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© dpa

Bayern München: Von Möbeln und Bandscheiben

Jan Schlaudraffs schwierige Anlaufzeit bei den Bayern: Nach Verletzungsproblemen freut er sich, dass er überhaupt wieder mitspielen darf.

Einmal, da ist er alleine auf den Torwart zugelaufen, „wenn er den macht, steht’s 2:0“, sagt Hermann Gerland. Er hat ihn nicht gemacht, Jan Schlaudraff hat den Torhüter angeschossen, nicht gerade elegant hat das ausgesehen. Am Ende hat die zweite Mannschaft des FC Bayern trotzdem gewonnen, 2:1, gegen den SC Pfullendorf. Für Jan Schlaudraff war dies der erste Einsatz von Anfang an im Trikot des FC Bayern: Am Freitagabend im Stadion an der Grünwalder Straße, vor exakt 201 Zuschauern, in der Regionalliga Süd. Er soll so „den Spielrhythmus finden“, wie Jan Schlaudraff sagt, „der fehlt mir ja noch“. Natürlich fehlt der: Jan Schlaudraff war monatelang verletzt, Bandscheibenvorfall. Und deshalb wäre es schon toll, wie der Nationalspieler findet, wenn er an diesem Sonntagabend beim Gastspiel der Bayern in Karlsruhe zumindest im Kader stehen würde.

Am Donnerstagabend war er immerhin schon mal im Kader, im Uefa-Cup-Spiel der Bayern gegen Belenenses Lissabon wurde er eingewechselt, sechs Minuten vor Schluss, er zeigte gleich ein paar gute Aktionen. „Es war ein schönes Gefühl“, hat er danach gesagt, und noch mal: „Es war ein schönes Gefühl.“ Er hat das dauernd gesagt, in jedes Mikrofon, das ihm hingehalten wurde. Am Freitagabend war es vermutlich nicht ganz so schön.

„Regionalligafußball ist anders als Bundesligafußball“, sagt Hermann Gerland, der Trainer des FC Bayern II, „da wird immer Druck auf den Ballführenden ausgeübt. In der Bundesliga hast du ein bisschen Zeit, und erst dann geht die Rakete ab.“ Es war ja schon öfter zu beobachten, dass genesene Profis, die bisweilen zur Eingewöhnung in der Regionalligamannschaft eingesetzt werden, sich schwertun mit den von verbissenen Zweikämpfen geprägten Drittligaspielen. Bei Jan Schlaudraff war das nicht anders.

Aber das macht ihm nichts, schließlich freut er sich, dass er überhaupt wieder mitspielen darf. „Die erste Zeit hier war sehr schwer für mich“, sagt er. Schon im Januar hatte er sich entschieden, von Alemannia Aachen zum FC Bayern zu wechseln, doch dann kamen die Schmerzen im Rücken, und sie wollten einfach nicht mehr aufhören. „Ich hätte in Aachen früher pausieren sollen“, sagt Schlaudraff. Er hat weitergespielt, und deshalb hat er die ersten zehn Wochen in München keine einzige Trainingseinheit mitmachen können. Hinzu kam, dass seine Vermieterin Versprechen nicht einhielt und er sich eine neue Wohnung suchen musste, und dann ging auch noch die Möbelfirma pleite, bei der er sein neues Inventar bestellt hatte. Erst vergangenen Mittwoch sind die Möbel nun eingetroffen, erzählt er.

Jetzt aber geht es aufwärts für Jan Schlaudraff, zumindest sieht es so aus: Möbel da, Wohnung fertig, Schmerzen weg. Und nun? „Ich hoffe, dass ich in den nächsten Wochen wieder das eine oder andere Mal zum Einsatz komme.“ In der Bundesliga natürlich, schließlich ist Jan Schlaudraff ja Nationalspieler. „Jogi Löw und Hansi Flick haben sich regelmäßig gemeldet, der Kontakt ist gut“, erzählt er, und ja, er habe die EM im Hinterkopf, aber die EM habe im Moment absolut keine Priorität. Erst will und muss er seine Position beim FC Bayern finden, „dann“, sagt er, „kommt alles andere von allein“. Und dann sieht es vielleicht auch wieder etwas eleganter aus, wenn er mal wieder alleine auf den Torwart zuläuft.

Michael Neudecker

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