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DasWAR“S: Kaffeesahne aus Hohenschönhausen

DasWAR“S Woran Peter Könnicke morgen nicht denken möchte Manchmal, wenn ich erzähle, dass ich gerne laufe, werde ich gefragt, woran ich unterwegs so denke. Das ist ganz unterschiedlich.

DasWAR“S Woran Peter Könnicke morgen nicht denken möchte Manchmal, wenn ich erzähle, dass ich gerne laufe, werde ich gefragt, woran ich unterwegs so denke. Das ist ganz unterschiedlich. Manchmal grüble ich über Termine und die Arbeit nach. Manchmal stelle ich mir einen Wettkampf vor. Manchmal denke ich aber auch an gar nichts. Als ich Donnerstagmorgen joggen war, habe ich überlegt, ob ich zu meinem 10 Uhr-Termin in Berlin mit dem Auto oder mit der S-Bahn fahren soll. Als die Mauer noch stand, fand ich es immer aufregend, mit der Bahn nach Berlin zu fahren. Ich fand es spannend die weißen Hochhäuser von West-Berlin zu sehen. Zum anderen konnte man in Ost-Berlin super einkaufen. Meine Eltern waren jedes Mal begeistert, dass es in Berlin Kaffeesahne in Glasflaschen gab. Als 15-Jähriger war ich einmal zwei Tage allein in Berlin. Ich war zu einer Sichtung beim SC Dynamo Berlin eingeladen, schlief in einem Internat in Hohenschönhausen und sollte zeigen, wie gut ich Kniehebelauf und Hockstrecksprünge kann und wie schnell ich über 3000 Meter bin. Ich habe mich ziemlich allein in Hohenschönhausen gefühlt, nur die Kaufhalle fand ich toll. Kein Vergleich mit unserem Dorfkonsum. Ich kaufte drei Vanillequark und zwei Schokomilch in tollen Papppyramiden. Am nächsten Tag fiel ich durch die Sichtung, weil ich den 15 Kilometer-Lauf nicht geschafft hatte. Ich schätze, es lang am Quark. Da die S-Bahn nur 50 Minuten bis zum Nordbahnhof braucht, war ich vorgestern etwas zu früh bei meinem Termin. Ich saß an der Bernauer Straße und blickte auf den Mauerpark, wo sich eine Touristengruppe fotografieren ließ. Die ganze Bernauer ist aufgebuddelt, weil sie neue Straßenbahnschienen bekommt. An der Ecke zur Ackerstraße, wo vor genau 15 Jahren der Abriss der Mauer begann, steht ein Baustellenschild für ein neues Wohnhaus. Ein Mann mit einem Fernglas, zwei Lidl-Plastiktüten und einen Stoffbeutel mit der Aufschrift „Hier kommt Politik zum Tragen“ fragte mich, ob ich auch zur Pressekonferenz wolle. Er sei Journalist, meinte er, und schreibe für eine kanadische Zeitung. Gerade komme er aus China, vorher sei er in Dänemark zum 200. Geburtstag von Hans Christian Andersen gewesen, bevor er wegen der „Papstangelegenheiten“ nach Rom musste. Ich nickte ungläubig. Gemeinsam sahen wir dann einen Film, der vor 15 Jahren entlang der Mauer gemacht wurde. Er war sehr beeindruckend. Vielleicht geht er mir morgen durch den Kopf, wenn ich den Sanssouci-Marathon laufe. Hoffentlich muss ich nicht an Kaffeesahne denken.

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