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Montagetechnik: „Elbsandsteingebirge“ von Monika Olias.

© Kunst-Geschoss

KulTOUR: Lernen und Lehren im Kunst-Geschoss

Papier & Leim: Eine Ausstellung von Monika Olias und Christoph Knäbich in Werder

Werder (Havel) - Im Ambiente dieser neuen Ausstellung könnte man glattweg Brechts Lehrstücke vom Jasager und vom Neinsager spielen. In beiden Fällen geht es ja um das Verhältnis von Lehrer und Schüler. Während der dramatische Text der Frage nachgeht, ob man zum Heile aller ausgerechnet den Schwächsten, den Schüler, zurücklassen oder gar töten solle, scheinen in der Stadtgalerie Werder die Werke der Lehrerin ihren Schüler fast liebevoll zu umärmeln. Einem bindenden oder behütenden Bande gleich reihen sich die Arbeiten von Monika Olias auf Augenhöhe rings um das weiße Wandgeviert, Bild um Bild.

Freie Sicht also diesmal, keine Aufsteller inmitten. Dort nämlich hat Christoph Knäbich das Seine aufgebaut, Installiertes und Gebasteltes, was man auch Objekte nennt. Monika Olias ist Knäbichs Lehrerin seit seinem elften Jahr in Potsdam, er inzwischen selbst ein Lehrender – und wohl ein Freund der Geometrie, mithin des Pythagoras. Warum sonst hätte er sich die Mühe machen sollen, die Grundfläche seines vierzig Quadratmeter großes Ateliers durch sage und schreibe fünfhundertvierzig beschichtete Pappmaché-Dreiecke darstellen zu wollen, welche, gestaltet und gefaltet, in die dritte Dimension gebracht worden sind: Hier ein Bergspitz, dort ein Tal.

Auf den von ihm aus alten Möbeln gebauten Sitzelementen mag man grübeln, ob die gestalterischen Kräfte dieser „Promenade“ von oben oder von unten kamen. Vielleicht hat auch Dädalos Minotauros-Labyrinth als Vorbild gedient. Neben diesem Objekt, das man ja nicht unbedingt gleich Kunst nennen muss, hat Knäbich im Kunst-Geschoss noch Figurales aus Pressholzleisten zu bieten, „Les pleine“, „bend“ und „Laokoon“.

Seine Lehrerin zog es nach 1989 fast explosionsartig ins Weite hinaus. Reisen nach Italien, Frankreich, Griechenland, Israel. Wie sie das macht, ist ganz interessant, denn sie malt nicht auf auf einem reinen Untergrund, sondern auf einem mit Zeitungs- und anderem Papier präparierten, wobei sie, trotz mehr oder weniger temperamentvoller Übermalung (Aquarell, Gouache, Acryl), die Grundschicht samt aktueller Meldung noch hindurchschauen lässt. Was später Ruine war, wurde ja selbst auf Ruinen gebaut. Oder sie überklebt und schichtet.

So entstanden ihre in blassen Tönen gehaltenen Rom-Bilder, solche von Jaffa oder Roussillon, wobei sie oftmals verwandte Tönungen bevorzugt, ein wässriges Grün und Blau etwa in „Dramatische Landschaft“. Wo sie gegenständlich oder auch halbgegenständlich („Elbsandsteingebirge“) bleibt, kommt ihre Montagetechnik der Motivik entgegen, bei den farbintensiven Abstraktionen ist es gelegentlich umgekehrt. Da kann mal ganz ungewollt etwas Ruine oder leblose Flächigkeit werden, trotz aufgesetzter Gitterstruktur.

Farbgestalterische und kompositorische Vorbilder sind manchmal erkennbar, sie lassen den Anteil der Lehrenden als Lernende erkennen, aber das war bei Brecht ja genauso. „Durchbruch 2011“ ist ihre Schenkung an die Galerie, das übliche Donum aller Aussteller. Des Galeriebesuchers Kopf und Herz mögen hinzudenken, was den Augen an sichtbarer Korrespondenz zwischen Lehrer und Schüler in dieser mit „Papier & Leim“ viel zu materiallastig benannten Ausstellung zu fehlen scheint. Fruchtbringend ist sie allemal, wie jede zuvor im Kunst-Geschoss auf der Werderaner Insel, wie jedes Lehrstück von Brecht. Denn was wäre der Mensch ohne Lernen? Gerold Paul

bis zum 28. Oktober immer Do., Sa. und So. 13 - 18 Uhr

Gerold Paul

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