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© dpa

Bruno Labbadia: Des Trainers Eitelkeit

Bruno Labbadia gibt ungern Fehler zu, in Hamburg kommt deshalb eine Diskussion um Boateng auf.

Bruno Labbadias Kurzversion zur Szene des Spiels hätte aus einem Satz bestehen können. Zum Beispiel: „Wir hätten Jerome Boateng nach seiner Verletzung auswechseln sollen.“ Labbadia hätte sich so vor seinen Spieler und die medizinische Abteilung gestellt und die ausufernden Diskussionen um den jungen Nationalspieler nach dem 2:3 des HSV gegen Borussia Mönchengladbach erstickt. Das wäre souverän gewesen. Doch Labbadia wollte sich wieder einmal wortreich erklären – aber auf keinen Fall einen eigenen Fehler eingestehen. Das ist seine Form von Eitelkeit. So gliederte er seinen Vortrag auf die Frage, ob er den nach einem Foul in der 52. Minute angeschlagenen Innenverteidiger nicht früher als erst sieben Minuten vor Schluss hätte aus dem Spiel nehmen sollen, in drei Teile. „A“, sagte der Trainer, „hatten wir keinen Abwehrspieler mehr auf der Bank. B: Der Spieler muss anzeigen, ob es geht oder nicht geht. Und C: Der Doktor muss sagen, was los ist. Ich habe ja ein paar Mal nachgefragt.“ Es waren also einige schuld daran, dass der HSV auch deswegen zum ersten Mal in dieser Bundesliga-Saison verlor, weil Boateng nach Bobadillas Tritt auf seine Ferse in keinen Zweikampf mehr kam und die ganze Defensive ins Rutschen brachte: der ausgedünnte Kader, der ehrgeizige Spieler, der stumme Mannschaftsarzt. Nicht aber Labbadia selbst.

Boateng war lange an der Seitenlinie behandelt worden, hatte ein Schmerzmittel bekommen und sich dann entschieden weiterzuspielen. „Ich habe daran gedacht, dass wir keine Abwehrspieler auf der Bank haben. Deshalb wollte ich auf die Zähne beißen“, sagte er. Boateng hatte einige Mal zur Bank geschaut, er schien selbst unsicher, was das Richtige sein könnte. „Ich wusste nicht genau, was der Trainer vorhat. Ich habe gesehen, dass Jansen reinkommen sollte, wusste aber nicht, ob ich dafür raus sollte.“ Das war in der 76. Minute; Boateng musste noch bis zur 83. durchhalten – und konnte weder den Gladbacher Ausgleich durch Dante in der 76. noch den Siegtreffer durch Friend in der 82. Minute verhindern.

Niemand weiß, ob der HSV mit einer Abwehr-Rochade das Unheil hätte abwenden können. Boateng raus, Demel in die Mitte – und wer nach rechts? Labbadia wollte Tomas Rincon nicht als Rechtsverteidiger einsetzen. Dass eine Dreierabwehrkette gegen nun auch nicht furchtbar offensive Gladbacher die Lösung hätte sein können, deutete Labbadia später wenigstens an.

In jedem Falle war der Substanzverlust beim verletzungsgeschwächten HSV deutlich sichtbar. Allroundlösungen für die Defensive wie Alex Silva und Collin Benjamin sind noch lange verletzt, fehlende Spieler mit internationaler Klasse wie Paolo Guerrero und Mladen Petric können von Marcus Berg und Jonathan Pitroipa nicht ersetzt werden. Die Hamburger wollten die Niederlage daher nicht zu wichtig nehmen. „Wir haben völlig überflüssigerweise drei Punkte abgegeben“, sagte Vorstand Bernd Hoffmann, „aber man hat immer zwei bis drei solcher dummen Spiele in der Saison.“

Die Gladbacher empfanden den ersten Sieg seit vielen Wochen als Genugtuung. Allen voran Trainer Michael Frontzeck, weil eine Hamburger Zeitung die Gladbacher in einem Vorbericht als graue Maus bezeichnet hatte. „Wer fünfmal Deutscher Meister ist“, hob er an, „wer international für Furore gesorgt hat, der ist keine graue Maus. Das war respektlos. Beim HSV sind die großen Titel ja auch schon etwas her, oder?“

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