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Aus dem GERICHTSSAAL: Neurochirurg als Betrüger? Anklage: 60 000 Euro zu Unrecht abgerechnet

Teltow – Der Teltower Neurochirurg Manfred K. (57) konnte über Patientenmangel nicht klagen.

Teltow – Der Teltower Neurochirurg Manfred K. (57) konnte über Patientenmangel nicht klagen. Er hatte sich zum Schmerztherapeuten qualifiziert, leistete anerkannte Arbeit. Die Krankenkassen zahlten zwei Jahre lang alle Rechnungen des Mediziners, dann sah die Kassenärztliche Vereinigung (KV) mit Sitz in Potsdam genauer hin und stellte fest: Manfred K. müsste täglich fast rund um die Uhr geschuftet haben. Da dies schlichtweg unmöglich schien, befragte sie die Patienten. Fazit: Zahlreiche der abgerechneten Behandlungen fanden so nie statt. Der Staatsanwalt wurde eingeschaltet. Enttäuschte Schmerzgeplagte kehrten der Praxis den Rücken.

Gestern saß Manfred K. wegen Abrechnungsbetruges in 11 Fällen auf der Anklagebank des Schöffengerichts. Neben ihm seine Kollegin und Lebenspartnerin Sylvia S. (58). Sie soll dem Arzt Beihilfe geleistet haben. Über 60 000 Euro – so der Staatsanwalt – habe sich der Neurochirurg zwischen Juni 2000 und Dezember 2002 erschlichen, indem er die Gebührenziffer 450 bei der KV abrechnete. Selbige setzt voraus, dass ein kontinuierliches EKG-Monitoring über mindestens 30 Minuten beim Patienten erfolgt. Die dafür erforderlichen Geräte soll sich der Angeklagte allerdings erst Anfang 2003 angeschafft haben. Sylvia S. soll laut Anklage mit den Kassenabrechnungen befasst gewesen sein. Sie habe gewusst, dass die für die Ziffer 450 erforderliche Überwachung nicht vorgenommen wurde.

Die Angeklagten schwiegen zu den Tatvorwürfen, äußerten sich lediglich zu ihren persönlichen Umständen. So berichtete Manfred K., dass er inzwischen eine Praxis in Schwedt betreibe, deren Einnahmen die Ausgaben bei weitem nicht decken. Wegen hoher Schulden sei er jetzt in die Insolvenz gegangen. Sylvia S. ist gelernte Krankenschwester und Soziologin, arbeitet derzeit als gering Beschäftigte in der Praxis ihres Partners.

Aus Sicht der Verteidigung hätte die Kassenärztliche Vereinigung den entstandenen Schaden inzwischen längst verrechnet, indem sie dem Arzt nur noch Abschlagszahlungen bewilligte. „Die leben von den Geldern, die wir erarbeiten“, erklärt der Angeklagte während einer Pause auf dem Gerichtsflur. „Eigentlich sollten Ärzte und KV zusammenwirken. Doch das Abrechnungssystem wird ständig komplizierter, kostet uns immer mehr Zeit, die wir dringend für die Patienten benötigen würden.“ Zurück im Verhandlungssaal betont ein als Zeuge geladener KV-Mitarbeiter: „Im Falle einer Verurteilung wegen Abrechnungsbetruges drohen dem Angeklagten der Verlust seiner kassenärztlichen Zulassung, ja sogar der Entzug der Approbation.“ Doch so weit kommt es nicht. Da das Gericht die genaue Höhe des entstandenen Schadens nicht mehr ermitteln kann, die Sache zudem lange zurück liegt, stellt es das Verfahren gegen Zahlung einer Geldbuße von 2000 Euro ein. Hoga

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