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KulTOUR: Überall Miniaturen

Im Bonsaigarten hat sich was zusammengereimt

KulTOURIm Bonsaigarten hat sich was zusammengereimt Schwielowsee·Ferch - „Hier entsteht ein Generationenhaus“, verkündet unübersehbar ein Schild unter Kiefern auf dem 1500 Quadratmeter großem Anwesen von Tilo Gragert. Ein Doppelhaus in massiver Ziegelbauweise, mit einem Zwischenstück verbunden. Japanisch, klar. So japanisch wie sein viel besprochener und viel gelobter Bonsai-Garten in Ferch-Mittelbusch, ein Familienunternehmen, wie die Informationstafel am Eingang verkündet. Baummyrte, Wacholder, Fächerahorn stehen am Weg, allesamt betagte Burschen, der älteste 125 Jahre alt, vom Baummeister selbst aus einem Zweieinhalb-Meter-Gehölz gezogen, oder besser: zurückgeschnitten. Großer und kleiner Rundgang an den drei Teichen entlang, darin sich Koi’s, japanische Karpfen, dutzendweis tummeln, oder auf harmonisierten Steinen darüber, eine kleine Buxus-Wiese vor der schützenden Hecke. Dann der Pavillon „Tilo ji“, klar, im japanischem Stil, aus dem sanfte Musik ertönt. Nippon ist allewege an dieser aufgeputzten Straße. Eine Oase der Harmonie, des Friedens, der schöngepflegten Miniaturen, herrlich. Hierher zieht es einmal pro Woche die betagte Potsdamerin Irmgard Meister nach dem Motto „Blauer Himmel, Frühlingswetter/da frag ich mich, was wäre netter/als wieder einmal durchzustarten/in den beliebten Bonsaigarten“ . Sie kommt immer mit dem Bus, setzt sich auf eine der Bänke – und entdeckt dabei Dinge, die selbst Tilo Gragert entgangen sind, der dieses Anwesen seit 1995 führt und aufgebaut hat. Flugs wird auch daraus ein Reim nach Art von Wilhelm Busch gemacht, etwa so: „Was hockt da zwischen Bonsais rum? Gehört denn das zum Publikum? Oder lebt es etwa hier/dieses ulk’ge Schnabeltier?“ Die Sache mit dem Feigenblatt in Männersachen ist auch nicht ganz ohne. Am vergangenen Samstagnachmittag gab es unter dem Titel „So kann man es auch sehen“ eine Vernissage im „Tilo ji“ mit Fotographien und Gedichten der temperamentvollen 95-Jährigen. Sie las mit Esprit und Lebensfreude, und was ihr Wurzelwerk und andere Details im Mini-Arboretum so Wunderliches erzählten, wurde plötzlich lebensgroß. Sogar die Hüte des Meisters, deren einer er, stilvoll an den Rändern gefranst, selber trug, wurden „zum Schmunzeln und kribbelig lachen“ bedichtet: „Bonsaigärtner hat drei Hüte/und alle von besondrer Güte“. Wer solchen Schalk sein eigen nennt, wird gewiss Hundert. Dabei ist diese Exposition, der Zahl nach, auch ganz schön klein, zehn Fotos fasst der Pavillon, eines nur, mit Text der alten Dame, hat Tilo Gragerts Schwester gemacht. Man will das peu a peu noch erweitern. Ein Porträt von Irmgard Meister ist leider nicht dabei. „Setzen sie sich doch auf eine Bank, lassen sie den Garten auf sich wirken“, empfahl Gragert, selbst der Inbegriff wohlausgewogener Harmonie. Hunderte Bonsais bevölkern das Areal, abends sicher eingeschlossen, möglicher Langfinger wegen. Milde Eintrittspreise, doch „Montag ist hier Sonntag!“ Am Weg zum besucherfreundlichen Wandelgarten erwarten Jungpflanzen ihren kulturellen Zuschnitt. Alles habe sich verkehrt, meinte Gragert, auf seine Passion angesprochen, Asien schaue nach Europa, dieses auf Asien. Ob solche Kulturvermischung gut ist, lässt er vorsichtshalber offen. Er hat Pläne: nach Fertigstellung des „Generationenhauses“ im nächsten Jahr könnte er sich gewisse „Lesungen“ hier gut vorstellen, und vielleicht wird dann alles noch viel „japanischer“, als es schon ist. Die MiniAus-stellung im „Tilo ji“ ergänzt den Plan aufs Beste – zu sehen bis Ende August.

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