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Klare Sache. Der Pokal im „Koppel-Cup“ ging diesmal an Polen.

© Christoph Freytag

Koppel-Cup in Schlunkendorf: Vom Spargelfeld aufs Fußballfeld

Gegen den Spargel-Koller: Gerade noch standen mehrere polnische Spargelstecher auf dem Feld, danach ließen sie beim Fußball-Turnier Koppel-Cup nahe Beelitz nichts anbrennen.

Schlunkendorf - Ein Fußballspiel in Schlunkendorf bei Beelitz? Die Verkäuferin am Spargelstand schüttelt den Kopf: „Nee, bestimmt nicht, hier gibt’s ja nicht mal nen Sportplatz.“ Auch eine Frau, die mit ihrem Hund spazieren geht, weiß nichts und vermutet, dass das Spiel auf dem Beelitzer Sportplatz stattfindet. Nur das Schwarze Brett an der Dorfkirche weiß mehr. Dort wird der „Koppel-Cup“ zwischen Deutschland und Polen mit einem Dorffest für Samstag angekündigt, allerdings ist der Zettel unauffällig und kleiner als die anderen Flyer daneben. Nur ein paar Meter weiter, um die Ecke reihen sich Autos am Dorfausgang neben dem Spargelhof Märkerland. Davor eine grüne Kuh, die für Spargel wirbt. Mehrere Jugendliche biegen zielstrebig in den Feldweg daneben ein und aus der Ferne tönen Rufe, dann Beifallklatschen – das erste Tor für Polen ist gefallen. Ein Storch stimmt mit lautem Schnabelklappern in diese Geräuschkulisse ein, während er über die Besucher hinwegsegelt. Ein zweiter Storch beäugt von einem Nest zwischen Bäumen das Spektakel auf der Wiese . Daneben grasen braune Kühe und Kälber auf einer Koppel. Diese Idylle mutet wie eine Kulisse aus Bullerbü an, die man höchstens noch von Milchverpackungen kennt.

Noch eine Stunde vorher Spargel gestochen

Männer in blauen und roten Trikots schwirren über eine Stoppelwiese, an deren Rand sich rund 200 Zuschauer reihen. „Dobrze“, rufen zwei Männer, als der polnische Torwart noch im Fallen den Ball erwischt. Gut finden sie auch, wie er den Ball so hoch über den Platz kickt, dass das Leder nach dem zweiten Aufschlagen im Kornfeld gegenüber verschwindet. Zwei Kinder rennen hinterher, während die Spieler auf dem Platz kurz verschnaufen können. Die im roten Trikot sind polnische Saisonarbeiter und haben noch eine Stunde vor Spielanpfiff auf den umliegenden Feldern Spargel gestochen. Zehn bis zwölf Stunden hocken sie täglich in den Sandreihen, stechen Spargel im Akkord. Ein harter Job sei das, bestätigt Spargelbauer René Falkenthal vom Spargelhof Märkerland, der acht polnische Spargelstecher beschäftigt. Falkenthal, ein quirliger Typ mit Rastalocken, erzählt vom sogenannten „Spargelkoller“, der nach etwa fünf Wochen auftrete. „Die Leute sind voll in der Ernte und sehen irgendwann nur noch Spargel.“

Deshalb sei vor drei Jahren die Idee zu diesem Match aufgekommen, an dem sich auch andere Beelitzer Spargelhöfe wie Buschmann und Winkelmann aus Klaistow beteiligen. Falkenthal: „Nach dem Spiel sind alle entspannter, auch das Arbeiten zwischen den Sandreihen ist dann angenehmer.“ Das ganze Dorf helfe mit bei der Organisation. So grille die Freiwillige Feuerwehr Würstchen, Dorffrauen kümmern sich ums Kuchenbuffet, für Kinder werden Spiele aufgebaut und die Wiese zweimal gemäht. Die Polen hätten für Fußball viel übrig, hat Falkenthal festgestellt, auch drei seiner Saisonarbeiter spielen mit.

Eine andere Liga

Die deutsche Mannschaft besteht aus Schlunkendorfer Freizeitkickern, die seit zehn Wochen für den „Koppel-Cup“ trainieren. Ihr Trainer Herbert Hinze sieht darin keinen Vorteil, denn die polnischen Spieler würden in ihrer Heimat meist in Vereinen spielen. „Das ist schon eine andere Liga“, weiß Hinze. In der Tat sind die Spieler aus Polen seit Matchbeginn gut in Fahrt gekommen und haben bis zur Halbzeit zwei Tore geschossen. Sind die Schlunkendorfer am Ball, scheinen einige von ihnen fast überrascht, was ein Zuschauer lautstark kommentiert: „Der Ball geht nicht kaputt, wenn du dagegenhaust!“ Aber erst nach der Pause landen auch sie zwei Tore. Inzwischen steht es 4:0 für die Polen, deren Landsleute mit roten Polska-Schals wedeln und zunehmend mehr Glanz in die Augen bekommen. Immer stiller dagegen die Deutschen, und als nach dem Abpfiff feststeht, dass die polnischen Saisonarbeiter mit 4:1 gesiegt haben, meint ein Schlunkendorfer lakonisch: „Polen ist jetzt Weltmeister.“

Für Schiedsrichter Gunnar Liche war es ein faires Spiel. Außerdem gebe der Platz nicht mehr her: „Da springt der Ball schon mal weg.“ Als Trainer Hinze den Siegern am Schluss den Pokal überreicht, verspricht er: „Nächstes Jahr werden wir euch besiegen!“ Dabei lacht er und es hat den Anschein, so ernst ist das gar nicht gemeint.

Lesen Sie weiter: 

Überblick: Wo geht´s zum nächsten Spargelhof?

Kirsten Graulich

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