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Sport: Bum bum Bochum

Der VfL mischt die reiche Konkurrenz auf und übt sich weiterhin in Bescheidenheit

Leverkusen. Eine seltsame Akustik ist das: Wenn ein Stadion eigentlich leer ist und in einem einzigen Block plötzlich lauter Jubel losbricht. So geschehen am Samstag in Leverkusen, als die rund 2000 Fans aus Bochum ihre Helden feierten, als diese rund 15 Minuten nach dem famosen 3:1-Auswärtssieg die Bayarena zum Auslaufen betraten. Derweil stand Trainer Peter Neururer umringt von Journalisten in den Katakomben des Stadions und linste mit einem Auge auf den Fernseher. Dort lief das Spiel Kaiserslautern gegen Stuttgart, Kaiserslautern führte 1:0. „Dabei ist es geblieben“, flüsterte jemand Neururer zu. „Oh“, sagte der Bochumer Coach mit einem breiten Grinsen, „dann sind es ja zu denen auch nur drei Punkte“. Er sagte nicht: zu einem Champions-League-Platz. Neururer gilt zwar als einer der Lautsprecher der Liga. Aber so weit wollte er dann nicht gehen. Noch nicht.

Dabei hat seine Mannschaft Qualitäten gezeigt, die womöglich gereicht hätten für die gehobene europäische Klasse. Zumindest die dazu nötige Kaltschnäuzigkeit braucht Neururer seinen Spielern nicht mehr anzutrainieren. „Wir haben vorher darüber geredet“, sagte Rein van Duijnhoven, Bochums erneut starker Torhüter. „Wir fahren dahin, holen drei Punkte und gehen wieder nach Hause.“ Von einer Sensation wollte er nicht sprechen, schließlich hätten sie die letzten Spiele gegen Leverkusen auch gewonnen. „Warum jetzt nicht?“, fragte van Duijnhoven, der wieder mit einer Stahlschiene um seinen lädierten Finger spielte.

Neururer sprach danach von einem „Pflichtsieg“, was für seinen Kollegen Klaus Augenthaler ein wenig höhnisch wirken musste. Der Bochumer Trainer begründete das mit einem abstrusen Rechenexempel: Sein Team hätte gewinnen müssen, damit die 26 erzielten Punkte in der Vorrunde auch in der Rückrunde möglichst schnell erreicht werden können. Da er in den ersten vier Spielen nach der Winterpause bereits zehn Punkte verbuchen konnte, dürfte Neururer das mit dem Rechnen bald lassen. Zum Thema Uefa-Pokal äußert er sich bemerkenswert bescheiden: „Wenn wir die 52 Punkte haben und dann noch einige Spiele offen haben, können wir uns darüber vielleicht Gedanken machen.“

Sollte diese Mannschaft in dem gleichen Stil weiterspielen wie in den letzten Wochen, ist sogar ein Angriff auf höhere Ziele möglich. Ganz cool und abgezockt brachte Bochum den Vorsprung nach Hause, „wir haben das ganz professionell ausgespielt“, sagte van Duijnhoven. Verblüffend dabei war, wie die Mannschaft die taktische Order umzusetzen vermochte: Auch gegen Leverkusen traf sie zweimal aus Standardsituationen, der Konter zum 3:1 war ein furioses Finale. Sensationell dabei war die mit dem Außenrist in den Strafraum gezirkelte Vorlage von Dariusz Wosz, der aber nicht nur für spielerische Finessen sorgte, sondern in erster Linie durch seinen Kampfgeist wie kein anderer die Bochumer Stärken personifizierte. „Es gibt keinen Neid, das zeichnet uns aus“, erklärte Paul Freier. Auch dann nicht, wenn eben dieser Freier angeblich schon in Leverkusen unterschrieben hat. Ein bisschen klingt das nach der Fabel von den elf Freunden. Aber es passt zu dem Märchen, das der VfL Bochum gerade zu schreiben scheint.

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