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Alba Berlin: Zum Greifen nah

Alba Berlin fehlt bei der 84:87-Niederlage die Abgeklärtheit, um Real Madrid wirklich zu besiegen.

Berlin - Luka Pavicevic starrte ins Leere, während Joan Plaza, sein Trainerkollege von Real Madrid, bereits über die nächsten Spiele in der Europaliga-Zwischenrunde philosophierte. Doch Alba Berlins Trainer war in Gedanken noch bei dem, was wenige Momente zuvor auf dem Parkett der Arena am Ostbahnhof geschehen war: Seine Mannschaft hatte das auch im Basketball mächtige Real Madrid am Rande einer Niederlage, führte phasenweise mit 17 Punkten und musste sich doch mit 84:87 (52:37) geschlagen geben. Als Pavicevic gefragt wurde, was seine Spieler denn aus der Niederlage lernen könnten, war dem Serben sein Frust deutlich anzumerken. „Manche Spiele muss man einfach an sich reißen“, sagte Pavicevic. „Wir haben ein Spiel verloren, das wir hätten nach Hause bringen müssen.“ Die zentrale Vokabel bei seiner kurzen aber bitteren Ansprache war das englische „to grab“, auf Deutsch: nehmen, greifen, zupacken.

Doch genau diese Fähigkeit fehlte Pavicevics Mannschaft, als Real immer stärker wurde und die Berliner ihre Führung Stück für Stück schmelzen sahen. Zu hektisch schloss Alba im Schlussviertel im Angriff ab, zu unkonzentriert ließen die Berliner die Spanier Rebound um Rebound holen. Der Kontrollverlust gipfelte zwölf Sekunden vor Schluss in Rashad Wrights beiden Fehlwürfen von der Freiwurflinie, als Albas Spielmacher mit zwei Treffern noch einmal hätte ausgleichen können. „Es bringt uns keine Genugtuung, den größten Teil der Partie sehr gut gespielt zu haben“, sagte Pavicevic. „Die Enttäuschung überwiegt.“

Vergessen waren die Dreipunktewürfe, Dunkings und Steals, die die mehr als 11 000 Zuschauer zuvor zum Jubeln gebracht hatten. Alba spielte bis zur Pause wie die europäische Spitzenmannschaft, die die Klubführung eigentlich erst in ein paar Jahren zusammengestellt haben will. Auch Reals Coach Joan Plaza sprach nach Spielende mit Hochachtung von dem Team, das er gerade besiegt hatte: „Jetzt verstehe ich, wieso erst zwei Mannschaften in dieser Halle gewinnen konnten.“

Doch nach der Halbzeitpause zeigte Real Madrid, was Alba noch zur großen internationalen Klasse fehlt. Nie verloren die Spanier ihr Selbstbewusstsein, zielstrebig spürten sie die Schwächen in Albas Spiel auf und nutzten sie konsequent aus. Madrids beste Werfer Felipe Reyes und Louis Bullock erzielten den Großteil ihrer Punkte (zwölf und 15) in den letzten beiden Vierteln, Bullock traf auch zum vorentscheidenden 85:83 17 Sekunden vor der Schlusssirene. „Real hat alles verwertet, was es in der Schlussphase gab“, sagte Albas Geschäftsführer Marco Baldi. „Diese Qualität muss man sich erarbeiten, da gehört viel Erfahrung dazu.“ Immer wieder brachte Real den Ball in die Hände von Reyes, der gegen Aleksandar Nadjfeji im Eins-gegen-Eins leichtes Spiel hatte. Adam Chubb und Dragan Dojcin saßen da bereits mit fünf Fouls auf der Bank. Sekunden vor dem Ende, als die Spanier einen Berliner foulen wollten, um selbst noch einmal in Ballbesitz zu kommen, suchten sie sich gezielt Rashad Wright aus, der vorher bereits vier Freiwürfe vergeben hatte. Und Wright tat Real den Gefallen, noch zweimal zu verwerfen.

„Wir waren nicht nur ebenbürtig, sonder über weite Strecken sogar besser“, sagte Baldi. Dass Alba bei Reals 16 Offensivrebounds der lang ersehnte und immer noch nicht gefundene Center gefehlt habe, wollte Baldi nicht gelten lassen: „Wir hatten die Spanier auch ohne zusätzlichen starken Rebounder da, wo wir sie haben wollten.“ Viel wichtiger sei der Faktor Zeit, um solche Spiele in Zukunft zu gewinnen: „Viele unserer Spieler kennen solche Situationen noch nicht. Wir müssen noch lernen, den Sack zuzumachen.“

Vier Spiele bleiben Alba in der Zwischenrunde noch, um an diesem Defizit zu arbeiten. Ungewiss ist aber, ob dabei noch einmal so eine große Chance wie am Donnerstagabend gegen Real kommt. „Gegen ein Team wie Real Madrid ist es sicher schwer, ein Spiel zu entscheiden“, sagte Luka Pavicevic. „Aber dies war ein Spiel, das man sich nehmen musste. Wir haben nicht zugegriffen.“

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