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Noch nicht auf Tuchfühlung. Für den Swingtanz müssen die Tanzpartner noch lernen, locker zu werden.

© Andreas Klaer

Potsdam-Mittelmark: Tanzende Geschichtenerzähler

Ein neues Tanztheater bringt Schüler, Flüchtlinge und Senioren auf die Bühne der Kammerspiele in Kleinmachnow

Von Eva Schmid

Kleinmachnow - Die Musik dröhnt los, etwas verschüchtert setzt sich die Jugendgruppe vor dem Spiegel in Bewegung. Arme gehen hoch, ein Schritt nach links, einer nach rechts. Einer stolpert, eine nimmt einen zu großen Schritt. Doch spätestens, wenn aus den Lautsprechern Michael Jacksons langgezogenes „Uhuhuu“ am Ende seines „Earth Songs“ dröhnt, klappt es mit der Choreografie.

Das Tanzprojekt, für das die Jugendgruppe übt, ist ambitioniert: Zwei Choreografinnen wollen Schüler, junge Flüchtlinge und Senioren auf die Bühne der Kleinmachnower Neuen Kammerspiele bringen. Vier Geschichtenerzähler, darunter auch die Berliner Schauspielerin Maria Mägdefrau, lesen Märchen aus Syrien, Ghana, Deutschland und Pakistan vor. Die buntgemischte Tänzertruppe interpretiert das Erzählte in einer Tanzperformance. Da werden die Hüften à la Bollywood geschwungen, getrommelt beim Stocktanz und Hip-Hop-Moves mit Rollatoren verbunden.

Jeder tanzt so, wie er kann: Die Jugendlichen in schnellen, kräftigen Bewegungen, die älteren Tänzerinnen vom Stuhl oder Rollstuhl aus. Würden alle Beteiligten gleichzeitig auf der Bühne stehen, käme man auf 50 Köpfe, schwärmt Gabriele Bayertz. Die Berlinerin hat zusammen mit einer weiteren Tanzpädagogin, Christine Gensler, das Stück entwickelt. Die Idee dazu hatte Kammerspiel-Geschäftsführerin Carolin Huder. Sie habe schon lange ein interkulturelles Projekt in den Kinoräumen umsetzen wollen, erzählt Bayertz.

Was haben Schüler, Flüchtlinge und Senioren gemeinsam, fragten sich anfangs die Tanzpädagoginnen und kamen auf die Idee mit den Geschichten und Märchen. „In ihnen werden universelle Werte erzählt, und überall auf der Welt gibt es Märchen“, sagt Bayertz. In dem Tanzstück „Storyteller“ gehe es daher um Liebe, Freundschaft, Solidarität und Zeit. Geplant sind vier Akte, die Essenz aus jedem Märchen werde choreografiert.

Doch bis sich 50 Tänzer gleichzeitig zum Takt in Bewegung setzen, sind viele Proben nötig. Mit den 25 Schülern einer zehnten Klasse des evangelischen Gymnasiums in Kleinmachnow wurde ein halbes Jahr lang geprobt, etwas später kamen die zehn jungen Asylbewerber hinzu. Zum Training mit den 15 Seniorinnen fuhren die zwei Tanzlehrerinnen regelmäßig ins Kleinmachnower Pflegeheim „SenVital“.

„Die Proben waren sehr unterschiedlich“, erzählt Bayertz. Die Schüler waren motiviert, bei den Flüchtlingen war schnell klar, dass in den Wohnheimen die Tänze nur schwer einstudiert werden konnten. Sobald die Musik anfing, sei die Tanzgruppe von neugierigen Kindern umringt gewesen, die alle mittanzen wollten. „Auch eine Regelmäßigkeit hinzubekommen, war nicht einfach.“ Mit den Senioren sei es großartig gelaufen. „Die sind jetzt richtig fit“, sagt sie und lacht.

Zum ersten Mal werden alle gemeinsam in den kommenden Tagen auf der Bühne stehen, davor wurde getrennt geprobt. Aufgeführt wird das Stück dann am 16. Januar. Bis dahin müssen die jungen Männer noch oft ihre Nadelstreifenhüte ziehen, um das ganz nonchalant wirken zu lassen. Und die jungen Mädchen mit ihrem 20er-Jahre-Kopfschmuck und den Absatzschuhen lernen, beherzt die Tanzpartner an den Händen zu fassen. Bisher hält man noch großen Abstand beim gemeinsamen Swingtanz. Über so viel Schüchternheit indes kann die Riege der Älteren nur schmunzeln – vermutlich wäre es ihnen in jungen Jahren ähnlich ergangen. Eva Schmid

Das Tanzstück „Storyteller - home is, where your story is told!“ wird am Samstag, dem 16. Januar um 18 Uhr in den Neuen Kammerspielen, Karl-Marx-Straße 18, aufgeführt. Der Eintritt ist frei, um Spenden wird gebeten.

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