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KulTOUR: Mozart fest im Griff

Das Deutsche Kammerorchester Berlin mit Mozart und Tüür im Augustinum

Kleinmachnow - Das Mozartjahr ist 19 Tage jung und trotz all dem Brimborium, den Buchveröffentlichungen, den Huldigungen und den zahllosen Erklärungsversuchen, die uns schon beschert wurden. Trotz all der großen Ankündigungen für die verbleibenden 346 Tage im kollektiven, 250-jubilierenden Mozarttaumel kann schon jetzt festgestellt werden: Herr W. A. Mozart ist nicht so recht zu fassen. So viele Briefe, so viele Bilder, so viele Meinungen, da qualmt einem schier der Kopf. Zum Glück gibt es noch genug Leute, die sich auf das Wesentliche bei Mozart konzentrieren: seine Musik.

Markus Poschner ist einer von diesen. Gerade 34 Jahre alt, seit sechs Jahren Chefdirigent des Georgischen Kammerorchesters und für die Saison 2006/07 als Kapellmeister an der Komischen Oper Berlin verpflichtet. Am Dienstag kam Poschner mit dem Deutschen Kammerorchester Berlin in den Saal des Kleinmachnower Augustinums. Generalprobe für den Auftritt am darauffolgenden Tag in der Berliner Philharmonie. Mozarts Sinfonie Nr. 39 und Nr. 41 standen neben dem Konzert für Violoncello und Orchester von Erkki-Sven Tüür auf dem Programm.

Die Sinfonien Nr. 39 und 41 gehören zu den letzten drei Sinfonien die Mozart im Sommer 1788, drei Jahre vor seinem Tod, innerhalb von neun Wochen komponiert haben soll. Es gab keinen Auftraggeber, auch über eine Aufführung zu Mozarts Lebenszeit wird spekuliert. Genug Möglichkeiten also, um die Legende zu stricken, der Komponist habe hier vorsorglich sein musikalisches Vermächtnis geschaffen. Im Alter von 32 Jahren!

Poschner scheren diese Geschichten nicht. Er tritt auf die Bühne und hat Mozart fest im Griff. Schon das Adagio zur Sinfonie Nr. 39 Es-Dur KV 543 gerät zu einem packenden Erlebnis: Aufbrausend, kraftstrotzend und doch mit nötigem Feingefühl für das Ouvertürenhafte. Das Andante ein zartes Gespinst, die Streicher hier mit lyrischem Ton, sich immer mehr erhebend. Das Menuett noch als burlesker Einschub mit ausgelassener Beiläufigkeit, gestalten Poschner und das Kammerorchester das Finale als fintenreiches Hakenschlagen. Aufreibend und irreführend, wie Mozart mit perfekter Hinhaltetaktik den Schluss hinauszögert. Schlichtweg überragend, wie den Musikern diese Finale zum erfrischenden Veitstanz wird.

In der so genannte „Jupiter-Sinfonie“ – Nr. 41 C-Dur KV 551 –, die gern als „Triumph der neueren Tonkunst“ bezeichnet wird, lässt Poschner Zurückhaltung walten. Das Allegro eher aus der Hinterhand, gemahnt der Dirigent immer wieder zu leisen Tönen. Im Andante dann viel Raum und viel Zeit – Poschner nimmt die Tempobezeichnung „ein wenig bewegt“ sehr wörtlich. Erst im Molto allegro mit seiner eindeutigen Finalstruktur, die später Beethoven in seinen Sinfonien aufgriff und weiterentwickelte, lässt Poschner die Kammermusiker wieder von der Leine und jagt sie fast schon in einen furiosen, rauschhaften Schluss.

Dazwischen das Konzert für Violincello und Orchester des 1959 geborenen Esten Erkki-Sven Tüür. Poschner konnte für diese moderne Komposition den Cellisten David Geringas, Rostropovich-Schüler und Dozent an der Berliner Hochschule für Musik „Hanns Eisler“, engagieren. Geringas mit straffem Ton, bedrohlich vom ersten Takt an. Er und das Kammerorchester schaffen ein willkommenes Gegeneinander im Atonalen. Immer wieder finden Orchester und Solist in kurzen harmonischen Phasen zueinander. Ein Luftholen nur, bevor diese Tour de Force wieder an Fahrt gewinnt. Ein nicht immer einfacher aber außergewöhnlich gelungener Kontrapunkt zur Mozartschen Ausgelassenheit. D.Becker

D.Becker

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