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Borowski

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Borowksi: Geschmeidig gescheitert

Tim Borowski kehrt heute mit Bremen zu den Bayern zurück, wo er erfolglos war. Er sieht das allerdings anders

Mit der ihm eigenen Gelassenheit sprach Thomas Schaaf diesen Satz: „Es kann nicht schaden zu sagen, Leute, ihr habt das schon mal richtig gut gemacht.“ Woran der Fußballlehrer von Werder Bremen erinnern wollte, war klar. Den 20. September vergangenen Jahres. Die Schaaf-Mannschaft, später als allzu launische Liga-Diva enttarnt, zeigte vergangene Saison ihr schönstes Gesicht ausgerechnet im Klassiker beim FC Bayern. Siegte 5:2, triumphierte ausgerechnet beim von Jürgen Klinsmann übernommenen Ensemble. Tim Borowski verspürte an diesem Tag alles andere als Oktoberfeststimmung – erstmals stand der gebürtige Neubrandenburger, der Teile seiner Jugend im Werder-Internat und bis dahin die ganze Profizeit in Bremen zugebracht hatte, auf der anderen Seite. Und obwohl er für seinen neuen Arbeitgeber beide Tore schoss (beim Stande von 0:5 übrigens), sagt er: „Das war leider nur Beiwerk. Sollte ich darüber jubeln, nachdem wir von Werder streckenweise vorgeführt worden waren? Außerdem verbietet es der Ehrenkodex, sich über Tore gegen den Ex-Verein ausgiebig zu freuen.“

Deshalb verspricht er auch, heute nicht übermäßig zu jubilieren – sollte es mit einem Treffer in alter und neuer grün-weißer Kluft klappen. Für Borowski wäre es zweifelsohne eine Genugtuung – auch wenn er beteuert, ihn würden keine negativen Gefühle bei der Dienstreise gen München begleiten. „Alles lief relativ geschmeidig, ich habe mit niemandem dort Probleme.“ Das mag ja sein, doch in München weint ihm kaum einer eine Träne nach. Borowski trägt – genau wie zuvor Torsten Frings oder Andreas Herzog – den Stempel des Gescheiterten. Nur er selbst sieht das anders, zumal sein Hang zur Selbstkritik seit der WM 2006 nicht mehr besonders ausgeprägt ist – wie selbst Werder-Angestellte hinter vorgehaltener Hand monieren.

„Ich bin nicht gescheitert“, sagt er, „nicht bei dem Stand, den ich in der Bayern-Mannschaft hatte, nicht bei den Einsätzen.“ Nach seinem Dafürhalten hätte er an der Isar mehr Chancen verdient gehabt – so absolvierte er zwar 26 Bundesligaspiele (dazu zwei im DFB-Pokal, sieben in der Champions League), doch nur sechs von Beginn an. Auch seine sieben Pflichtspieltore änderten nichts an dem Urteil, das drei Trainer (Jürgen Klinsmann, Jupp Heynckes und Louis van Gaal) unabhängig voneinander fällten. Als einem der Ersten wurde ihm mitgeteilt, dass er gehen könne.

Gut, dass die Bremer ihn zurückhaben wollten: Der 29-Jährige, in Bremen mit einem feinen, wenn auch nicht ganz so opulenten Dreijahresvertrag wie bei Bayern ausgestattet, ist wieder bei dem Verein seiner Liebe („Im Fußball darf man das so nicht sagen, aber eigentlich ist es so“). Mögen ihn Schaaf („Er kennt alle Strukturen“) und Geschäftsführer Klaus Allofs („Wir haben mit ‚Boro’ schon einige Erfolge gefeiert“) aus rückwärts gewandter Verbundenheit als Bereicherung betrachten, Teile des Umfelds sind skeptisch. Sein bisweilen lässig wirkendes Auftreten, sein mitunter nerviges Gehabe bieten ebenso Angriffsfläche wie seine Premieren-Darbietung. Eklatant beim 2:3 gegen Frankfurt seine Fehler in der Rückwärtsbewegung und im Zweikampf, die mit der plötzlichen Umschulung vom offensiven zum defensiven Mittelfeldspieler zu tun haben könnten.

Der Beweis steht noch aus, dass es genügt, Borowski die Nummer sechs vom zurückgetretenen Kapitän Frank Baumann auf den Rücken zu packen und zu glauben, ein langjähriger Mann für die Mittelfeldraute mutiere mit Frings zur stabilen Doppel-Sechs. Der 29-Jährige spürt die Vorbehalte und sagt: „Die Systemfrage wird viel zu hoch gehängt.“ Überhaupt seien vorschnelle Urteile nicht angebracht: „Ich habe das Gefühl, dass schon jetzt alles von außen infrage gestellt wird. Es herrscht ein anderes Klima in Bremen.“ Vielleicht sind auch nur die Ansprüche an einen gestiegen, der zwar 33 Länderspiele bestritten hat, aber für die Nationalmannschaft wohl keine Rolle mehr spielt.

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