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Sport: Ohne Substanz

Deutschlands Handballer verlieren 22:27 gegen Frankreich und treffen nun im Viertelfinale auf Spanien

Sie hatten 45 Minuten auf einem extrem hohem Niveau mitgehalten gegen die beste Abwehrformation der Welt. Es war ein verbissenes und intensives Handballspiel gewesen, eine Abwehrschlacht. Aber am Ende unterlagen die deutschen Handballer im letzten Gruppenspiel des olympischen Turniers doch verblüffend deutlich mit 22:27 (12:11) gegen Frankreich, das damit souverän Gruppensieger wurde.

Am meisten ärgerte Klaus-Dieter Petersen, den Abwehrspezialisten vom THW Kiel, nicht die Niederlage, sondern ihr Zustandekommen. Denn in der Schlussviertelstunde hatte der Gegner die deutsche Deckung „mit einem einzigen Spielzug auseinander genommen“, wie der 334-malige Nationalspieler beklagte. „Außerdem haben wir zuletzt nicht mehr körperlich dagegengehalten.“ Stefan Kretzschmar vom SC Magdeburg, der erst in der letzten Viertelstunde für Torsten Jansen gekommen war, hingegen nahm die Niederlage äußerlich gelassen: „Wir sind im Viertelfinale, nur das zählt“, sagte der Linksaußen.

Das hatte allerdings schon vor dem Spiel festgestanden. Nur der Gegner war noch unklar. Seit gestern steht er fest: Der Gruppendritte Deutschland trifft am Dienstag auf Spanien. Das weckt unangenehme Erinnerungen an das Aufeinandertreffen vor vier Jahren in Sydney. Damals hatte Kretzschmar den entscheidenden Wurf gegen die Latte gesetzt, im Gegenzug schoss Spanien den Siegtreffer zum 27:26. Die Erinnerung daran ist noch überaus präsent. „Mit denen haben wir noch eine Rechnung offen“, sagte Kreisläufer Christian Schwarzer. Auch Stefan Kretzschmar will den Fehlwurf wiedergutmachen, der ihn die vergangenen vier Jahre in jedem Traum eingeholt hat. „Das haben wir uns doch alle gewünscht, oder?“

Frankreich und Europameister Deutschland, die neben Weltmeister Kroatien zum engsten Favoritenkreis auf den Olympiasieg zählen, hatten von Beginn großartigen Tempo-Handball für die 6500 Zuschauer im Sportpavillon des Athener Faliro-Komplexes geboten. Nichts war davon zu spüren, dass beide Teams schon für das Viertelfinale qualifiziert waren. Wie schon bei den vergangenen Aufeinandertreffen entwickelte sich ein körperbetontes Spiel. Bei der EM im Januar (29:29) und im WM-Halbfinale von 2003 (23:22 für Deutschland) war es ähnlich intensiv zugegangen. Gestern erwischten die Franzosen den besseren Start, nach starken Anfangsminuten in der Abwehr führten sie 6:3. Gegen den vorgezogenen Bertrand Gille fand der deutsche Rückraum dagegen zunächst kaum Lösungen. Doch mit der Zeit stellte sich der deutsche Mittelblock in Person von Volker Zerbe und Petersen besser auf den Rückraumschützen Fernandez ein, wie Zerbes starker Block gegen den sprungstarken Halblinken zeigte.

Der Mann vom TBV Lemgo war es auch, der seine Mannschaft mit einem seiner vier erfolgreichen Sprungwürfe mit 8:7 in Führung brachte. Rechtsaußen Florian Kehrmann baute diese mit einem Tempogegenstoß zum 11:9 aus, aber die engagierten Franzosen verloren nie den Anschluss. Zur Halbzeit führte Deutschland mit 12:11, aber ab Mitte der zweiten Halbzeit „gab die größere Substanz der Franzosen den Ausschlag“, wie Bundestrainer Heiner Brand bemerkte. Die Franzosen profitierten nun davon, zwei annähernd gleichwertige Rückraumreihen einsetzen zu können – während sich bei den Deutschen der Ausfall des Halblinken Pascal Hens bemerkbar machte. Später verletzte sich auch Spielmacher Daniel Stephan leicht. Spätestens mit dem 20:25 sechs Minuten vor Schluss durch Fernandez war das Spiel entschieden.

„Diese Niederlage wirft uns nicht um“, sagte Brand nach dem Spiel. Doch zwei Niederlagen in Folge hat es für die deutsche Mannschaft letztmals vor vier Jahren bei einem großen Turnier gegeben: bei Olympia in Sydney. Das Ende ist bekannt.

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