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KulTOUR: Rein wie Poesie

„Grenz-Erfahrungen“ im Z300 in Kleinmachnow

Kleinmachnow - Es geht voran am Zehlendorfer Damm, wenigstens in der Nummer 200. Das ehemalige Landarbeiterhaus, lange am Platze, wird nun von Gemeinde und Vereinen als Kunstraum und Ausstellungsort genutzt. Wie erfolgreich die von Rainer Ehrt und dem Verein „Die Brücke“ erdachte Konzeption sein kann, zeigt die erste Exposition 2014, „Grenz-Erfahrungen I“ betitelt.

Vielleicht war der heftige Besuch zur Vernissage der Verbundenheit mit dem aktuellen Kulturland-Thema „Preußen – Sachsen – Brandenburg. Nachbarschaften im Wandel“ geschuldet. Vielleicht auch hat die Künstlergemeinschaft E.R.N.A. und Paul Böckelmann, im Grenzgefilde zwischen Altsachsen und Neu-Brandenburg schaffend, diesseits und jenseits des unsichtbaren Limes Fans zuhauf, man weiß es nicht genauer. Jedenfalls war die Bude voll, und alle voll zufrieden.

Nun wird die mehr der Politik anhängende Kulturland-Truppe womöglich unter „Grenzerfahrung“ etwas anderes verstehen als der normale Besucher. Etwas Historisches, Politisches im Kontext der Zeit, die sich wandelt wie er. Kunst aber sollte sich von aller Unbeständigkeit fernhalten, Dauer muss sie suchen, Ewigkeit vielleicht. Mehr jedenfalls, als sich über dauernd veränderte Grenzen sagen ließe. Insofern darf man wohlgemut davon ausgehen, dass E.R.N.A. und Paul Böckelmann aus Altenau nahe dem elbnahen Mühlberg mit „Grenz-Erfahrungen“ etwas anderes meinen als die Damen und Herren der Ordnung. Ihre Wirklichkeiten sind stets künstlerisch-poetischer Art, das ist nicht mal bei ihresgleichen selbstverständlich! Ein dreifaches Rezeptionsangebot also zu Zeichnungen, Tuschen und keramischem Werk im „Z 200“.

Ein ganzer Raum ist Paul Böckelmanns Versuchen gewidmet, behufs Ölfarben, Sand und Spachteltechnik das Thema „Himmel“ seriell abzuarbeiten. Das ist nicht mehr als Himmel, auch ziemlich dekorativ. Tuschen auf Bütten der zarten, fragilen Art in fließenden Tönen seiner Gattin und Partnerin im zweiten Raum. E.R.N.A. nennt die Serie „Konsequent“, vielleicht eine ganz persönliche Grenzerfahrung ihrer Natur. Nebenan sind etliche, teils fantastische Kopfstudien in lebendigen Farben zu sehen, ein melancholischer Clown oder ein nestbehaarter Frauenkopf. Auch keramische Figurationen von ihrer Hand, „Dreiklang“ etwa, oder die wunderlich schönen „Stilblüten“. Spielerisch-begnadetes Künstlertum!

Paul Böckelmann ist stark in der Gestaltung ausdrucksvoller Farbholzschnitte, in der Reihe „Spielleute“, die etwas Skizzenhaftes an sich tragen, aber auch so modern wie poetisch sind. Die zwanzig mit Tusche, Aquarell und Buntstift geschaffenen Farbzeichnungen „Totentanz“ zeigen Variationen einer Frau mit dem schwarzen oder geweißten Todesgerippe, teils lustig, teils nicht. Sollte Kulturland dies etwa mit „Grenzerfahrung“ meinen? Na, was wäre dann Sachsen, und wer das Weib? Wer im Grenzgebiet zum nahen Sachsen lebt, muss ja noch lange kein Botschafter sein!

Trotz allem, so vielseitig diese Künstlergemeinschaft in ihrem umgebauten Dreiseithof mitwirkt, so vielgestaltig und vielgesichtig ist diese Ausstellung. Sie gibt, in künstlerischer Dichte, wunderbare Impulse, vieles ist rein wie Poesie, schön und männiglich anzuschauen. Die Grenzen zieht man ja innen selber. Gerold Paul

bis 16.2. Sa. und So. von 14 bis 18 Uhr Kleinmachnow, Zehlendorfer Damm 200

Gerold Paul

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