zum Hauptinhalt

Potsdam-Mittelmark: Zurück im Rampenlicht

Axel Hilpert bemüht sich bei seinem Prozessauftakt in Potsdam um Haltung. Doch wer ihn von früher kennt, spürt auch die Veränderung

Potsdam - Sie haben früher keinen Termin mit Axel Hilpert verpasst, doch gestern war im großen Gerichtsaal des Landgerichts nur ein einsamer Kommunalpolitiker zu sehen: Der Werderaner Stadtverordnete Peter Hinze (Linke) kam gerade noch rechtzeitig, um einen der 54 Plätze zu ergattern. „Herr Hilpert hat uns von einem Schandfleck befreit, Arbeitsplätze geschaffen, die Tee- und Wärmestube und viele Vereine gefördert. Jetzt will ich ganz genau wissen, was ihm vorgeworfen wird“, sagt Hintze.

Was das anbetrifft, ist er nicht der einzige: Um einen der 20 Presseplätze zu ergattern, sind die ersten Journalisten dreieinhalb Stunden früher zum Landgericht gekommen. Ein gutes Dutzend der anderen Plätze ist mit Angehörigen und Freunden des Tourismusmanagers besetzt, sie wirken erstaunlich entspannt für den Anlass. Auch die Investitionsbank des Landes Brandenburg (ILB) ist im Publikum vertreten. Die Verhandlung läuft unter verschärften Sicherheitsbedingungen, die Gäste werden vor dem Gerichtssaal durchsucht und müssen Smartphones und Taschen abgeben. Doch dann gibt es wenig zur Sache. Nach einer Rüge der Verteidigung gegen den Geschäftsverteilungsplan des Landgerichts ist das Verfahren bis zum 25. Januar unterbrochen.

Die Presse hat es in den vergangenen Wochen nicht gut mit Hilpert gemeint, das Dutzend Fotografen bekommt trotzdem seine Bilder. Hilpert wendet jedem von ihnen das Gesicht zu, er kennt das Spiel. „Kamerascheu ist der nicht“, raunt ein Justizbeamter. Schwarzer Rolli, graues Sakko, der graue Vollbart ist sorgfältig gestutzt wie die Frisur – Hilpert bemüht sich um Haltung, einigen der Journalisten nickt er sogar freundlich zu. Besonders zu seinen Familienangehörigen und Freunden sucht er am Anfang den Blickkontakt, zwinkert in die Reihen. Sie wollen ihm an allen acht Verhandlungstagen „den Rücken stärken“, wie seine Tochter Juliane Hilpert sagt.

Nach dem Verhandlungsstart bröckelt Hilperts Fassade. Wer ihn aus besseren Zeiten kennt, spürt die Veränderung: Er wirkt niedergeschlagen, seine Lippen sind zusammengepresst, er ist bleich, seine Augen sind entzündet und matt. Er sitzt in Brandenburg (Havel) in einer Einzelzelle, zweimal die Woche darf er in der Untersuchungshaft Besuch empfangen. Statt seines geliebten „Fischkochs“ im Resort-Restaurant „Ernest“ steht schmale Kost auf dem Speiseplan. In der Haftzeit wurde Diabetes diagnostiziert, vor gut vier Jahren hatte er einen Herzinfarkt. Die ersten Wochen der inzwischen siebenmonatigen Untersuchungshaft verbrachte Hilpert im Haftkrankenhaus. Denkbar, dass sein Gesundheitszustand noch ein Thema bei der Verhandlung wird.

Wie es im Prozess weitergeht, bleibt so oder so spannend. Gestern wird zwar weder die Anklage verlesen, noch kommt es zur allseits erwarteten Erklärung von Hilperts Anwälten. Doch mit der Rüge hatte die Verteidigung schon mal das erste Überraschungsmoment auf ihrer Seite. Aus Hilperts Umfeld heißt es, dass sich das eloquente Anwaltstrio mit Heide Sandkuhl, Stefan König und Enrico Klingbeil vor allem für die Rolle der ILB in dem Betrugsfall interessieren wird.

Mit künstlich hochgerechneten Investitionskosten soll Hilpert beim Bau des Resorts 2005 über 9 Millionen Euro Fördermittel zu Unrecht von der ILB kassiert haben. Seine Hausbank DKB soll involviert gewesen sein, gegen frühere Bankmitarbeiter wird ermittelt, auch einige Handwerker sind im Visier der Staatsanwaltschaft. „Die Untersuchungen dauern an“, so Oberstaatsanwalt Helmut Lange. Deren Ergebnis hängt auch vom Prozess ab.

Die ILB blieb als Geschädigter bei den Ermittlungen außen vor. Sollte sich im Prozessverlauf herausstellen, dass die Förderbank Hilperts mutmaßliche Rechentricks duldete, könnte sich das Blatt noch wenden. Für Hilpert geht es um alles: Verliert er den Prozess, müssen 9,2 Millionen Euro zurückgezahlt werden. Für die derzeitige Eigentümerstruktur des Resorts wäre es das Aus. „Wenn es schief läuft, will ich wissen, warum“, sagt Peter Hinze. Er wird versuchen, auch beim nächsten Prozesstag dabei zu sein. (mit dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false