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Potsdam-Mittelmark: Kind und Karriere klappt nur mit Netzwerk Zwei Teltower Firmen stellten CDU-Politikern ihre familienfreundlichen Konzepte vor

Teltow - Frauen, die arbeiten, sind ein Problem für die Arbeitgeber. Schon beim Einstellungsgespräch fürchten viele Personaler Ausfälle durch Schwangerschaft und Elternzeit.

Teltow - Frauen, die arbeiten, sind ein Problem für die Arbeitgeber. Schon beim Einstellungsgespräch fürchten viele Personaler Ausfälle durch Schwangerschaft und Elternzeit. „Wenn es soweit ist, müssen wir sehr kurzfristig Ersatz finden und wissen oft nicht, wie lange wir die Vertretung behalten können“, sagt etwa Michael Linden, Chefarzt der Teltower Reha-Klinik. Ein- bis zwei Jahre fallen die Frauen dann aus. Vieles müsse über persönliche Absprachen laufen – juristisch gebe es meist keine saubere Lösung.

Trotzdem ist Linden bemüht, ein familienfreundliches Arbeitsklima zu schaffen. Bei 80 Prozent weiblichen Angestellten bleibt ihm nichts anderes übrig. Pro Quartal werde hier im Schnitt ein Baby geboren, so Linden. Die Geburtenrate unter seinen Mitarbeitern spricht dafür, dass in der Reha-Klinik gelingt, was Politiker parteiübergreifend fordern: die Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

Das Thema hat sich auch die brandenburgische CDU auf die Fahne geschrieben. Eine Delegation aus vier Landtagsabgeordneten hat am Mittwoch zwei Teltower Betriebe besucht, um sich vor Ort einen Überblick über deren Familienfreundlichkeit zu verschaffen. „Es gibt immer wieder Firmen, da ist es klar nicht gewollt, dass Mitarbeiter Elternzeit nehmen“, erläuterte Roswitha Schier, arbeitsmarktpolitische Sprecherin der CDU-Landtagsfraktion. Das derzeit auch in der Union umstrittene Betreuungsgeld hält sie für einen Schritt in Richtung Wahlfreiheit der Eltern. Ihrer Ansicht nach reiften viele junge Eltern an der Zeit zu Hause mit ihrem Kind – was durchaus auch ein Gewinn für die Firmen sei.

Bei den Männern in der Baubranche setze sich diese Erkenntnis erst langsam durch, sagt Uwe Langleist, Geschäftsführer der Teltower Baufirma TRP. Einerseits hingen hier viele Männer noch dem konventionellen Rollenbild als Familienernährer an. Andererseits lasse sich Elternzeit bei den saisonal bedingten Arbeitszeiten auch schwerer umsetzen. Immerhin: Aktuell seien die ersten vier Väter bei der TRP in Elternzeit. Trotzdem gesteht auch Langleist: „Jeder Ausfall ist schmerzhaft.“ Trotzdem investiere er in doppelt besetzte Stellen, um seine Angestellten zu halten. Ein Grund: das Lohngefälle zwischen Berlin und Brandenburg. Rund drei Euro liege der Mindestlohn hier unter dem der Hauptstadt. „Da müssen wir eben abseits vom Gehalt mit anderen Dingen punkten – etwa bei der Familienfreundlichkeit“, so Langleist. Davon profitieren auch die Büroangestellten.

Tina Potocki etwa hatte nach ihrem BWL-Studium zunächst massive Probleme, einen Job zu finden. „Viele sagten mir direkt ins Gesicht, dass sie keine Mitarbeiterin mit Kleinkind wollten.“ Bei der TRP sei das kein Kriterium gewesen. Seit sie 2004 hier anfing, hat sie sogar noch ein zweites Kind bekommen, ihre Kollegin Jana Boecker hat drei.

Klar wurde bei den Firmenbesuchen aber auch: Trotz Kita-Betreuung funktioniert das Modell Kind und Karriere nur über ein Netzwerk aus Großeltern und Freunden. Das bestätigt Jana Boecker ebenso wie Christiane Tröger, Psychotherapeutin in der Rehaklinik. „An normalen Tagen läuft das System, das man sich aufgebaut hat“, erklärte die dreifache Mutter. „An Brückentagen oder in den Sommerferien schließen aber Kitas und Hort, und dann haben wir ein Problem.“ Kritik übt sie deshalb nicht an ihrem Arbeitgeber, sondern an den Betreuungseinrichtungen. In Schweden etwa sei es selbstverständlich, dass man seine Kinder auch nachts oder an den Feiertagen abgeben könne. Ein eigener Betriebskindergarten, der solche Schwierigkeiten abfedern könnte, lohne sich bei den 200 Mitarbeitern nicht, so Linden.

Viele Mütter hätten heute oft sehr individuelle Vorstellungen davon, welche Betreuung die beste für ihr Kind sei – und wollten sich die Kita deshalb selbst aussuchen. Mit der Stadt Teltow habe man aber abgesprochen, dass die Klinikmitarbeiter ihren Nachwuchs in den kommunalen Kindergärten unterbringen könnten.

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