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Aus dem GERICHTSSAAL: Rachedurstige Brüder

Sie hatten einen Nachbarn gewürgt und mit dem Tode bedroht

Aus dem GERICHTSSAALSie hatten einen Nachbarn gewürgt und mit dem Tode bedroht Teltow – Die zwei Brüder auf der Anklagebank des Amtsgerichts sind sich keiner Schuld bewusst. Nicht sie, sondern ihr zugezogener Nachbar Peter P. sei der Streithammel, beteuern sie einstimmig. Aber eigentlich sei dessen Hund noch viel schlimmer. Der pinkle an sämtliche Gartenzäune der Siedlung, besonders oft und intensiv allerdings an den ihrer Mutter. Um jedem Zoff aus dem Weg zu gehen, würden sie den Nachbarn eisern ignorieren. Am 17. März vorigen Jahres war es aber mit der Selbstbeherrschung der Brüder vorbei. In dunkler Nacht sollen Fritz* (39) und Franz F.* (38) den unliebsamen Mitbewohner der Siedlung ergriffen, gewürgt und gegen einen Zaun gedrückt haben, bis der zu Bruch ging. Dabei sollen sie gedroht haben, ihn umzubringen und einen Russen vorbeizuschicken, falls er sich nicht bei ihrer Mutter entschuldigt. Fritz und Franz F. wiegeln ab. „Wir wollten ihn nur zur Rede stellen.“ Am Vortag – so Franz F. – sei Peter P. mit seinem Auto auf die Fahrrad fahrende Mutter der Brüder zugebraust. Die knapp 70-Jährige habe einen Schock erlitten und sich stundenlang nicht erholt. „Ich fragte ihn, was das sollte. Da hob er seine Faust. Ich fühlte mich bedroht und habe seinen Arm festgehalten. Plötzlich sind wir nach hinten auf den Zaun gefallen.“ Mehr sei nicht passiert, beteuert Fritz F. Das ärztliche Attest spricht eine andere Sprache. Da ist von Würgemalen, Hautabschürfungen, Hämatomen an Brust und Rücken, Muskelzerrung und Muskelstauchung des Opfers die Rede. „An diesem Abend ging ich wie immer mit meinem Hund Gassi“, berichtet Peter P.* (43) im Zeugenstand. „Plötzlich hielt ein roter Nissan-Jeep neben mir, die Brüder F. sprangen heraus und brüllten, da ist das Schwein. Dem werden wir es jetzt besorgen.“ Ehe er sich''s versah, sei er von dem Duo an den Armen ergriffen und rücklings gegen den Zaun gedrückt worden. „Ich dachte, die wollten mich aufspießen. Die Zaunlatten piekten mir schon in die Nieren“, erinnert sich der Zwei-Meter-Mann. Während des Martyriums hätten Fritz und Franz F. unentwegt geschrien, du Schwein hast unsere Mama bedroht. Wenn du dich nicht bei unserer Mama entschuldigt, bringen wir dich um. „Irgendwann gab der Zaun nach und wir lagen alle am Boden.“ Franz F. habe ihn dann in den Schwitzkasten genommen, ihm mit seinem Unterarm die Luft abgeschnürt. „Haben Sie denn die Mutter der Angeklagten tatsächlich mit ihrem Auto erschreckt?“, fragt Amtsrichterin Waltraud Heep. Peter P. – er tritt im Prozess als Nebenkläger auf und überlegt ernsthaft, sein Teltower Grundstück zu verkaufen – schüttelt den Kopf. „Ich bin ganz normal auf der unbefestigten Straße gefahren, allerdings dicht am Radweg.“ Aus seiner Sicht habe es keine Beeinträchtigung der Rentnerin gegeben. „Wir gestatten keine Lynchjustiz. Es gibt die entsprechenden Organe, bei denen man falsches Verhalten anzeigen kann“, wendet sich die Vorsitzende an die rachedurstigen Brüder. Nach einer kurzen Beratung wird das Verfahren mit Zustimmung aller Beteiligten eingestellt. Ihr falsch verstandener Beschützerinstinkt kostet Fritz und Franz F. allerdings je 2000 Euro. Gabriele Hohenstein

Gabriele Hohenstein

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