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Confed-Cup: Aufstand gegen die Kolonialherren

Die Südafrikaner fühlen sich beim Confed-Cup vom Weltverband Fifa bevormundet und gegängelt

Der Traum vom Finale starb erst in der 88. Minute. So lange hatten die südafrikanischen Fußballer am Donnerstagabend ihr Tor gegen die Brasilianer verteidigt, den Gegner immer wieder bedrängt – und ihre Fans davon überzeugt, dass ein Sieg möglich war. Noch unmittelbar vor dem Spiel hatten viele Südafrikaner ihrem Team kaum Chancen eingeräumt, aber mit dem mutigen Auftreten im Ellis-Park- Stadion schien der Einzug ins Finale des Confed-Cups plötzlich greifbar. Erst das späte Freistoß-Tor von Daniel Alves zum 1:0 für Brasilien zerstörte den Traum.

Die südafrikanischen Fans waren trotz der Niederlage guter Dinge. In den letzten Jahren hat ihr Team sie oft enttäuscht und die beherzte Vorstellung gegen Brasilien hat viele Fans mit ihrem Team versöhnt. Auch die Zeitungen des Landes lobten am Tag danach das Team, die Mannschaft von Trainer Joel Santana hätte das Land stolz gemacht. Ähnlich sieht es auch Thulani Sambo. Der 50-Jährige hat das Spiel vor dem Fernseher gesehen. „Wenn wir 2010 so spielen wie gegen Brasilien, dann werden wir einige Mannschaften gehörig überraschen“, sagte er. „Und wenn nicht, dann haben wir immer noch eine tolle WM in unserem Land.“

Denn das ist der andere, größere Traum der meisten Südafrikaner: Eine afrikanische Fußball-Weltmeisterschaft 2010, die der Welt das Land von seiner besten Seite zeigt. Aber viele Menschen im Kapstaat zweifeln daran, dass das auch der Traum der Fifa ist. Sie haben das Gefühl, dass der Fußball-Weltverband ein Turnier in Afrika will, aber kein afrikanisches Turnier. Spielen die beiden großen Klubs aus Soweto, Orlando Pirates und Kaiser Chiefs, gegeneinander, drängen sich bis zu 100 000 Zuschauer ins Stadion. Es ist laut, die Menschen tanzen und die vielen Vuvuzelas klingen wie ein Schwarm wütender Wespen. Die Karten für so ein Spiel kosten 20 Rand (weniger als 2 Euro), die Zuschauer bringen Essen und Trinken mit. Aber die Fifa-Weltmeisterschaft mit ihren Sponsoren und starren Regeln funktioniert anders. Das haben die Südafrikaner spätestens beim Eröffnungsspiel des Confed-Cups bemerkt.

Die südafrikanische Nationalhymne ist eine mutige Mischung aus zwei Melodien mit Strophen in (unter anderem) Zulu, Afrikaans und Englisch. Aber beim Eröffnungsspiel wurde die Hymne vor dem englischen Teil abgebrochen. Nach 90 Sekunden war Schluss – so sieht es das Reglement vor. Erboste Zuschauer riefen im Radio an und schimpften auf die Fifa.

Und es gibt andere Punkte, die viele Südafrikaner stören. In Südafrika ist es üblich, dass die Zuschauer ihre Verpflegung ins Stadion mitbringen. Beim Confed-Cup aber ist am Eingang Schluss. Vor dem Spiel Italien gegen Ägypten stand eine Menschentraube hinter der Reihe von Metalldetektoren. Ihre Taschen wurden nach Essen durchsucht, am Rand türmten sich Obst und andere Nahrungsmittel: „Aber das ist alles, was ich mitgebracht habe“, sagte ein älterer Mann, der seine Flasche Wasser und einen Apfel abgeben musste. Eine andere Frau erzählte später im Radio, sie sei mit den Kindern eines Waisenhauses zum Spiel gegangen und hätte das Essen, das sie dafür gekocht habe, abgeben müssen. „Geben Sie das Essen denn wenigstens den Armen?“, habe sie gefragt und der Wachmann habe geantwortet: „Nein, das werfen wir weg.“

Geschichten wie diese erregen die Gemüter. Das Symbol ist die Vuvuzela geworden, die armlange Tröte, mit der die Fußball-Fans im Stadion Stimmung machen. Seit ein niederländischer Journalist und einige Spieler ein Verbot der lärmenden Plastiktrompeten ins Spiel gebracht haben, kochen die Kommentarseiten der Zeitungen über vor Wut. „Vielleicht haben die Europäer noch nicht bemerkt, dass sie nicht mehr unsere Kolonialherren sind“, schreibt der „Business Day“. Und ein Kommentar in der Zeitung „Sowetan“ endet mit den Worten: „Lasst die Menschen spontan und überschäumend sein. Das Leben ist schwer genug. Lasst uns in Ruhe oder verschwindet.“ Die „Sun“, die auflagenstärkste Zeitung des Landes, verzierte sogar ihr Logo mit einer Vuvuzela und dem Spruch „Loudly South African“ (lautstark südafrikanisch), einer Abwandlung des Landesmottos, „Proudly South African“ (stolz südafrikanisch).

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