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Potsdam-Mittelmark: Ein Prototyp aus Deutschlands Krieger-Kaste

Der Heimatverein erinnerte an Walther Wever, in den 30er Jahren Kleinmachnower und Chef der Luftwaffe

Der Heimatverein erinnerte an Walther Wever, in den 30er Jahren Kleinmachnower und Chef der Luftwaffe Von Gerold Paul Kleinmachnow - Das größte Grabmal des Stahnsdorfer Südwestkirchhofs gehört der aus dem Bergischen Land stammenden Familie Wever. Nicht der ganze Clan ist hier beerdigt, aber jedes Verstorbenen wird mit einer Tafel gedacht. Einem war bis 1945 sogar eine Stele mit riesigem Reichsadler und Hakenkreuz gewidmet, dem Chef des Generalstabs der Luftwaffe, Walther Wever. Er kam 1936 mit seiner zivilen He70 bei Dresden-Klotzsche ums Leben. Der Obelisk wurde später in eine Gedenkstätte für die Verfolgten des Naziregimes umfunktioniert, den Bronze-Adler will man jüngst vor der russischen Grenze wiederentdeckt haben: Polnische Freischärler sprengten den Militärzug der Roten Armee in die Luft, welcher die Trophäe in die Sowjetunion bringen wollte. Vergangenheit und Gegenwart sind nie ganz getrennt. Es ist dem Kleinmachnower Heimatverein, in Person dem Ortschronisten Günter Käbelman, zu danken, neben vielen anderen Personen der Gemeinde auch den Lebensweg dieses Generals verfolgt und in Wort und Bild dokumentiert zu haben, eines Prototyps aus Deutschlands Krieger-Kaste. In Anwesenheit seines Enkels Peter Wever stellte er am Montag im Seniorenklub unter Hohen Kiefern seine über Jahre gesammelten Forschungsergebnisse vor. 1887 nahe Bromberg geboren, zog Wever 1898 mit der Familie nach Berlin, wo der Vater als Bankdirektor arbeitete. Walther Wever schlug bald die militärische Laufbahn ein. 1905 war er Fahnenjunker. 1914 nahm er als Leutnant am Frankreich-Feldzug teil, schon drei Jahre später fand er sich in der Operativabteilung des Generalstabs wieder, Ludendorff und Hindenburg waren seine Vorgesetzten. Dann baute er maßgebend die „Schwarze Reichswehr“ mit auf, welche trotz Verbots der Alliierten über 100 Flugzeuge in Ostpreußen versteckte und auf russischem Territorium Piloten ausbilden ließ. Bis 1927 galt Wever als einer der fähigsten Männer der Infanterie, vier Jahre später wurde er nach Berlin gerufen, den Aufbau einer neuen Luftwaffe vorzubereiten, die es bis 1935 gar nicht geben durfte. 1933 bezog er in Kleinmachnow ein Haus, machte den Flugschein, um in der hohen Stellung beweglich zu sein. Als Hermann Göring ihn dort besuchte, entsetzte er sich über den bescheidenen Lebensstil seines Luftwaffen-Chefs, welcher „nie in der Partei“ gewesen sein soll. Wever sah den Krieg kommen, konnte den Reichsminister für Luftfahrt aber nicht überzeugen, schwere Bomber bauen zu lassen. Das taten dafür die späteren Alliierten, mit verheerenden Folgen hierzulande. Bis zu seinem Tod war er überzeugt, Deutschland sei für einen neuen Krieg noch längst nicht gerüstet. Der Absturz selbst war nachweislich kein Sabotageakt der Naziführung, sagte Käbelman. Irgendwer habe vergessen, den General von einem neu eingebauten Hebel für die Trimmvorrichtung zu informieren. Der Tote wurde in Berlin aufgebahrt, dann mit der Stammbahn nach Kleinmachnow gebracht. Dem Staatsbegräbnis „mit Kanone“ schritt Göring voran, drei Flugzeuge warfen im Tiefflug Kränze ab, für jede Waffengattung einen. Der Ortschronist war übrigens auch dabei, als Dreimonatskind im Kinderwagen seiner Mutter. Am selben Platz traf er kürzlich einen 80-Jährigen, der letzte aus dem Jagdgeschwader 253, das den Namen Wevers trug, wie mehr als 70 Straßen in Deutschland den seines Clans bis heute.

Gerold Paul

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