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Potsdam-Mittelmark: Mit der „Schwalbe“ auf den Acker

Ein schneller Ministerpräsident und ein rasender Reporter eröffneten die Spargelsaison

Ein schneller Ministerpräsident und ein rasender Reporter eröffneten die Spargelsaison Von Hagen Ludwig Beelitz · Klaistow - Dutzende Fotografen und Kameraleute, drängelnde Journalisten und Hunderte Zuschauer: Noch nie war der Medienrummel zur Eröffnung der brandenburgischen Spargelsaison so groß wie gestern auf dem Klaistower Spargelhof von Buschmann und Winkelmann. Standesgemäß wurde die neue Spargelkönigin Nicole Szust von kräftigen Landarbeitern in einer Sänfte herangertragen. Ihre erste Amtshandlung: eine herzliche Umarmung mit Ministerpräsident Matthias Platzeck. Der war zuvor noch bei der Eröffnung des Europaradweges in Ferch gewesen, hatte sich dort aber beeilt wie Profi-Radler Jan Ullrich, um möglichst schnell auf den Spargelhof zu kommen. Schnell geriet er an der Seite der charmanten Königin ins Schwärmen. „Der Spargel ist mittlerweile zu einem ganz wichtigen Aushängeschild für Brandenburg geworden“, betonte Platzeck. Plötzlich ertönte das laute Knattern einer „Schwalbe“. Attila Weidemann, bekannt als Rasender Reporter vom RBB, hatte „weißen Rauch vom Spargelhof aufgehen sehen“, und war von seinem Heimatort Werder sofort in Richtung Beelitzer Sander aufgebrochen, um die Moderation an sich zu reißen. Ob Platzeck nach seinem jüngsten Treffen mit Kanzler Gerhard Schröder nun Minister für Spargel- und Familienpolitik im Bundeskabinett werde, wollte der forsche Reporter wissen. Er bleibe im Land, versicherte der Ministerpräsident, bevor er mit einem Erntehelfer–Bus auf die staubigen Spargelfelder zum offiziellen Anstich fuhr. Umsonst war die Angst, der Frost der vorangegangenen Nacht habe vielleicht die ersten zarten Spargelköpfchen erfrieren lassen. „80 Prozent unseres Spargelstangen wachsen zur Zeit noch unter Folie, da kann ihnen ein kurzer Kälteeinbruch nicht viel anhaben“, erläuterte der Vorsitzende des Beelitzer Spargelvereins, Manfred Schmidt. Die Preise für das Edelgemüse sollen auf dem Vorjahresniveau stabil bleiben. Zum Saisonbeginn werde das Kilogramm laut Schmidt noch zwischen sieben und neun Euro kosten. „Unser Anspruch ist, immer höchste Qualität zu bieten“, erklärte Schmidt. Deshalb werde in der Region Beelitz nur auf wirklich geeigneten Böden das Edelgemüse angebaut. Eine deutliche Ausweitung der Anbaufläche über die jetzt 940 Hektar hinaus sei kaum denkbar. Im Land Brandenburg wird laut Agrarministerium auf rund 2000 Hektar Spargel angebaut. Die Region Beelitz gilt mit einem Ertrag von rund 5000 Tonnen als größtes Spargelgebiet Ostdeutschlands. In Klaistow haben Ernst-August Winkelmann und Jörg Buschmann mit 350 Hektar den größten Spargelbetrieb des Landes. Buschmann verwies nochmals darauf, dass es ohne die rund 500 polnischen Erntehelfer nicht die zahlreichen deutschen Arbeitsplätze auf dem Hof geben würde. Auf dem Erlebnishof mit ganzjähriger Saison sind 300 Menschen der Region Vollzeitangestellte – davon 70 ganzjährig – und 179 Teilzeitbeschäftigte - davon 23 das ganze Jahr. Zu einem Besuchermagnet ist der große Hofladen mit Restaurant geworden, wo gestern erntefrischer Spargel mit Müller-Thurgau-Wein vom Werderaner Wachtelberg gereicht wurde. Mit einer großen Spargelpyramide wird die Region Beelitz heute für das königliche Gemüse vor dem Roten Rathaus in Berlin werben. Der nächste große Auftritt also für die Spargelkönigin, doch Lampenfieber kennt Nicole Szust nicht. Schließlich tanzt sie seit Jahren in der Funkengarde des Beelitzer Karnevalvereins. Der huldigt seit eh und je dem königlichen Gemüse auf seine Weise mit dem Schlachtruf „Spargel – Spitz“.

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