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Auf dem Sternenmarkt führten junge Menschen traditionelle polnische Volkstänze auf.

© PNN / Andreas Klaer

Weihnachtsmärkte in Potsdam: Adventsstimmung ohne Kitsch und Plastik

Liebevoll gestaltete Weihnachtsmärkte locken in die Potsdamer Kieze. Zu entdecken gab es Traditionen aus dem Nachbarland und Leckeres aus der Nachbarschaft.

Daumendicke Schmalzbrote stapeln sich neben erlesenen Wurstspezialitäten. Ein Geruch von Speck, Schinken und gebratenem Sauerkraut liegt in der klaren, kühlen Winterluft. Im Hintergrund laufen polnische Weihnachtslieder. Auf dem Kutschstallhof am Neuen Markt roch die Adventszeit am vergangenen Wochenende besonders lecker. Hier haben das Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte (HBPG) und die Agentur „deutschundpolnisch“ zum Sternenmarkt eingeladen.

Polnische Tradition und Essen, das das Herz wärmt

Handwerker, Künstlerinnen, Fleischer und andere Standbetreiber aus dem Nachbarland sorgten für eine weihnachtliche Begegnung mit polnischer Kultur. Und zwar zum ersten mal seit zwei Jahren: Wegen der Pandemie musste das Sternenfest, wie viele andere Weihnachtsmärkte auch, eine Pause einlegen.

Agata Dobrochlop freut sich, dass sie nun weiter geht. Sie verkauft selbst genähte Mützen, Handschuhe und andere wärmende Kleidungsstücke. „Wir kaufen das Leder auf Messen in Hamburg oder Mailand und verarbeiten es dann selbst“, erzählt sie. Das macht sie inzwischen seit 40 Jahren. Dass die Besucher des Sternenmarktes ihr Handwerk wertschätzen, freut sie besonders: „Unser Beruf stirbt aus, es gibt immer weniger Nachwuchs, der das Handwerk erlernen will“, sagt sie.

Einladung zum Schlemmen: Der deutsch-polnische Sternenmarkt bot auch einige kulinarische Entdeckungen, zum Beispiel würzige polnische Wurst.

© Dominik Lenze / Dominik Lenze

Während Agata Dobrochlop für die Wärme von außen sorgt, kümmert sich Filip Jaworski um die Wärme von innen: An seinem Stand gibt es würzig-rauchige Würstchen und andere Leckereien. Der Fleischer kennt das Geheimnis der polnischen Wurst: Es geht ums Schwein, genauer gesagt um die Schweinerasse. „Das Fleisch stammt von Mangalica-Schweinen“ erzählt er. Auf dem Handy zeigt er Fotos von seiner Farm in Polen und wie die Schweine dort frei auf den Wiesen herumrennen. Man schmeckt die gute Haltung der Tiere, davon ist er überzeugt.

Auch junge Menschen halten auf dem Sternenmarkt das polnische Kulturerbe lebendig, zum Beispiel beim traditionellen Trachtentanz. Für die Aufführung der polnischen Volkstänze haben sich die jungen Tänzerinnen und Tänzer in Schale geworfen: Die Jungs trugen den Federschmuck eines Fasans am Hut, die Mädchen bunte Blumenkränze.

Auch junge Menschen begeistern sich für polnische Traditionen wie Volkstänze.

© PNN / Andreas Klaer

Die 12-jährige Alina gehört zur Berliner Tanzgruppe Krakowiacy. Schon seit zwei Jahren tanzt sie die traditionellen polnischen Volkstänze. „Ich habe da eine schöne Zeit mit Freunden und das Tanzen befreit“, sagt sie.

Adventsmarkt für Menschen mit und ohne Behinderung in Babelsberg

Rund um die Oberlinkirche in Babelsberg fand am Samstag auch der „Adventsmarkt mit allen Sinnen“ statt. Menschen mit und ohne Behinderung haben hier gemeinsam ein buntes Programm auf die Beine gestellt: Es gab Weihnachtsgebäck und allerlei Handwerksarbeiten zu kaufen. An einem Lagerfeuer hielten Menschen Stockbrot über die Flammen, eine Bläsergruppe spielte Weihnachtslieder.

Zumindest für die kleinen Besucher des Adventsmarkts stand die größte Attraktion schnell fest: Die beiden Esel Lotte und Donkey ließen sich geduldig streicheln. Die Tiere haben selber eine recht weihnachtliche Geschichte hinter sich: Sie stammen nämlich vom Verein „Eselfreunde aus dem Havelland“, der die Esel aus schlechten Bedingungen gerettet hat.

Die Esel Donkey und Lotte waren die heimlichen Stars des Adventsmarkt im Oberlinhaus.

© PNN / Andreas Klaer

Ohne Kitsch und Klunker auf dem Krongut

Viktoriia Deputat verkauft auf dem Weihnachtsmarkt beim Krongut Bornstedt die Handwerkskunst einer Freundin aus der Ukraine.

© Dominik Lenze / Dominik Lenze

Eher ruhig ging es beim Weihnachtsmarkt auf dem Krongut Bornstedt zu. Wirklich voll war es am Samstag nicht auf dem ehemaligen landwirtschaftlichen Mustergut der preußischen Königsfamilie. Aber genau das findet Sylvia Ackermann angenehm: „Ich bin ja eigentlich gar kein Weihnachtsmarktfan“, sagt sie. Aber hier gefällt es hier: „Das ist ja auch kein typischer Weihnachtsmarkt. Hier ist es schön unaufgeregt, ganz ohne Kitsch und Klunker.“ Statt mit bunt blinkender Weihnachtsdeko locken die die meisten Stände mit dezent, aber liebevoll gestalteter Kleinkunst.

Hier ist es schön unaufgeregt, ganz ohne Kitsch und Klunker.

Sylvia Ackermann, Besucherin auf dem Weihnachtsmarkt im Krongut

Viktoriia Deputat verkauft zum Beispiel Werke von einer Freundin aus der ukrainischen Stadt Charkiw. Bunt bemaltes Geschirr findet sich an ihrem Stand, aber auch Ausgefallenes wie verzierte Walnussschalen, die per Magnetverschluss schließen. Der Weihnachtsmarkt, findet die Ukrainerin Deputat, sei eine gute Gelegenheit, um die Kleinkunst ihrer Freundin anzubieten. Auch sie mag, dass es hier ruhiger zugeht als andernorts - auch wenn es durchaus noch mehr Kunden geben könnte. „Es ist sehr schön hier, ja, aber noch sind es leider zu wenig Leute“, sagt sie.

Nikolausmarkt am Lottenhof: Aus dem Kiez für den Kiez

Auf dem Nikolausmarkt am Lottenhof tummeln sich vor allen Dingen junge Familien und viele Kinder. Das Stadtteilnetzwerk Potsdam West e.V. hat zu dem vorweihnachtlichen Nachmittag eingeladen. Die Stände auf dem urigen Gelände sind vor allem von Menschen aus der Nachbarschaft gestaltet worden. Zum Beispiel von Richard Fiala: Der Potsdamer verkauft Lampen, die er aus alten Baumstamm-Scheiben angefertigt hat. Er freut sich, dass nach zwei Jahren Corona-Pause wieder Weihnachtsstimmung auf dem Lottenhof herrscht. Seiner Handwerkskunst gehe er zwar nur hobbymäßíg nach, sagt er: „Aber nach den zwei Jahren ohne Weihnachtsmarkt war fast mein ganzer Keller mit den Lampen hier voll.“

Weihnachtliche Holz-Lampen gab es auf dem Nikolausmarkt am Lottenhof zu entdecken.

© PNN / Andreas Klaer

Am Stand gegenüber backen die Familien Dobberstein und Behr - und zwar köstliche Zimtschnecken. Die sechsjährige Florentine sucht den Kundenkontakt und betreut die Kasse. „Es läuft ziemlich gut“, freut sich das Mädchen. Es ist das erste Mal, dass die beiden Familien gemeinsam einen Stand auf einem Weihnachtsmarkt betreiben. „Mein Mann ist ja Bäcker und so kamen wir auf die Idee“, sagt Mutter Cindy Dobberstein. Sie ist sich sicher: Nächstes Jahr wollen sie wieder mit dabei sein.

Der Weihnachtsmarkt am Lottenhof“ in Potsdam West ist vor allen Dingen von Menschen aus der Nachbarschaft gestaltet worden - und auch die kleinsten haben mitgeholfen.

© PNN / Andreas Klaer

„Wir finden es schön, dass der Weihnachtsmarkt direkt bei uns in der Nachbarschaft ist“, sagt Anke, die gemeinsam mit ihrem Mann und ihren zwei Kindern unterwegs ist. Ihnen gefällt, dass der kleine Markt so authentisch ist. Ankes Mann pflichtet ihr bei: „Hier gibt’s einfach kein Plastik, sondern echte Lagerfeuerstimmung.“

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