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KulTOUR: Halb Mär, halb mehr? Kulturkreis Petzow zeigt „Quadratspiele“

Werder (Havel) - Erster Eindruck von der neuen Ausstellung vom Kulturkreis Petzow in der Schinkelkirche auf dem Berg: Alles rechteckig und ziemlich bunt. Unter dem vieldeutigen, auch englisch interpretierbaren Titel „list lost lust“ wagten acht Künstlerinnen der Region eine Neuauflage ihrer „Quadratspiele“.

Werder (Havel) - Erster Eindruck von der neuen Ausstellung vom Kulturkreis Petzow in der Schinkelkirche auf dem Berg: Alles rechteckig und ziemlich bunt. Unter dem vieldeutigen, auch englisch interpretierbaren Titel „list lost lust“ wagten acht Künstlerinnen der Region eine Neuauflage ihrer „Quadratspiele“. Sie dürfte es so leicht nicht haben, das Publikum zu überzeugen. Die allgemeine Idee besteht ja darin, allen individuellen Inhalt in ein Quadrat beliebigen Formates zu bringen, aber dieses Prinzip wird etliche Male zugunsten des konkurrierenden Rechtecks durchbrochen. Man findet Diptychons, Triptychons und noch vielgezähltere Formate, die bis zur Neune reichen, hier allerdings wieder ins Quadrat gebracht. Ute Fürstenberg hat diese Montage-Faltarbeit „Königskinder 1 - 9“ genannt. Man sieht darauf eigentlich nichts, nur jene Hindernisse, welche das abwesende Paar nicht zueinander kommen lassen, Spalten, Falten, Schlünde, eine Art plastische Geometrie in Reinweiß. Irgendwo dahinter, drinnen, wohnt wohl die Kunst.

Zu fragen wäre, warum man in einigen Fällen „mehr Form“ wählte, um weniger Inhalt herüberzubringen. Renate Müller beispielsweise formuliert den Satz „Was ist uns noch heilig“ zu einem Dreiteiler, dem zwei „Zusatzschilder“ für die restlichen beiden Worte beigegeben sind. Petra Walter-Moll stapelt jeweils zwei quer- und hochformatige Rechtecke zu einem Geviert, um ihre kulinarische Version der „Wanderungen durch die Mark“ sichtbar zu machen: Zu Streifen geschnittene Fotos von Möhren-Kartoffel-Brei, Pflaumenmus und Zwiebelkuchen“ als Gesamt-Collage. Anderenorts lässt sie „den Stolz des Mannes“ originalgetreu, aber pinkfarben, aus der pinkigen Bildfläche ragen.

Christine Radack montiert ihre Fotos ähnlich, nur etwas geflügelter. Wie Rot und Schwarz diese Schau, so scheint beim Kulturkreis Petzow das Handwerk gelegentlich über das Künstlerische zu herrschen: Um das Thema „Wissen“ zu veranschaulichen, klebte Renate Müller lediglich ein paar moderne Tonträger in ihr Quadrat. „Tango“, „Hoch im Tal“ und „Wellenlänge“ (Dorothea Neumann“) haben da eine andere Qualität.

Man findet auffallend viele reliefartige Strukturen. Mal ventilieren blau Spielzeug-Saurier (Hanne-Martje Münther) recht depressiv ihre dünne Plastik-Intelligenz, mal sieht sich eine armlose Porzellanpuppe in ein Eisengitter gesperrt, rote Disco-Kugeln daneben, ausgediente Tintenfässer links davon: Bei Kerstin Studt sind die Aussagen ziemlich deutlich. Es geht natürlich auch abstrakter. Ein Quadrat voll rechteckiger Streichholzschachteln (Dorothea Neumann) in soduko-ähnlicher Schwarz-Weiß-Bemalung, „Klötzchenspiel rot-schwarz“ von Ju Sobing verweisen auf höhere Sinngebung. Aber dann entdeckt man wieder Spielereien mit Messingnägeln und -haken auf sattem Blau, aufgeklebte Schnecken, die sowohl „Mamille“ wie, pardon, auch „Gruß aus Usedom“ bedeuten könnten.

Betrachtet man die Gesamtschau mit heiterem Gemüt, so lässt sich wohl mit List so manche Lust erkennen, Titel wie „Wendlandblues“ oder „Nachtmär“ wirken ja wie ein Versprechen. Die Gruppe hätte gewiss selbstkritischer sein können, nicht nur beim Umgang mit den oftmals ungemischten Farben. Einige dieser Konstruktionen sind weit von der Kunst weggerückt, ohne dem Naiven näherzukommen. „Mär“ ist eben nicht immer mehr.

bis 23. November in der Kirche Petzow, geöffnet samstags und sonntags von 11 bis 17 Uhr

Gerold Paul

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