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Sport: Babylon in Hohenschönhausen

Warum der Eishockeyspieler Boris Blank bei den Eisbären seine Mitspieler und den Trainer nicht versteht

Berlin. Es ist noch nicht lange her, da rechneten nur wenige in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) mit dem EHC Eisbären. Im Gegenteil, kurz vor Saisonstart standen die Berliner für fehlenden Trainingsfleiß und Komik. Beim Trainingslager in London hatten einige Spieler mangelnde Fitness offenbart. Und wenige Tage vor dem ersten Spiel in der DEL gönnten sich die Eisbären noch einen Feiertag mit Grillabend und Gokart-Rennen. Doch der Ausflug auf die Rennbahn nach Schönerlinde bei Berlin endete für einen Freizeit-Rennfahrer wenig erfreulich: Boris Blank überschlug sich mit seinem Gokart und kugelte sich die Schulter aus.

Was eine kuriose Meldung war, war für den 22-Jährigen besonders bitter. Im Mai hatte der Stürmer bei der Weltmeisterschaft in Schweden noch aufgetrumpft und drei Tore für die Nationalmannschaft erzielt. Und dann pünktlich zum Saisonstart fünf Wochen Pause? Seit Freitag kann Boris Blank darüber lachen.

Eindrucksvoller als im Spiel gegen Hannver hätte sich der in Kasachstan geborene junge Mann mit dem kantigen Gesicht nicht zurückmelden können. Beim 6:2 der Eisbären gelangen Blank zwei Tore. Fast wären es noch mehr geworden im vierten Spiel nach der Pause. „Im letzten Drittel wurde es laut auf der Auswechselbank“, berichtet Eisbären-Trainer Pierre Pagé. „Die Spieler haben sich abgesprochen, gesagt, dass alles dafür getan werden müsse, dass Boris ein Hattrick gelingt.“ Ungewöhnlich sympathisch, findet Blank: „Im Normalfall schielt doch jeder auf sein eigenes Torkonto. Aber bei uns ist das dieses Jahr anders. Neid und Missgunst gibt es nicht." Dafür aber Probleme mit der Sprache. Blank ist des Englischen nämlich nicht mächtig. Ungünstig bei so vielen Nordamerikanern im Team.

Vielleicht hat er sich deshalb vergangene Saison in der Nationalmannschaft wohler gefühlt als bei den Eisbären, wo nur Englisch gesprochen wurde. „Bundestrainer Hans Zach hat mir Selbstvertrauen gegeben“, sagt Blank. „Er hat mehr für mich getan als jeder andere Trainer.“ Wohl auch, weil Blank der Typ Spieler ist, den Zach besonders mag. Geradlinig, fleißig, folgsam. „Nichts beflügelt den Menschen mehr als frisch gewonnenes Selbstvertrauen“, hat Zach damals in Schweden gesagt. „Den Boris kann ich auch ins Tor stellen. Wenn ich ihm sage, halte die Pucks, dann macht er das auch."

So weit ist es freilich nie gekommen. Boris Blank ist weiter für das Toreschießen verantwortlich. Immerhin, unter Zach hat er selbstkritischen Umgang gelernt. So etwa Ende April, nach dem begeisternden WM-Spiel der Deutschen gegen Tschechien in Jönköping, wo die Nationalmannschaft unglücklich knapp mit 5:7 unterlag. Für Blank war besagte Partie ein „traumatisches Erlebnis". Er war bei vier Gegentoren auf dem Eis. Das hat ihn gewurmt und beflügelt: Ein paar Tage später erzielte Blank in Karlstad gegen Lettland den Ausgleichstreffer und ebnete den Deutschen den Weg ins Viertelfinale der Weltmeisterschaft.

So weit sind die Eisbären noch nicht. Aber immerhin lässt sich nach 14 Spielen mühelos prognostizieren, dass die Play-offs in der DEL wohl mit Beteiligung des derzeitigen Tabellenführers aus Berlin stattfinden werden. Und hoffentlich auch mit Boris Blank, der im Moment nicht weiß, ob Zach ihn noch auf der Rechnung hat. „Ich bin noch nicht da angekommen, wo ich hin möchte“, sagt er. „Die zwei Tore gegen Hannover darf man nicht überbewerten.“

Derlei Bescheidenheit ist ganz nach dem Geschmack seines Trainers bei den Eisbären. Laut Boris Blank ist Pierre Pagé ein Mensch, der ihm ähnlich viel Selbstvertrauen gibt wie Bundestrainer Zach. „Wir reden viel und kompliziert“, sagt Blank. „Ein Kauderwelsch aus Deutsch und Englisch.“ Dabei soll es nicht bleiben, Blank belegt einen Englischkurs, und die Deutschkenntnisse von Pierre Pagé werden immer besser. Bleibt nur die Frage, wann es denn wieder mal auf die Gokart-Bahn geht? „Nie wieder“, sagt Blank und lacht.

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