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Potsdam-Mittelmark: „Ich bin nicht mehr die Jüngste“

Edeltraut Handke aus Rehbrücke feiert 100. Geburtstag. Solche Jubiläen gibt es immer öfter im Landkreis

Von Enrico Bellin

Potsdam-Mittelmark - Mäßigkeit in allen Dingen – das ist Edeltraut Handkes Geheimnis für ein langes Leben. Gestern feierte die Rehbrückerin, die seit 1948 in der Begasstraße wohnt, im Restaurant Oxhoft ihren 100. Geburtstag. Damit gehört sie zu einer wachsenden Gemeinschaft, die Zahl der über 100-Jährigen hat sich im Landkreis seit 2007 verdoppelt, mit weiter steigender Tendenz. „Sportlich muss man schon sein, um dieses Alter zu erreichen“, sagt die Jubilarin auf ihrer Feier. „Seit meinem neunten Lebensjahr war ich in einem Turnverein.“

Bis 2008 tanzte sie regelmäßig in einer Gruppe der Arbeiterwohlfahrt. Nach einem Fahrradunfall musste sie dem Sport jedoch Lebewohl sagen – im stolzen Alter von 94 Jahren. Nur daheim sitzt Edeltraut Handke seither trotzdem nicht: Einmal im Monat trifft sie sich mit anderen Rehbrücker Rentnern zum Kaffeeklatsch. „Bisher trafen wir uns alle zwei Wochen, aber das wird mir jetzt zu viel. Ich bin ja doch nicht mehr die Jüngste.“

War der 100. Geburtstag früher noch eine seltene Angelegenheit, so feiern in diesem Jahr – gute Gesundheit vorausgesetzt – 21 weitere Männer und Frauen im Landkreis dieses Jubiläum. Die älteste Frau in Potsdam-Mittelmark ist Else Gutsche aus Beelitz: Sie wurde am 2. September 1908 geboren und ist somit 105 Jahre alt. Insgesamt gibt es im Landkreis 63 Personen, die in diesem Jahr 100 Jahre oder älter werden. Zum Vergleich: In Potsdam sind es etwa 40, eine genaue Zahl gibt es aus dem Potsdamer Rathaus nicht.

In Nuthetal ist Edeltraut Handke mit ihrem hohen Alter noch eine Ausnahme: Ihre Freunde beim Kaffeeklatsch sind zwischen 70 und 80 Jahre alt und somit eine Generation jünger als die in Berlin aufgewachsene Jubilarin. Nach einem Bombenangriff hatte sie ihr altes Zuhause verlassen müssen, was sie noch immer als schlimmsten Moment ihres Lebens bezeichnet. 1943 floh sie mit dem neugeborenen Sohn zu einer Tante nach Aussig, dem heutigen Usti nad Labem, in Tschechien. Mit Zwischenstation im Brandenburger Süden zog sie 1948 nach Rehbrücke ins Haus der Schwiegereltern. Im gleichen Jahr kehrte ihr Mann Kurt aus der russischen Kriegsgefangenschaft zurück. „Das war der schönste Moment meines Lebens“, sagt Edeltraud Handke – und hat dabei noch immer feuchte Augen.

Ihre Gefühle kann sie kaum mit Gleichaltrigen teilen. „Einen Club der 100-Jährigen oder Ähnliches gibt es im Landkreis nicht, da wäre die Logistik in unserem großen Gebiet zu schwierig“, so Gabriele Lahn vom Landratsamt. In Groß Kreutz, Teltow und Bad Belzig steht in diesem Jahr jeweils ein 105. Geburtstag an, auch diese Orte liegen weit auseinander. Ein Konzept, wie mit dem steigenden Anteil älterer Menschen im Landkreis umzugehen ist, gibt es nicht.

Der Demografiebericht geht davon aus, dass die Zahl der über 65-Jährigen bis 2030 um 70 Prozent steigt. Lokal ist das Wachstum ungleich verteilt: Während im Süden der Anstieg nur bei einem Drittel liegt, soll die Gemeinde Stahnsdorf mit einem Anstieg von 119 Prozent am stärksten vom Alterungsprozess betroffen sein.

Dabei beweist Edeltraut Handke, dass Alter nicht immer mit Problemen verbunden ist. Sie benötigt kaum häusliche Pflege und lebt noch immer mit ihrem Sohn im Familiendomizil.Enrico Bellin

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