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Potsdam-Mittelmark: Gespaltene Gefühle

Nach Öffnung der Umgehungsstraße setzen Michendorfer Gewerbetreibende auf Stammkundschaft

Michendorf – Still ist es geworden auf der Potsdamer Straße in Michendorf. Schwere Brummis sind kaum noch zu sehen. Und es gibt auch Augenblicke um die Mittagszeit, in denen auf der einstigen Hauptverkehrsader nicht ein Auto fährt. Seit dem 21. Dezember fließt der Fernverkehr zwischen Potsdam, Autobahn und Beelitz auf der neuen B2 zwischen Michendorf und Langerwisch, gesäumt von Lärmschutzwällen, fernab am Ortszentrum vorbei. „Gespaltene Gefühle“ hat die Vorsitzende des örtlichen Gewerbevereins, Dagmar Satorius, wenn sie an die Zukunft der Michendorfer Händler an der verkehrsberuhigten Hauptstraße denkt. „Einerseits gibt es jetzt die Chance, den Michendorfer Ortskern attraktiver für einen Einkaufsbummel zu gestalten“, blickt sie voraus. Andererseits würden viele Händler aber auch ihre Laufkundschaft vermissen.

Am härtesten hat es die einzige Michendorfer Tankstelle getroffen. Bisher war die Shell-Station direkt an B 2 und Autobahnabfahrt angebunden. Durch den neuen Straßenverlauf liegt sie jetzt de facto in eine Sackgasse und ist nur noch von Michendorf aus zu erreichen. Stationsleiter Gerald Friedrich spricht von etwa 60 Prozent Umsatzverlust seit Abkopplung vom überregionalen Straßennetz. Zum 1. Januar seien bereits die Konsequenzen gezogen worden. Zwei der bisher sechs Festangestellten mussten entlassen werden. Von den bisher zwölf Aushilfskräften würden nur noch vier benötigt. Vergeblich habe man versucht, auf die Straßenpläne Einfluss zu nehmen, erzählt Friedrich. „Mit einem Kreisverkehr hätte man die Tankstelle an die neue Straße anschließen können, ohne den Verkehrsfluss zu hemmen“, ist er sich sicher. Jetzt sieht er nicht weit entfernt den Fernverkehr vorbeirauschen und weiß, dass kaum noch ein Autofahrer extra von der Autobahn kommen wird. Umso mehr hofft Friedrich nun auf die Stammkunden. „Mit ihnen könnten wir das Überleben der Tankstelle sichern“, sagt er. Magisches Datum sei der Mai 2007. Dann müsste der bisherige Pachtvertrag für die Shell-Station verlängert werden.

Auch Gisela Kestein hat in ihrem kleinen Blumenladen an der Potsdamer Straße sofort gemerkt, dass die Umgehungsstraße eröffnet wurde. „Es fehlen die Durchreisenden, die bei uns schnell noch ein Weihnachtsgesteck oder Blumen gekauft haben“, sagt sie. Wie sich das Geschäft unter den neuen Bedingungen entwickeln werde, sei noch ungewiss. Monika Barth von der Michendorfer Apotheke empfindet es als angenehm, dass draußen jetzt nicht mehr der Schwerlastverkehr vorbei fährt. Ohne Fernverkehrsstraße seien die Gewerbetreibenden nun jedoch noch mehr auf Kundschaft aus der Region angewiesen. Deshalb sollte bei allen Plänen zur Umgestaltung der Ortsmitte darauf geachtet werden, dass sich die Anzahl der kostenfreien Parkplätze nicht verringere.

Schräg gegenüber der Apotheke betreibt Ronald Stein ein Geschäft für Schreib- und Spielwaren, Foto und Lotto. Er sieht die neue Ortsumgehung vor allem positiv, zumal er mit seiner Familie direkt über dem Geschäft wohnt. „Das Kinderzimmer liegt zehn Meter Luftlinie von der Potsdamer Straße entfernt, da wissen wir die neue Ruhe vor allem in den Nacht zu schätzen“, sagt der Geschäftsmann. Erst im Frühjahr werde man ein erstes Fazit ziehen können, wie sich die geänderten Verkehrsströme auf die Kundenzahlen auswirken. Große Befürchtungen hat er persönlich jedoch nicht. „Zu 95 Prozent haben bisher schon bei uns Stammkunden aus der Region eingekauft.“ Für sie würde sich Stein künftig größere Parknischen wünschen

Die Potsdamer Straße voll im Blick hat von ihrem Büro aus auch Michendorfs Bürgermeisterin Cornelia Jung. „Im Moment ist es wegen der Ferien überall noch ruhig auf den Straße, erst Mitte Januar wird sich ein realistisches Bild ergeben“, sagt sie. Die neue Situation müsste man nun vor allem als Chance für das Michendorfer Ortszentrum begreifen. Die ehemalige B 2 ist mit Wirkung vom 1. Januar bereits der Gemeinde übergeben worden. „Bei der bevorstehenden Eintragung ins Grundbuch müssen wir darauf achten, dass die Gemeinde vom Bund auch alle Splitterflächen links und rechts der Straße bekommt“, sagt sie. Für die Neugestaltung der Kreuzung Potsdamer Straße/Luckenwalder Straße sei bereits eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben worden. Sie müsse großzügiger gestaltet werden, zumal die Gemeinde den Radweg aus Richtung Fresdorf bis dorthin verlängern wolle. Auch für alle Ampeln an der Potsdamer Straße zeichne jetzt die Gemeinde verantwortlich. In einem Jahr müsse sie dem Land mitteilen, welche Anlagen erhalten und welche abgebaut werden sollen.

Ein zentrales Vorhaben bleibe laut Cornelia Jung die Neugestaltung des Parkplatzes neben dem „Apfelbaum“. Die könnte im Zuge eines geplanten Neubaus für Raiffeisen und Lidl geschehen. Auf eine entsprechende Bauvoranfrage liege jedoch noch keine Antwort vom Landkreis vor. „Wenn jedoch alle Stränge reißen, müssen wir die Gestaltung des Platzes als Gemeinde selbst in die Hand nehmen“, kündigt die Bürgermeisterin an.

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