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Unter Freunden. Timo Boll setzte sich gegen Dimitrij Owtscharow durch.

© AFP

Tischtennis-WM: Boll setzt sich gegen Owtscharow durch

Timo Boll steht im Viertelfinale der Tischtennis-WM. Das Match gegen Dimitrij Owtscharow war kein Spiel wie jedes andere, einzig das Ergebnis war das erwartete.

Um etwas über das chinesische Tischtennis zu erfahren, hat Timo Boll nur gegen einen Freund spielen müssen. „Jetzt weiß ich, wie die Chinesen sich fühlen“, sagte Boll nach dem Achtelfinale der Weltmeisterschaft in Rotterdam. Für die Chinesen ist es schließlich ganz gewöhnlich, gegen Mannschaftskollegen und Freunde zu spielen, bei großen Turnieren sind sie am Ende oft unter sich. Doch für Boll war es eine neue Erfahrung, dass ihm bei einer WM auf einmal an der Platte jemand gegenübersteht, der regelmäßig bei ihm zu Hause im Odenwald im Keller übernachtet, Dimitrij Owtscharow. Es wurde daher auch kein Spiel wie jedes andere, einzig das Ergebnis war das erwartete: Boll gewann.

Beide hatten sich für dieses Spiel vorgenommen, ihre Gefühle nur in Kleinstmengen zu zeigen. Auch nach großartigen Ballwechseln hielten sich beide zurück wie Lukas Podolski nach einem Tor gegen Polen. Gerade Owtscharow kann sich manchmal in Spiele durch Jubelschreie hineinsteigern. Doch in den ersten Sätzen war kein Ton von ihm zu hören. Außenseiter Owtscharow, derzeit auf Platz 15 der Weltrangliste, führte im ersten Satz 5:1 und verlor doch 7:11. Auch der zweite Satz glitt ihm unter den Fingern weg, 6:11 ging er an den Weltranglistenzweiten Boll. „Wenn man gegen einen Freund spielt, muss man nicht rumbrüllen und ihm die Faust ins Gesicht zeigen“, sagte Owtscharow. Beide bereiten sich seit einigen Jahren gemeinsam auf große Meisterschaften vor. „Das ist schon ein Ritual“, sagte Boll, „Dima kommt dann zu uns nach Hause, meine Frau bekocht uns und wir machen ein bisschen Wellnessprogramm mit Sauna.“

Das gemeinsame Einspielen in der Aufwärmhalle entfiel jedoch vor diesem Achtelfinale. „Wir haben ausnahmsweise andere Einspielpartner gehabt, aber an zwei benachbarten Tischen gespielt, das war schon etwas komisch“, erzählte Boll. Er sah nach knapp drei Sätzen schon wie der sichere Sieger aus, vergab dann einen Satzball, verlor den dritten Satz und ließ im vierten bei 10:7 gleich drei Satzbälle hintereinander aus – Satzausgleich 2:2.

Wie würde Boll nun reagieren? Er soll in Rotterdam nach vielen erfolglosen Versuchen endlich seine erste Einzelmedaille bei einer WM gewinnen. Die Auslosung hat es gut mit ihm gemeint, seine Form stimmt, die Chance scheint also groß wie nie. In der Satzpause haderte Boll offenbar nur kurz, ehe das in ihm durchkam, was ihn beim Tischtennis so stark macht: die innere Ruhe. Den fünften Satz gewann er 11:0. „Ich hatte mir noch mal meine Leitsätze aufgesagt, weiter zu kämpfen, ruhig zu bleiben, mein Bestes zu geben“, sagte Boll. Seine einfachen Botschaften zeigten jedenfalls eine verblüffende Wirkung. Im sechsten Satz gewann Boll noch einmal knapp 11:8.

Mit einem Spiel gegen einen Freund hatte Timo Boll vor dem Turnier nicht gerechnet, dafür tritt jetzt im Viertelfinale der Normalfall ein. Er muss an diesem Samstag gegen einen Chinesen spielen. Chen Qi heißt sein Gegner. Boll ist der einzige Europäer in diesem Viertelfinale und mit dem Japaner Jun Mizutani der einzige Nicht-Chinese. Mit dieser Situation ist Timo Boll bestens vertraut.

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