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Auf die Plätze, fertig, Startschuss. Vom heutigen Abend bis zum kommenden Dienstag ist das Velodrom wieder fest in den Händen der Radsportfans.

© picture-alliance/ dpa

Berliner Sechstagerennen: Der Heuboden pfeift zur Großen Jagd

Zum Start des Berliner Sechstagerennens im Velodrom an der Landsberger Allee lohnt es, so manch eigentümlichen Begriff einmal genauer zu erklären.

Heute beginnt im Velodrom an der Landsberger Allee die 101. Auflage des Berliner Sechstagerennens. Damit Sie in den kommenden Tagen in Sachen Radsport mitreden können, haben wir einige Begriffe zusammengetragen, die untrennbar mit der traditionsreichen Veranstaltung verbunden sind.

Heuboden

Der Begriff stammt aus der Anfangszeit der Sixdays. Damals wurde das Rennen noch im Sportpalast an der Potsdamer Straße ausgetragen. Die billigen Stehplätze im oberen Hallenrund wurden vom Volksmund als „Heuboden“ bezeichnet. Dort versammelten sich Arbeiter, Gaukler und Taugenichtse. Kurz: All jene, die Stimmung machten. Auf dem Heuboden ging es meist hitzig zu, es wurde gegrölt, getrunken und manchmal sogar gerauft. Letzteres gehört im Velodrom zwar nicht mehr zum Regelfall, die gute Stimmung kommt aber nach wie vor von den Stehplätzen ganz oben.

Sportpalast-Walzer

Im Gegensatz zum Heuboden hat es der Sportpalast-Walzer auch in die Neuzeit, sprich ins Velodrom geschafft. Hier handelt es sich um eine besonders „pfiffige“ Interpretation von Translateurs „Wiener Praterleben“. Wenn die Melodie zwischen den Rennen eingespielt wird, pfeift das Berliner Publikum lautstark viermal in schneller Folge nach den ersten zwei Takten der Walzsequenz. Und jetzt alle zusammen!

Krücke

Reinhold, genannt Krücke, Habisch ist der Erfinder des Sportpalast-Walzers. Im Alter von 16 Jahren verlor der gebürtige Berliner bei einem Unfall ein Bein und musste fortan eine Prothese tragen. Die erhoffte Karriere als Radfahrer blieb ihm so verwehrt, doch Habisch machte auf andere Weise von sich reden. Auf zwei Fingern pfeifend, wurde er bald zum Gesicht des Sechstagerennen und auch außerhalb von Berlin berühmt. Seine Intention des „Wiener Praterlebens“, stieg zur Hymne der Sixdays auf und so wurde Habisch später von anderen Veranstaltern eingeladen, um bei den Sechstagerennen von Dortmund oder Rotterdam für Stimmung zu sorgen.

Sieger der Herzen, Große Jagd, Bierpolizei

Sieger der Herzen

Lange bevor die Fußballer von Schalke 04 nach einer auf dramatische Weise verpassten Meisterschaft mit diesem Titel bedacht wurden, hatte Berlin schon seinen tragischen Radsport-Helden. Otto Ziege, Jahrgang 1926, gehörte zu den besten Fahrern im Deutschland der Nachkriegszeit. 1949 gewann er die Deutsche Straßenmeisterschaft und ging in der Folge stets als einer der Favoriten ins Sechstagerennen. Das Publikum trieb den gebürtigen Berliner jedes Mal euphorisch nach vorne, doch den Gesamtsieg verpasste er meist recht knapp. Nach seiner aktiven Karriere fungierte Ziege für viele Jahre als sportlicher Leiter hinter den Kulissen.

Große Jagd

Zwei Fahrer, die ein Team bilden, versuchen in 45 Minuten so viele Runden wie möglich herauszufahren. Die Siegermannschaft bekommt am Ende fünf Punkte, die Zweitplatzierte drei, die Dritte zwei und die Vierte einen Punkt. International wird diese Disziplin auch als „Madison“ bezeichnet, benannt nach dem Madison Square Garden in New York, wo ein Rennen dieser Art erstmalig ausgetragen wurde.

Steherrennen

Wenn es knattert und brummt, ist es Zeit für die „Steher“. So werden Fahrer genannt, die im Windschatten von Leichtmotorrädern versuchen, Bestzeiten zu erreichen. Jeder Fahrer hat einen Tempomacher vor sich, dem er zu folgen versucht. Aber Vorsicht! Wer nicht unbedingt ein Freund von Abgasgeruch ist, sollte sich während des Steherrennens lieber die Nase zuhalten oder am besten nach draußen begeben.

Bierpolizei

Man nehme einige junge Frauen, stecke sie in ein knappes, polizeidress-ähnliches Kostüm, hänge ihnen Alkoholmessgeräte um und schon kann die Bierpolizei auf Streife gehen. Die meist im Duo auftretende Einsatztruppe schreitet auf Initiative des Hauptsponsors, einer Berliner Brauerei, durch die Halle. So können die Besucher zwischendurch ihren Alkoholpegel testen und dann entscheiden, ob sie noch einmal zur Bar gehen oder doch lieber nach Hause. Konsequenzen bei allzu hohen Werten haben die Betroffenen aber nicht zu befürchten. Von der Einrichtung einer Ausnüchterungszelle sehen die Veranstalter bisher ab. Noch.

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