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Sport: 23 Mal Deutschland

Was in Zukunft von den WM-Spielern noch zu erwarten ist

1 Jens Lehmann (6 Einsätze, 600 Spielminuten): Lehmanns Leistung bietet keinen Anlass zu der Spekulation, ob die deutsche Mannschaft das Finale erreicht hätte, wenn Oliver Kahn im Tor gestanden hätte. Im Viertelfinale wurde Lehmann der große Held, als er im Elfmeterschießen gegen Argentinien zwei Elfmeter hielt. Seine persönliche Tragik war es, dass er bei seinem besten Spiel gegen Italien in der 119. Minute bezwungen wurde und gegen Grossos Schlenzer keine Abwehrchance hatte. „Für mich der Torhüter der Weltmeisterschaft“, hat Bundestrainer Jürgen Klinsmann über Lehmann gesagt. Zum Dank will Lehmann weiter für die Nationalmannschaft spielen, wenn Klinsmann Bundestrainer bleibt.

2 Marcell Jansen (1/90): Der Jüngste im deutschen Team hat alle Möglichkeiten im Fuß, als Nationalspieler ganz alt zu werden. Wenn nicht als linker Außenverteidiger, dann als Linksaußen. Die Erfahrung Weltmeisterschaft dürfte ihm einen ordentlichen Schub geben. Das Problem: Entweder Borussia Mönchengladbach wächst mit ihm, oder Jansen wird sich einen Verein seiner Kragenweite suchen. Bleibt er frei von Verletzungen, ist er ein sicherer Kandidat für die EM 2008.

3 Arne Friedrich (6/573): Der Berliner hat eine WM mit wechselndem Erfolg gespielt. Das stammt aus dem Boxen und gilt Faustkämpfern, die in ihrer Statistik mehr Kämpfe ohne Erfolg aufweisen. Der Berliner war der am meisten gescholtene Spieler der deutschen Mannschaft, und sein Problem könnte es werden, dass der Trainerstab der Nationalmannschaft bei dieser WM den Trend entdeckt hat, dass die Außenverteidiger offensiver spielen als früher. Das ist nicht gerade seine Stärke.

4 Robert Huth (1/90): Er wird mit diesem Turnier nicht sehr zufrieden sein können, mal abgesehen von den Fotos, die er am Sonntag auf der Fanmeile mit seiner Profikamera schoss.

5 Sebastian Kehl (4/235): Gehört zu den deutschen WM-Spielern, die positiv überrascht haben. Für einen defensiven Mittelfeldspieler bringt er alles mit: Veranlagung, Übersicht, Technik, Zweikampfhärte. Nur spielt er den defensiven Part viel zu offensiv. Aber das wird schon.

6 Jens Nowotny (1/90): War eigentlich als Trainer der Abwehr mitgenommen worden. Als nach Mertesacker auch noch Huth verletzt ausfiel, musste der Leverkusener ran – und wie. Das kleine Finale um Platz drei könnte für den Leverkusener das Ende seiner Laufbahn als Nationalspieler sein. Egal, ob er seinen Rücktritt nun öffentlich angekündigt hat oder nicht. Aber das sollte es jetzt wirklich gewesen sein.

7 Bastian Schweinsteiger (7/526): Seine Auftritte bei der WM waren mehr ein Versprechen auf die Zukunft, wie die zweite Halbzeit im Spiel um Platz drei gezeigt hat. Wäre schön, wenn die Zukunft bald beginnt.

8 Torsten Frings (6/539): Der Bremer spielt für ein halbes Jahr unter Bewährung. So will es die Fifa. Aber das wird Frings nicht davon abhalten können, noch dynamischer, noch heißer zu werden. Er kann eine unglaubliche Energie in sich ansammeln. Frings wird die kommende EM nur als Übergangsturnier ansehen. Er will noch einmal gegen die Argentinier spielen. Die liegen ihm besonders gut.

9 Mike Hanke (1/20): Wohin führt sein Weg? Erst einmal zurück nach Wolfsburg. Dort wird er sich aber kaum für höhere Aufgaben empfehlen können, es sei denn, er liefert Tore als Argumente. Das Wichtigste für ihn bei dieser WM war ohnehin, die Sperre für zwei Pflichtspiele abzusitzen, die er sich beim Confed-Cup mit einer Roten Karte eingefangen hatte.

10 Oliver Neuville (7/145): Der Mönchengladbacher hat der Nationalmannschaft den vielleicht emotionalsten Moment der Weltmeisterschaft beschert: als er im zweiten Vorrundenspiel gegen Polen in letzter Minute den Siegtreffer erzielte. Man muss das Tor nur erwähnen, schon fangen die Nationalspieler an zu strahlen.

11 Miroslav Klose (7/582): Träger des Goldenen Schuhs. Fünf Tore – erfolgreicher war kein anderer Spieler bei dieser Weltmeisterschaft. Wird schon deswegen der nächsten WM entgegenfiebern, weil man in zwei Schuhen einfach besser steht.

12 Oliver Kahn (1/90): Große Gesten sind noch besser als große Paraden. Danke.

13 Michael Ballack (6/510): Im Ausland wurde seine Leistung höher eingeschätzt als in der Heimat. Ballack kennt das. Er wurde nominiert für die Auszeichnung zum besten Spieler des Turniers und für das All-Star-Team (Torsten Frings übrigens nicht), hierzulande darf Otto Rehhagel, der Erneuerer des europäischen Fußballs, noch ein paar alte Rechnungen begleichen. Ballack wurde immer vorgeworfen, dass er kein Führungsspieler sei. Mehr Führungsspieler als bei dieser WM ist er in der Nationalelf nie gewesen.

14 Gerald Asamoah (1/18): Kümmerte sich während der WM vorrangig um das musikalische Rahmenprogramm. Fiel sonst aber nur am letzten Turniertag auf, als er ein schwarzes T-Shirt mit der Aufschrift „Frau Klose“ trug. Er bleibt der Mann für das Magische im Team.

15 Thomas Hitzlsperger (1/12): Ist enorm gewachsen während der WM. Im Regenerations-Trainingslager auf Sardinien hat er kurz überlegt, ob er sich von Raul, der im selben Hotel Urlaub machte, ein Autogramm besorgen sollte, hat diese Idee dann verworfen. Nach dem Halbfinale, beim Besuch im Bundeskanzleramt, hat er Angela Merkel drei Merkel-Biografien zum Signieren vorgelegt.

16 Philipp Lahm (7/690): Wieso ist eigentlich Lukas Podolski zum besten Nachwuchsspieler der WM gewählt worden und nicht Lahm? Seine Leistungen an der linken Linie waren absolut ausstellungswürdig. Und: Seine Armschiene gehört neben Lehmanns Elfmeterzettel ins Deutsche Historische Museum.

17 Per Mertesacker (6/600): Angeblich soll Mertesacker von allen 736 WM-Spielern die beste Zweikampfbilanz besitzen. Das ist bemerkenswert für einen Verteidiger, der kaum einen Zweikampf bestreiten muss, weil er – wie ein guter Schachspieler – dem Ball immer schon zwei Stationen voraus ist. Er will jetzt sofort zu Werder Bremen wechseln. Warum eigentlich? Wenn er wechseln will, dann lieber zu Real Madrid und nicht erst 2018, mit 33 und als neuer Rekordnationalspieler, nach seiner vierten WM-Teilnahme.

18 Tim Borowski (6/248): Ist wohl deswegen der geometrischste aller deutschen Nationalspieler, weil er im Flächenland Mecklenburg-Vorpommern geboren wurde. Sollte jetzt einer aus der ersten Elf abspringen, rückt er in die Stammelf. Wenn nicht, bleibt er der erste Stammspieler der zweiten Mannschaft. Er kann und wird sich entwickeln.

19 Bernd Schneider (7/574): Bei ihm verhält es sich wie mit dem Wein – je älter, desto wertvoller. Der Leverkusener ist zwar schon 32, hat aber die Erfahrung gemacht, dass man auch jenseits der 30 noch besser werden kann. Freiwillig dürfte er seinen Platz nicht räumen wollen bis zur Europameisterschaft 2008.

20 Lukas Podolski (7/633): Hat sich in die Herzen der Deutschen geschossen und gesungen. Und in die der Fifa gleich mit. Die Auszeichnung, bester junger Spieler der WM, traf nicht den Falschen, hätte aber auch andere treffen können. Setzt er sich jetzt auch bei den Bayern durch, steht er vor einer großen Karriere.

21 Christoph Metzelder (6/600): Wäre Metzelder Politiker, hätte er vermutlich bessere Sympathiewerte, als Joschka Fischer sie je gehabt hätte. Hat die Patriotismusdebatte erfunden, die geschliffensten Reden gehalten und in seinem Nebenjob als Verteidiger eine gute Figur abgegeben. Geeignet als Regierungssprecher, zur Not – in Turnierphasen – auch als Reinhold-Messner-Double.

22 David Odonkor (4/125): Zwischen Können und Leistung klafft bei ihm eine große Lücke. Oder anders ausgedrückt: Kann am Ball zwar nicht viel, richtete dafür aber unverhältnismäßig viel an. Allein seine Einwechslungen versetzen das Publikum in Wallung.

23 Timo Hildebrand (0/0): Hat als Einziger keine WM-Minute gespielt und trotzdem nicht gemeckert. Keine guten Aussichten, falls er im zweiten deutschen Torwartkrieg (2006–2008) gegen Jens Lehmann antreten müsste. Von Lehmann lernen heißt warten lernen.

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