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0.1 Sekunden im Bild: Usain Bolt (oben) gewann knapp vor Justin Gatlin.

© dpa

Update

100-Meter-Finale bei der WM in Peking: Usain Bolt: Die Seele der Leichtathletik gerettet

Usain Bolt hat das 100-Meter-Finale gegen Justin Gatlin bei der Leichtatlethik-WM in Peking knapp in 9.79 Sekunden gewonnen.

Ein Gigant war Usain Bolt schon lange, der König in der vielleicht königlichsten aller Sportdisziplinen, dem Sprint über 100 Meter. Am Sonntagabend dürfte Usain St. Leo Bolt aus Sherwood Content, Jamaika, nun sogar den Status eines Heilsbringers errungen haben. Im Olympiastadion von Peking verteidigte der Herrscher des Sprints seinen Thron gegen Justin Gatlin, dem in diesem Drama die Rolle des heimtückischen Königsmörders zugeteilt worden war. Auf den letzten Metern des Endlaufs schob sich Bolt noch an den führenden US-Amerikaner heran und wuchtete seinen Brustkorb parallel zu Gatlins Scheitel ins Ziel.

Die rund 55 000 Zuschauer im zu zwei Dritteln gefüllten Vogelnest-Stadion hielten den Atem an – doch die beiden Protagonisten wussten sofort, wer gewonnen hatte. Bolt reckte den Arm im Triumph in die Höhe und raste weiter, Gatlin blieb stehen und quälte ein Lächeln auf seine Lippen. Wenige Augenblicke später brachte die Anzeigetafel Gewissheit: Sieg für Bolt in 9,79 Sekunden, Platz zwei für Gatlin mit einer Hundertstelsekunde Rückstand. Bronze ging zeitgleich an Gatlins Landsmann Trayvon Bromell und André de Grasse aus Kanada, die beide nach 9,92 Sekunden im Ziel waren.

Usain Bolt: "Es war das härteste Rennen meiner Karriere"

„Der Sieg bedeutet mir sehr viel, weil ich mich in dieser Saison sehr schwer getan habe“, sagte Bolt. „Aber ich zweifle niemals an mir, ich vertraue meinen Fähigkeiten. Das Rennen war nicht perfekt – aber ich hab es hinbekommen. Es war das härteste Rennen meiner Karriere.“ Wieder einmal war dem Jamaikaner im entscheidenden Moment ein wahrer Bolt-Moment gelungen. Im perfekten Augenblick hatte er seine schon verloren geglaubten Flügel wieder entdeckt, die 9,79 Sekunden bedeuteten seine schnellste Zeit des Jahres.

Das Duell zwischen Usain Bolt und dem wegen Dopings zweimal gesperrten Justin Gatlin war zuvor zum Showdown um die Seele der Leichtathletik ausgerufen worden. Der noch nie mit illegalen Methoden in Verbindung gebrachte Jamaikaner sollte den US-Amerikaner besiegen, der nach einer vierjährigen Sperre verdächtig stark zurückgekommen war. Insofern ging der Abend gut aus für all jene, die noch einen Funken Hoffnung für die angeschlagene olympische Kernsportart übrig haben.

Beinahe allerdings wäre es gar nicht zum mit Spannung und Argwohn erwarteten Zweikampf gekommen. Im Halbfinale zwei Stunden zuvor war Bolt vier Schritte nach dem Start aus dem Tritt geraten und schien fast zu stürzen, er fiel hinter das Feld zurück und musste alle Kräfte mobilisieren, um seinen Lauf noch in 9,96 Sekunden zu gewinnen. Danach schüttelte er demonstrativ den Kopf. „Mein Trainer hat mir gesagt: Ich glaube, du denkst zu viel über dieses Rennen nach“, berichtete Bolt. „Konzentrier’ dich einfach, du kennst diese Situationen doch.“ Gatlin hingegen war in 9,77 Sekunden als Zeitschnellster in den Endlauf gedonnert und hatte damit seine Dominanz in dieser Saison fortgesetzt. Im Alter von 33 Jahren läuft Gatlin so schnell wie nie zuvor – und schneller als in jener Phase seiner Karriere, in der er nachweislich gedopt war.

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Justin Gatlin erwischte im Finale den besseren Start

Auch im Finale zeigte Gatlin den besten Start und schoss in Führung – kurz vor dem Ziel war es aber der Amerikaner, der ins Straucheln kam: Er streckte sich dem Ziel zu früh entgegen und verlor die Kontrolle über seinen Körper. „Ich habe mich zu weit nach vorne gelegt und die Balance verloren“, sagte Gatlin. „Dann habe ich rübergeschaut – und Usain war da. Aber wenn ich schon gegen irgendjemand verlieren muss, dann gegen diesen Mann.“ Alle Fragen zu den Dopingverdächtigungen gegen ihn beantwortete er mit den kryptischen Worten: „Ich bin dankbar.“

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Seit dem Beginn der Sommerspiele von Peking 2008 hat Bolt nun nur einen von 16 möglichen großen Titeln bei Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften verpasst, lediglich bei der WM 2011 in Daegu war er nach einem Fehlstart über 100 Meter ausgeschieden. Das Gold vom Sonntag ist sein neunter WM-Titel, damit überholt er in dieser Statistik die beiden US-Amerikaner Carl Lewis und Michael Johnson. Auf seiner Ehrenrunde warf sich der 29-Jährige für die Zuschauer, Fernsehkameras und Fotografen in Pose. Die Menschen im Pekinger Stadion, in dem vor sieben Jahren sein sagenhafter Aufstieg mit drei Olympiasiegen und drei Weltrekorden begonnen hatte, jubelten ihm zu.

Bei dieser WM werden sich die Wege von Bolt und Gatlin voraussichtlich noch zwei weitere Male kreuzen: am Donnerstag im Finale über 200 Meter sowie am Samstag in der 4 x 100 Meter-Staffel. Der Heilsbringer Usain, von vielen zum Erlöser der Leichtathletik auserkoren, hat also noch einiges zu tun, wenn er in Peking sein Werk vollenden will.

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