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Aus dem GERICHTSSAAL: Tankstellen-Video führte zum Täter

Anklage schrumpfte von 34 Betrügereien auf vier

Beelitz - Den ersten Verhandlungstermin hatte Stefan S.* (30) „verschwitzt“. Zur Neuauflage seines Prozesses wegen Kreditkartenbetruges wurde der Arbeitslose jetzt von zwei Wachtmeistern in Handfesseln vorgeführt. Und er hatte unverschämtes Glück. Da es die ermittelnden Polizisten offensichtlich versäumt hatten, wichtige Spuren zu sichern, wurde der Berliner nicht – wie ursprünglich angeklagt – wegen 34 Taten verurteilt, sondern lediglich wegen vier Betrügereien. Hinzu kamen Hehlerei und Urkundenfälschung. Die ausgesprochene Geldstrafe von 2100 Euro träfe den Hartz IV-Empfänger zwar hart, sie sei aber ausgewogen, betonte Amtsrichter Thomas Lange.

Laut Staatsanwaltschaft soll Stefan S. am 5. Oktober 2006 in einem Altenheim in Beelitz-Heilstätten eine Jacke samt Brieftasche mit 320 Euro Bargeld, Führerschein, Personalausweis und EC-Karte aus einem Werkstattwagen gestohlen haben. 34-mal habe er anschließend mit der Kreditkarte per Lastschriftverfahren eingekauft, vorwiegend Lebensmittel und Kleidung, auch sein Auto betankt, so die Anklage. Den Händlern soll ein Schaden von 2880 Euro entstanden sein.

„Die Karte habe ich von einem Mädchen in der Disko bekommen. Ich habe sie nicht geklaut“, versicherte Stefan S.. Allerdings habe er sie an einen in Insider- kreisen bekannten Kreditkartenbetrüger namens Lars L.* weitergegeben. Lars L. sei für den Großteil des verursachten Schadens verantwortlich, beteuerte der Angeklagte. „Der hatte teilweise bis zu 50 Geldkarten, immer die tollsten Klamotten und die schicksten Leihwagen.“

Einige Male habe er die Karte allerdings auch selbst benutzt, gestand der gelernte Fliesenleger. So am 14. Oktober 2006, als er in einer Tankstelle von der Überwachungskamera erfasst wurde. Bei der anschließenden Hausdurchsuchung stellte die Polizei bei Stefan S. fünf weitere gestohlene Geldkarten sicher. „Die gehörten alle Lars L.. Der wohnte damals bei mir“, beteuerte der Angeklagte.

„Wir haben die Geldkarten in der Brieftasche des Angeklagten gefunden“, so der Polizeibeamte Uwe S. (44). Ein Kollege habe auf der Couchtisch-Ablage weitere Karten entdeckt. „Stimmt nicht. Die waren in der Reisetasche von Lars L.“, begehrte Stefan S. erregt auf. „Definitiv nicht“, entgegnete der Zeuge bestimmt.

„Haben Sie Fingerabdrücke von den Geldkarten gesichert?“, fragte der Staatsanwalt. „Der glatte Kunststoff ist als Spurenträger nicht geeignet“, klärte der Beamte das Gericht auf. Auf die Idee, die Lastschriftbelege mit der gefälschten Unterschrift daktyloskopisch zu untersuchen, kam die Polizei wohl nicht. So waren dem bislang nicht Vorbestraften nur drei Taten nachzuweisen, die er eingestand, sowie das per Video aufgezeichnete betrügerische Tankgeschäft. (*Namen geändert.) hoga

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