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Potsdam-Mittelmark: Verlust von Freunden, Lehrern und Vielfalt

Teltower Real-Schüler demonstrieren für den Erhalt ihrer Schule und verdeutlichen die Folgen einer behördlichen Entscheidung

Teltower Real-Schüler demonstrieren für den Erhalt ihrer Schule und verdeutlichen die Folgen einer behördlichen Entscheidung Von Kirsten Graulich Teltow. Jeden Schultag wird sie eine Stunde für die Hinfahrt und eine für die Rückfahrt brauchen. Das hat sich die zwölfjährige Kristina Hochschulz schon mal ausgerechnet für das kommende Schuljahr. Denn dann muss sie in Potsdam zur Schule gehen, weil es an der Teltower Realschule keine 7. Klasse geben wird, da es zu wenig Anmeldungen für die gesetzlich vorgeschriebenen zwei Klassen gibt (PNN berichteten). Kristinas Mutter meint, nach Potsdam fahren zu müssen, sei eine Zumutung für die Tochter und mal wieder so eine Entscheidung von oben, bei der die Schüler vergessen wurden. Kristina bedrückt am meisten, dass sie ihre Freunde dann nicht oft treffen kann, denn Schularbeiten muss sie ja auch noch machen. Und an der neuen Schule Freunde zu finden, wird schwer werden, denn Kristina wird im Bus sitzen, wenn sich die anderen treffen. Kerstin Spiegler sorgt sich bereits, ob ihre Tochter im übernächsten Schuljahr die Teltower Realschule besuchen kann, denn sie befürchtet das Aus der Schule. Ihr Sohn lernt dort zurzeit in der 9. Klasse. Sie will etwas tun, „damit die Schule erhalten bleibt“ und kam deshalb am Dienstagabend mit vielen anderen Schülern und Eltern zur Schuldemo. Zu den etwa 200 Demonstranten gehörte auch die zwölfjährige Franziska Giersch, weil sie lieber an der Realschulschule lernen möchte. Auf eine Gesamtschule wolle sie nicht, sagt sie. Und wenn es in Teltow nicht klappt mit der Realschule, ginge sie nach Berlin oder Potsdam. Ihr Vater, Gunter Giersch, hat gemeinsam mit anderen Eltern einen Brief an den Schulrat geschrieben und darum gebeten, sich für eine Ausnahmeregelung einzusetzen, die eine 7. Klasse für das nächste Schuljahr ermöglicht. Immerhin meldeten sich 26 Schüler für die neue 7. Klasse an. Aber der Schulrat habe sich in seiner Antwort nur auf Paragrafen berufen, die Zweizügigkeit vorschreiben, bedauert Giersch. „Das ist eine sehr hartherzige und einseitige Entscheidung, wenn Schüler so verplant werden", kritisierte er. Auch für die Schüler, die ein Schuljahr wiederholen müssen, bliebe dann nur ein Schulwechsel. Giersch schlussfolgert: „Im Endeffekt läuft der Zwangs-Sparkus nicht nur darauf hinaus, die Realschule zu schließen, sondern die Schullandschaft der Region zu zerstören", befürchtet Giersch. Da Teltows Einwohnerzahl noch immer wachse, sei es unsinnig, den Schulstandort zu gefährden, denn die Realschule habe sich bisher als Schulangebot bewährt, stimmte Bürgermeister Thomas Schmidt (SPD) überein mit den demonstrierenden Schülern, Eltern und Lehrern. Schmidt betonte, die Entscheidung berücksichtige nicht die Tatsache starker Jahrgänge in den kommenden Jahren. Deshalb gehe die Maßnahme an der Wirklichkeit vorbei, meint Schmidt. Wie viele Begleiterscheinungen die Entscheidung gegen die Einrichtung von 7. Klassen hat, verdeutlicht der Weggang von vier Lehrern, die nun an andere Schulen unterrichten müssen. Nicht nur Fachlehrer, sondern auch Klassenlehrer sind darunter, die im nächsten Schuljahr vor allem von ihren Schülern vermisst werden. „Wir werden uns das alles nicht gefallen lassen und das auch dem Herrn Minister Reiche am 29.April in Potsdam deutlich sagen", rief der Schüler Sebastian Klaus über Lautsprecher dazu auf, im Protest nicht nachzulassen.

Kirsten Graulich

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