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Zwischen den Slowaken und Deutschland ging es hoch her.

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B-WM im Para-Eishockey: Deutsches Team muss den Traum vom Aufstieg wohl verschieben

Gegen die Slowakei verliert die deutsche Mannschaft 1:2 nach Verlängerung. Um doch noch Platz zwei zu erreichen, müssten gleich zwei Wunder her.

Von Benjamin Apitius

Es war der erste Moment im Spiel, in dem die Deutschen mal nicht hellwach waren. Der slowakische Para-Eishockeyspieler stieß sich auf seinem Schlitten mit den Enden der beiden Schläger noch einmal ein gutes Stück nach vorn, dann drehte er den rechten Schläger und zog blitzschnell ab. Der Puck rauschte in hohem Tempo am Fangarm des ansonsten bravourös haltenden deutschen Torhüters vorbei ins Netz. Es war mit der Schlusssirene des zweiten Drittels der Ausgleich zum 1:1. Es war der Hieb, von dem sich der Gastgeber im vorletzten Spiel bei der B-WM in der Eissporthalle Charlottenburg nicht mehr erholen sollte.

Am Ende feierten die Slowaken einen knappen, aber durchaus verdienten 2:1 (0:1, 1:0, 0:0)-Sieg nach Verlängerung und damit den wohl sicheren Aufstieg in die A-Gruppe. Auch Deutschland hatte sich diesen Traum mit einem Sieg über die Slowakei noch bis zum letzten Turniertag erhalten wollen – rein rechnerisch ist dieser sogar auch jetzt immer noch möglich. Dafür müssten an diesem Freitag aber gleich zwei Wunder her. Zum einen dürfte die Slowakei gegen Polen, eine der Schießbuden dieses Turniers, dann höchstens einen Punkt holen, und zum anderen müsste Deutschland sein Spiel gegen die übermächtigen Russen (Beginn 19 Uhr/Eissporthalle Charlotten, Eintritt frei) gewinnen. Daran mochten aber die wenigsten Zuschauer am Donnerstagabend glauben, als sie nach der Schlusssirene in die enttäuschten Gesichter der abgekämpften deutschen Spieler blickten.

Nun musste das Wettschießen beginnen. Tat es aber nicht

Dabei hatte der Abend aus Sicht des Gastgebers so vielversprechend begonnen. Die Begegnung mit der Slowakei war im Vorhinein als Endspiel ausgerufen worden, dass die deutsche Mannschaft gewinnen musste. Dann wäre es hinter dem bereits feststehenden Turniersieger aus Russland noch zwischen den drei Teams aus Deutschland, der Slowakei und China um den zweiten Platz gegangen, der zum ersehnten Aufstieg in A-Gruppe berechtigt. Die beste Tordifferenz hätte dabei wohl am Ende den Ausschlag gegeben.

Eine solche Drucksituation kann eine Mannschaft auch schon mal blockieren – nicht aber die deutsche im ersten Drittel. Die Spieler wirkten vom Trainerteam um Andreas Pokorny fantastisch eingestellt. Sie spielten zugleich selbstbewusst und aggressiv und ließen vor den etwa 400 Zuschauern keinen Zweifel aufkommen, wer das Eis als Sieger verlassen würde. Es dauerte dann bis zur sechsten Minute, ehe Bas Disveld zur hochverdienten Führung traf. Unter dem lautem Jubel von den Rängen und einigen Tröten stürzten sich die Spieler auf ihren Kapitän, so dass sein Schlitten umkippte und er unter ihnen begraben lag. Nun musste das Wettschießen um das beste Torverhältnis und damit Platz zwei beginnen. Tat es aber irgendwie nicht. Die deutschen Spieler beherrschten ihren Gegner, zu weiteren Treffern kamen sie aber nicht.

Die entäuschten Spieler der deutschen Mannschaft nach der Schlusssirene.
Die entäuschten Spieler der deutschen Mannschaft nach der Schlusssirene.

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Nach dem ersten Seitenwechsel agierten dann die Slowaken mit größerer Gegenwehr. In zwei aufeinanderfolgenden Überzahlphasen mit Zwei-Minuten-Strafen für die Deutschen erspielten sie sich ein Übergewicht und schnürten die Gastgeber in ihrer Hälfte ein. Simon Kunst im Tor der Deutschen musste ein ums andere Mal seine bestechende Form unter Beweis stellen. Das Spiel gewann zunehmend an Härte. Es war ein Wahnsinn, dass sich niemand ernsthaft verletzte, so laut knallten die Schlitten teilweise ineinander, so kompromisslos checkten sich die Spieler gegenseitig in die Bande. Die Zuschauer hatten ihren Freude. Dann der Schock. Mit der letzten Spielsekunde im zweiten Drittel traf Martin Joppa zum Ausgleich. Für einen kurzen Moment hatten die Deutschen nicht aufgepasst.

Die Ersatzspieler zählten die Sekunden hinunter. Der Rest war Jubel

Die wilde Entschlossenheit, die Genauigkeit – sie fehlte den Gastgebern dann im Schlussdrittel. Vielleicht war es die Erschöpfung, die sie nach dem hohen Anfangstempo so langsam übermannte, vielleicht war es das Gegentor, das die Drucksituation nun noch einmal verschärft hatte und sie nun womöglich doch etwas blockierte. Es war Torhüter Kunst, der mit einigen umwerfenden Reflexen seine Mannschaft im Spiel hielt. Dann klopften die Ersatzspieler auf der Bank der Slowaken mit ihren Schlägern gegen die Bande und zählten die letzten Sekunden der regulären Spielzeit hinunter. Fünf, vier, drei, zwei, eins. Der Rest war Jubel. Bereits zu diesem Zeitpunkt waren die Slowaken in der Situation, dass sie es mit einem Sieg im abschließenden Spiel gegen Polen selbst in der Hand hatten – und feierten mindestens diesen Umstand überschwänglich. Vielleicht insgeheim auch schon den Aufstieg.

In der Verlängerung spielte das Team aus der Slowakei dann wie befreit auf. Beziehungsweise ließen die Deutschen sie bereits nach 16 Sekunden ein letztes, spielentscheidendes Mal passieren. Milos Vcerek erzielte das Golden Goal. Großen Applaus gab es für beide Teams.

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