. Allerdings vergewisserte sie sich: „Mein Mann ist ja zweimal wegen Fahrens unter Alkohol vorbestraft. Wenn er jetzt noch einmal erwischt wird, muss er dann ins Gefängnis?“ Die Vorsitzende nickte. (*Namen geändert.) Hoga

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