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Die Füchse um Mijajlo Marsenic befinden sich in blendender Form.

© imago/Zink/IMAGO/Sportfoto Zink / Oliver Gold

Berliner Handballer sind Tabellenführer: Jeder schlägt jeden – nur die Füchse bilden die Ausnahme

Acht Spiele, acht Siege. Woher kommt die neue Stärke der Handballer von den Füchsen Berlin? Andy Schmid, fünffacher MVP der Bundesliga, hat ein paar Antworten.

Der Blick auf die Ergebnisse des letzten Spieltages der Handball-Bundesliga sorgte mancherorts doch für etwas Verwunderung. Da verliert Meister-Kandidat Flensburg in Stuttgart, da muss die bis dato ungeschlagene MT Melsungen beim Tabellenletzten Bergischer HC die erste Niederlage hinnehmen und da lässt der Pokalsieger aus Mannheim Punkte beim Aufsteiger in Eisenach liegen. Sinnbildlicher könnten die Resultate für die Ausgeglichenheit der Liga kaum sein, in der bekanntlich jeder jeden schlagen kann und das momentan anscheinend auch tut.

Einzig die Füchse stehen aktuell noch verlustfrei da und konnten mit acht Siegen in acht Spielen sogar einen neuen Startrekord des Vereins aufstellen – und das, obwohl der Kader nach den Verletzungen von Paul Drux und Fabian Wiede sowie dem Abgang von Spielmacher Jacob Holm nicht unwesentlich geschwächt wurde. „Die wissen jetzt, dass sie funktionieren müssen. Da gibt es keinen Plan B. Das kann ein Erfolgsfaktor sein“, erklärt der ehemalige Spielmacher der Rhein-Neckar-Löwen und fünffacher MVP der Bundesliga Andy Schmid den Erfolg. „Als wir Meister geworden sind, haben wir mit mehrheitlich acht Leuten durchgespielt.“

Allein die Wurfstatistik der Berliner unterstreicht die Aussagen des Schweizers. Egal ob Hans Lindberg auf Außen, Nils Lichtlein auf der Mitte oder Mijajlo Marsenic am Kreis: Sie alle weisen eine Quote über 75 Prozent auf. Gepaart mit einer Angriffseffektivität von knapp 72 Prozent ist das ein absoluter Topwert, sind es Zahlen, mit denen auch Schmid, der zweifelsohne einer der besten Spielmacher ist, den die HBL je gesehen hat, nur schwer mithalten konnte.

Der mittlerweile 40-Jährige, der jetzt beim HC Krienz-Luzern in seiner Heimat unter Vertrag steht, vermisst es derweil wenig, sich jede Woche in der Bundesliga „abzurackern“, wie er es ausdrückt. Insofern wiegelt er die Gerüchte, die vor einigen Wochen um seinen vermeintlichen Wechsel zu den Füchsen aufkamen, auch salopp ab. „Ich würde nie etwas ausschließen, aber das habe ich aktuell wirklich nicht auf dem Schirm“, erklärt Schmid. Mit Berlins Vorstand Sport Stefan Kretzschmar stehe er zwar seit Jahren regelmäßig in Kontakt und tauscht sich sportlich wie menschlich gerne mit ihm aus, bis zu Vertragsgesprächen reichte es dabei allerdings nicht, wie der Mittelmann betont.

Schmid hat gerade andere Prioritäten und dazu gehört nicht zuletzt der Schweizer Handball. Zum einen auf Vereinsebene, zum anderen mit der Nationalmannschaft, mit der er nicht nur bei der EM im Januar antritt, sondern bei der er im Sommer 2024 ebenso das Amt des Bundestrainers übernimmt. „Vor allem jetzt, wo der Körper nicht mehr so ganz das macht, was der Kopf will, bin ich schon mit einem Bein im Traineramt“, berichtet Schmid, der gerade erst aufgrund eines Achillessehnenanrisses vier Monate pausieren musste. Insofern passt sein neuer Job als Fernsehexperte bei Dyn perfekt ins Bild, da er dort nicht nur die Bundesliga weiter im Auge behalten kann, sondern darüber hinaus auch die zehn Eidgenossen, die fast alle in der Nationalmannschaft spielen, besser im Blick hat.

Doch auch die Mannheimer sind noch nicht ganz aus seinem Fokus verschwunden. Immerhin spielte er zwölf Jahre für die Badener. „Ich glaube, da fehlt es gerade etwas an Entscheidungsspielern“, urteilt Schmid, der seinen Ex-Verein im bevorstehenden Duell bei den Füchsen am Donnerstag (19 Uhr/Dyn) dennoch nicht abschreibt. „Ich glaube schon, dass sie eine Chance haben werden, weil sie nach der jüngsten Niederlage noch weniger Druck haben und noch freier aufspielen können.“

Mit dem Druck sei es ohnehin so eine Sache. Denn nach der vergangenen Saison, in der sich die Mannheimer trotz personeller Wechsel auf zentralen Positionen sportlich festigen konnten, sind die Erwartungen an das Team um Nationalspieler Juri Knorr deutlich gewachsen. In Berlin sieht es derweil etwas anders aus. Da sind die Ambitionen zwar weiter groß, durch die Verletzungssorgen lag die Messlatte zuletzt allerdings etwas tiefer. Auf der anderen Seite sorgten die jüngsten Ergebnisse – egal ob die eigenen oder ligaweit – zusätzlich für Aufschub.

„Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass man, wenn man da oben steht, noch konzentrierter und noch fokussierter in die Spiele reingeht. Irgendwann willst du die Null verteidigen“, erklärt Schmid. „Wenn die Berliner das Gefühl entwickeln, dass sie wirklich etwas Großes erreichen können, dann können sie wahrscheinlich noch ein paar Prozente drauflegen.“ In jedem Fall werden es die Füchse vermeiden wollen, für die nächste Überraschung in der Liga zu sorgen.

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