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Potsdam-Mittelmark: Wie die Hörner auf Moses“ Kopf kamen

Kleinmachnower Kirche birgt viel Ortsgeschichte – und manche Episode

Kleinmachnower Kirche birgt viel Ortsgeschichte – und manche Episode Kleinmachnow - Die Kleinmachnower Dorfkirche zählt zu den schönsten Kirchenbauten auf dem Teltow. Schon Theodor Fontane rühmte den „überraschend gefälligen beinahe feinstilisierten Backsteinbau“. Im Rahmen ihrer Kleinmachnower Wanderungen haben der Heimatverein und der Architekt Fred Weigert am Samstag zu einem Geschichtsexkurs über die spätgotische Dorfkirche eingeladen – und zeigten, wie die Historie des Bauwerks auch die der Region widerspiegelt. Anders als die meist aus Feldsteinen errichteten romanischen Kirchen in der Mark, wurde der Kleinmachnower Bau mit gebrannten Ziegeln errichtet. Architekt Weigert wies die Besucher vor allem auf Details hin, wie den mit ausgezackten Formsteinen vertieften Fries, der den Übergang zwischen Dach und Wand bildet. Als Phänomen gelten aber vor allem die verschiedenfarbigen Ziegel, die vielen Kunsthistorikern nach wie vor ein Rätsel sind. Weigert glaubt, dass unterschiedliche Kalkanteile im Ton die Ursache sind, wusste aber auch eine Legende dazu zu erzählen. Die berichtet von zwei adligen Schwestern, die die Kirche erbauten und dabei ständig in Streit gerieten. Denn jede wollte ihren Anteil sichtbar dokumentieren, weshalb die eine gelbe und die andere rote Steine verbauen ließ. Dass der Kirchenbau durchaus als Selbstdarstellung ihrer Bauherren, der Familie von Hake, zu werten ist, bestätigte der Historiker Hubert Faensen in seinem Vortrag. Seiner Ansicht nach gehört die 1597 errichte Kirche zu den ersten evangelischen Gotteshäusern in der Mark Brandenburg. Als Patronatskirche der Familie von Hake zeuge sie auch vom neuen Selbstbewusstsein des Junkertums nach der Reformation. Bauherrin Margarete von Hakes Idee einer „Eigenkirche“habe sich aber auf einen katholischen Brauch gegründet, ebenso die Bestattung am Altar, die zum Seelenheil der Verstorbenen beitragen sollte. Diese Privilegien der Adelsfamilie zeugen laut Faensen davon, dass die mittelalterliche Frömmigkeit noch lange Jahre das brandenburgische Luthertum geprägt habe. Er wusste auch zu berichten, dass der spätere Besitzer Erdmann Friedrich von Hake den König Friedrich II. ersuchte, die Kirche in Stahnsdorf „einzuziehen“. Denn die Familie von Hake bekam 1760 die Auflage, für Reparaturen an der Stahnsdorfer Mutterkirche sowie der Kleinmachnower Patronatskirche aufzukommen. Doch die wirtschaftliche Lage des Friedrich von Hake ließ das nicht zu, weshalb er den König bat, die Kleinmachnower Kirche zur Mutterkirche zu erklären. Für die in Stahnsdorf wäre er damit nicht mehr verantwortlich gewesen. Der König beschied jedoch, dass beide Kirchen zu erhalten seien, und so blieb von Hake nichts anderes übrig, als die Reparaturen irgendwie zu finanzieren. Mehrfach musste in den vergangen vier Jahrhunderten auch der Innenraum der Kirche farblich erneuert werden. Die jetzige Farbschicht sei bereits die zwölfte, berichtete Pfarrer Dieter Langhein. Fünf Gewölbezonen aus Kappen und Kreuzrippen lenken den Blick zum Altar mit doppelten Flügeln, den Hanns Zinckeisen aus Berlin im Jahre 1599 schuf, wie aus einer Inschrift auf der Rückseite hervorgeht. Ein Relief im Mittelschrein stellt das Abendmahl dar, auf den Seitenflügeln sind die Fußwaschung durch Christus und die Ölbergszene zu sehen. Zwei Motive des Passionszyklus sind erst kürzlich restauriert von der Kunsthochschule Dresden zurückgekommen. Eines zeigt Jesus vor dem Hohepriester Kaiphas (siehe Kasten), das andere die Grablegung. Zu den restaurierten Reliefarbeiten gehört auch die Predella unter dem Mittelschrein. Darauf ist die alttestamentarische Geschichte von Moses vor dem brennenden Dornbusch zu sehen. Rechts daneben erfahren die Jünger Petrus, Jakobus und Johannes von der Verwandlung Jesu und erleben zugleich die Erscheinung von Moses und Elia. Wer genauer hinschaut, erkennt, dass der Religionsstifter Mose gehörnt ist – ein Übersetzungsfehler der endlos wiederholt wurde, erläuterte Faensen. Denn der frühchristliche Bibelübersetzer Hieronymus hatte im hebräischen Urtext offenbar die Wörter keren (gehörnt) und karan (glänzend) verwechselt. So wurde aus einem freudestrahlenden Moses im Lateinischen ein gehörnter gemacht. Neben vielen repräsentativen Begräbnisstätten, die auf dem Kirchfriedhof zu sehen sind, machte der Heimatverein seine Besucher auch auf den schlichten Grabstein des Ehrenbürgers Heinrich Funke aufmerksam. Das Grab wieder in seine alte würdige Form zurückzuführen ist Anliegen des Vereins. Dafür haben die Mitglieder auch bei der Gemeinde um Hilfe angefragt.Kirsten Graulich

Kirsten Graulich

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